21 | Valeria

1.1K 119 32
                                    

Wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist.

Sir Arthur Conan Doyle

***

Ümit

Hoffnungen machten sich in Arya's Augen bereit. Wahrscheinlich dachte sie gerade, dass Camila noch am leben war und ich wahrscheinlich in engem Kontakt zu ihr stehe. Als ich jedoch ihren Blick nicht erwiderte, sah sie mich zuerst verwirrt und daraufhin traurig an.

»Du hattest zuerst Waisenkind und danach... Halbwaisenkind gesagt.«, stellte sie fest. Um diesen Satz ging es mir. »D—das hatte ich vergessen. Tut mir leid.«, sie sah auf den Rasen.

»Nach dieser langen Geschichte hätte ich es nicht anders erwarten können, Arya.«, ich wollte ihr Gewissen beruhigen. Es gab keinen Grund, dass sie Schuldgefühle hatte. Langsam hob ich mit meinem Zeigefinger an ihrem Kinn ihren Kopf hoch, damit sie mir in die Augen sah.

»Wie hast du sie gefunden?«

»Nachdem ich das Grab meiner Oma besucht hatte, wurde mir einiges klarer in meinem Kopf. Ich wollte der Sache wirklich auf die Spur gehen und meine Fragen beantwortet bekommen. Als sich die Situation zwischen mir und meinen Eltern halbwegs gelegt hatte, habe ich sie darauf angesprochen Camila finden zu wollen.«

»Und wie haben deine Eltern reagiert?«

»Sie waren überfordert. Damit hatten sie gar nicht gerechnet. Ich hatte von ihnen die Adresse des Jugendamtes verlangt, wo sie sich damals als Adoptiveltern beworben hatten. Um meine Aggressionen nicht allzu zu reizen, gab mir meine Mutter einfach alle Unterlagen, die sie von dieser Zeit noch besaß. Auf den Briefen stand ein Ansprechpartner, jedoch war die Nummer zu alt. Das ganze System hatte sich anscheinend geändert. Somit hatte ich mich dazu beschlossen persönlich zum Jugendamt hinzufahren.«

Die komplette Geschichte zu erzählen machte mich müde. Innerlich versprach ich mir nie wieder darüber zu reden. Das war das letzte Mal. Endgültig.

»Niemand wollte mir dort helfen. Die Mitarbeiter meinten, dass es aus Datenschutzgründen nicht möglich wäre. Ich habe allerdings nicht eingesehen, dass ich nichts über meine leibliche Mutter erfahren durfte. Bei so einer Situation gibt es keinen Datenschutz zu berücksichtigen. Ich habe so lange nachgehakt, bis ich zu der Geschäftsleitung geschickt wurde. Das einzige was ich wollte war ihre Adresse. Mehr auch nicht.«

Zwischen durch waren natürlich mehr Sachen passiert, jedoch waren diese Momente überflüssig. Der Punkt dieser Geschichte war nicht meine Sinneswandlung. Außerdem war ich nicht mehr so vorlaut und aggressiv. Ich hatte gelernt meine Aggressionen unter Kontrolle zu halten.

»Hast du ihre Adresse bekommen?«

»Nein. Sie haben mir nur das Dorf genannt wo sie derzeit lebte.«

»Hat dir diese Information gereicht?«

»Ja. Ich habe mich über das Dorf informiert. Wie die Lage war und so weiter.«

»Und wie war die Lage?«

»Katastrophe.«, bei den Gedanken bekam ich wieder Gänsehaut. »Meine Mutter wollte mich auf keinen Fall rüberfliegen lassen.«

»Verständlich...«, ergänzte Arya flüsternd hinzu.

»Ja, verständlich. Aber wenn man sich meine Situation betrachtet, dann ändert sich so einiges.«, daraufhin nickte sie leicht mit ihrem Kopf.

»Bist du alleine geflogen?«

»Nein. Ursprünglich wollte ich alleine fliegen, jedoch hat David nicht nachgelassen. Er hat sich heimlich den selben Flieger gebucht wie ich. Bis wir in dem Dorf ankamen, sprach ich kein einziges Wort zu ihm, aber als ich sah, in was für einem Zustand sich das Dorf mit seiner Bevölkerung befand, war ich sehr erleichtert doch nicht alleine da zu sein.«

Eine gemeinsame SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt