Kapitel 26

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Kapitel 26


Isabelle Sommer


„Frau Sommer, wenn es dann zu einem Vertag bei dem Musiklabel kommt, dann reichen Sie ihn mir zur Prüfung ein. Vorrausetzung ist, dass Sam in ein paar Wochen seinen Abschluss schafft.", schließt Frau Dreimann vom Jugendamt das Gespräch. „Desweiteren wird er die Ausbildung zum Maurer antreten, das muss mit der Musik vereinbar sein. Wenn er sich wieder in der Schule noch in einer Ausbildung befindet, greift die Jugendhilfe für ihn nicht mehr, wenn er das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat. Wegen des Suizidversuchs, den er mitbekommen hat wird er bei der Traumatherapie vorgestellt", schließt sie das Gespräch.

Ich nicke es ab, Sam links neben mir beeilt sich, ebenfalls zur nicken. „Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dreimann. Das Hilfeplanprotokoll reichen Sie mir dann demnächst ein, richtig?"

„Ich bedanke mich ebenfalls. Aber natürlich." Sie lächelt und wir erheben uns zur Verabschiedung, ehe sie den Raum verlässt.

„Danke, dass du dich eingesetzt hast." Sam grinst breit, als die Tür hinter seinem Vormund verschlossen ist. „Das bedeutet mir alles."

„Das alles ist noch kein Go, Sammy.", meine ich und räume meine Unterlagen zusammen, die auf dem Tisch liegen. „Du gehst zu den Probeaufnahmen, die Raf dir angeboten hat, du ziehst deinen Abschluss durch und dann sehen wir weiter.", hole ich ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Sein Hilfeplangespräch war eine erste Annäherung zum Thema Vertrag bei Indipendenza und noch kein Startschuss. Sein Vormund ist in seine Pläne eingeweiht und ich musste einiges an Arbeit und Überzeugungskraft leisten, damit sie sich das alles überhaupt anhört und zumindest ansatzweise absegnet.

„Sei nicht so negativ, Isa.", grinst mein Bezugskind. „Wenn es ganz schief läuft überredest du Raf, mir die Chance zu geben, wenn ich achtzehn bin."

„Wie soll ich bitte Raf dazu überreden?", frage ich.

„Du hast doch seine Handynummer. Und so, wie ihr euch angesehen habt, als er am Samstag zu Besuch hier war hast du die nicht ohne Grund. Nachdem das mit Elane war hab ihr euch ziemlich lange umarmt. Ich hab es mitbekommen, weil ich nochmal runter bin, ihr alle aber nicht, dass ich da war." Er zieht eine Augenbraue hoch und ich seufze. Es ist wirklich manchmal schwer, bei Sam nicht in eine Grauzone der Professionalität zu rutschen indem ich eine zu private Unterhaltung zulasse.

„Sam, das ist privat. Das hat mit dir nichts zu tun.", sage ich mit deutlich, in einem Tonfall, bei dem er normalerweise weiß, dass Schluss ist mit der Fragerei.

„Also hast du wirklich privat Kontakt mit Raf Camora, wenn nicht sogar was am Laufen. Woah, Isa, killer, ich hab es gewusst." Er grinst erneut und ich sehe ihm an, dass er sich für seine Bobachtung auf die Schulter klopft. „Ich schwöre, ich sage niemandem etwas davon."

„Wie schon gesagt, das ist privat, Sam.", wimmle ich ihn ab und endlich nickt er.

„Komm, wir gehen rüber, Aylin muss gleich los, um Elane in der KJP zu besuchen. Und ich muss noch deine Therapeutin anrufen." Ich nehme meine Unterlagen und wende mich zur Tür, deute Sam mitzukommen. Er folgt mir hinaus.

Elane wird die nächsten Wochen in der Kinder,- und Jugendpsychiatrie verbringen, um ihren Suizidversuch aufzuarbeiten. Es geht ihr soweit gut, ihre Wunden heilen und an allem anderen ist sie bereit, zu arbeiten. Sam hat das ganz gut weggesteckt- aber er hat auch schon einige Dinge in seinem Leben sehen müssen, weitaus Schlimmeres noch, als ich in meinem. Doch auch er soll zumindest die Möglichkeit haben, alles professionell aufzuarbeiten.

Raben  / RAF Camora / Bonez Mc/ Teil 1&2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt