12 | Malibu

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Ein Kuss ist ein liebenswerter Trick der Natur, ein Gespräch zu unterbrechen, wenn Worte überflüssig werden.

Ingrid Bergmann

***

Arya

Ich traute mich nicht zu sprechen. Das Gefühl der Schuldgefühle verbreitete sich in mir. Warum aber? Eigentlich hatte ich keinen Grund dazu, mich von meinen Schuldgefühlen plagen zu lassen. Ümit's Reaktion hatte mich sehr durcheinander gebracht.

»Warum Yasin?«, Ümit klang aggressiv und vorwurfsvoll.

Ich merkte wie er plötzlich mehr auf das Gas drückte. Wir fuhren auf der Autobahn. Heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit fuhr Yasin nicht auf der Autobahn, sondern am Meer. Also bedeutete das, dass Ümit woanders hinfuhr. Nahm ich jedenfalls so an.

»Er hat mich nur zur Arbeit gefahren.«, ich wusste nicht, warum meine Stimme so leise und hilflos rüberkam. Ümit's momentane Art schüchterte mich ein.

»Falls du einen Fahrer brauchst, dann rufst du gefälligst mich an und nicht ihn!«

Während er diesen Satz aussprach, schlug er mit seiner linken Handinnenfläche zwei Mal auf das Lenkrad. Sofort drehte sich mein Kopf in seine Richtung. Er dachte, ich hätte Yasin darum gebeten? Zudem hatte ich nicht mal seine Nummer, wie hätte ich ihn anrufen sollen?

»Das war mein Onkel.«, konterte ich sofort. Plötzlich war meine Stimme wieder laut. Gut so, Arya.

»Interessiert mich nicht, ob dein Onkel oder dein Vater ihn anruf—«, sofort stockte er in seinem Satz. Hatte er gerade ernsthaft meinen verstorbenen Vater in die Situation gebracht? »Arya...«, ruckartig hörte man die Reue in seiner Stimme. Er sprach leise.

»Ist okay, Ümit.«, ich versuchte stark zu klingen und meine Tränen zu unterdrücken. Das hätte von ihm nun wirklich nicht sein müssen. Nicht jetzt, Arya. Weinen darfst du heute Abend. Danke innere Stimme, dass du mir auch nur einmal zustimmst.

»Arya...«, fing Ümit wieder an, jedoch fehlten ihm wahrscheinlich die Wörter, da er nicht weitersprach. Diese ganze Situation war überflüssig. Ümit reagierte deutlich über.

»Was ist dein Problem?«, ich versuchte ernst zu klingen um eine vernünftige und zufrieden stellende Antwort von ihm zu bekommen.

»Yasin ist mein Problem.«

»Und was habe ich mit dem Problem zu tun?«

»Wurdest du schon einmal belogen?«, fragte mich Ümit überraschend. Damit hatte ich nicht gerechnet. Was hatte diese Frage mit der Situation zu tun?

»Wahrscheinlich.«, ich klang äußerst verwirrt. Wie denn auch nicht.

»Betrogen?«, nun sah er mir in die Augen. Warum sah er so verwundert aus?

»Ich hatte noch nie die Chance dazu.«

»Okay.«, gab er fraglich von sich. Jetzt hatte er eine ruhige Art auf sich. Plötzlich lachte er. Mein Kopf drehte sich sofort wieder zu ihm. Sein Lachen wurde immer lauter und mein Blick verwirrter. Was war daran so witzig? Ich spürte wie das Auto langsam abgebremst wurde. Ümit fuhr an den Seitenrand um anzuhalten. Er brachte das Auto in den Leerlauf und hielt mit seinen zwei Händen das obere Lenkrad.

»Ümit?«, ich griff langsam an seine Schulter. Sofort zog ich meine Hand wieder weg, als ich merkte, dass er plötzlich lauter lachte. Diese momentane Situation verunsicherte mich. Ich merkte, dass ich ihn zuvor nie so hysterisch lachen gehört hatte. Das war irgendwie gruselig und eigenartig.

Eine gemeinsame SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt