Kapitel 14

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Kapitel 14 


Isabelle Sommer 



„Ich hoffe, du bleibst über Nacht.", sagt er ruhig und sieht mich dabei fest an.

„Die ist gar nicht mehr so lang.", gebe ich zurück. „Aber ja."

Ein ehrliches Lächeln, welches seine Augen erreicht auf seinen Lippen. „Dann komm.", sagt er, schnallt sich ab, lässt meine Hand los und öffnet die Beifahrertür. Ich tue es ihm gleich, die kühle Nachtluft schlägt mir erfrischend entgegen.

Ich fühle mich wie betrunken von ihm, die letzte Dreiviertelstunde wirkt nach. Der Sex mit ihm, der mich in eine andere Sphäre katapultiert hat. Sex, bei dem es nicht ums ficken ging. Wahrscheinlich das erste Mal, dass ich mich dem Mann, mit dem ich schlafe wirklich nahe gefühlt habe. Traurig eigentlich für eine Frau von sechsundzwanzig Jahren. Wie er mich angesehen hat, als wäre ich in diesem Moment die Einzige für ihn. Wie er mich geküsst hat, wie nahe wir uns waren.

Tatsächlich habe ich eben über mich gesprochen, eine Überwindung für mich aber ich habe es freiwillig getan. Er soll zumindest in Ansätzen wissen, auf was für eine menschliche Katastrophe er sich mit mir einlässt.

Ich werfe Raphael einen Blick zu, er steht auf der anderen Seite des Wagens und wartet auf mich. Der Mond scheint hell heute Nacht, sein silbriges Licht verwandelt Raphaels Silhouette in eine schemenhafte Gestalt. Sein Cap trägt er in der Hand, sein dunkles Haar fällt ihm Gesicht, seine Muskeln und sein markanter Kiefer sind angespannt, wahrscheinlich, weil er all das zwischen uns genau so wenig einordnen kann, wie ich. Weil er sich nicht sicher sein kann, was ich als nächstes tun werde.

Verdammt, er sieht unfassbar gut aus, ein Mann, wie gemalt und für eine Sekunde werden meine Knie weich bei seinem Anblick. Ich straffe die Schultern, gehe um den Wagen herum. Raphael legt seinen Arm um meine Schultern, zieht mich an sich. Ich fühle seine straffe Muskulatur, ich erinnere mich, wie ausgeprägt diese ist, schließlich habe ich ihn neulich schon beinahe nackt gesehen. Er ist so groß und er strahlt etwas Beschützendes aus. Nicht, dass ich einen Beschützer für irgendwas bräuchte. Aber der Gedanke ist schön.

Wir betreten seine Wohnung, prompt bin ich noch einmal zehn Zentimeter kleiner als er, als ich meine Heels ausziehe und sie neben seine Nikes stelle.

„Alter, hast du kleine Füße.", kommentiert er amüsiert. Idiot, siebenunddreißig ist gar nicht so klein. Trotzdem, mit seinen Riesenlatschen könnte ich Skifahren.

„Kann nicht jeder seine Schuhe in der Kindersargfabrik kaufen und ein Häkchen drauf malen.", gebe ich zurück. Ich sehe hoch zu ihm.

„Ah, da ist ja die Isabelle wieder, die ich kenne.", lacht er. Ich folge ihm in seine Küche. Der Sex vorhin war fürs erste so gut und befriedigend, dass wir es beide nicht eilig haben, ins Bett zu kommen und das ist gut so. Raf schaltet das Licht an.

„Willst du auch ein Wasser?", fragt er und ich nicke. Ich setzte mich auf einen der Barhocker am Küchentresen und sehe ihm zu, wie er Gläser und eine Flasche Mineralwasser hervor holt und sie auf dem Tresen platziert. Er schenk uns ein setzt sich dann mir gegenüber.

„Bist du gar nicht müde?", will er dann wissen und ich schüttle den Kopf. Ich sehe auf die Wanduhr über seinem Kühlschrank, bald ist es vier Uhr am Morgen und ich bin fast vierundzwanzig Stunden wach, in der letzten Nacht hatte ich den Nachtdienst.

„Ich brauche nicht soviel Schlaf. Schlaf ist der kleine Bruder vom Tod, ich verpasse zu viel, wenn ich schlafe.", antworte ich.

„Das Gefühl kenne ich.", meint er und trinkt einen Schluck. „Was bedeuten die Wölfe auf deinem anderen Arm?", fragt er dann aus dem nichts und ich seufze.

Raben  / RAF Camora / Bonez Mc/ Teil 1&2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt