Raben / RAF Camora / Bonez Mc/ Teil 1&2

Kapitel 24

Kapitel 24

Isabelle Sommer

Es ist warm draußen für Anfang April und trotz Klimaanlage ist Raphael im Prollmodus und hat die Fenster des Ferraris herunter gelassen.

Die Wärme der Sonne trifft auf meine Haut und ich schließe für einen Moment die Augen. Ich liebe es, wenn es Frühling wird, wenn die Tage heller und länger werden. Ich fühle mich wacher, ausgeglichener, lebensfroher als im Winter.

Raphael hat es nach unserem Frühstück nicht lassen können, schnell bei sich zu Hause vorbei zu fahren und die Autos umzutauschen. Den Audi in die Garage und den Ferrari auf die Straße.

Könnte ja sein, dass die Bremsen seines neuen Babys festhängen oder die Batterie sich entlädt, weil der Wagen mehr als einen Tag in der Garage verweilen muss. Ich weiß, dass er gerade eine Extrarunde dreht, das Kottbusser Tor lag vielleicht so gerade noch auf unserem Weg aber beim Rest des Weges ist er ein paar Mal mit Absicht falsch abgebogen.

„Oh, wusste ich nicht, dass ich da lang muss, bin doch nur zugezogen.", hat er grinsend gemeint, als ich ihn gefragt habe, ob er nicht gleich über Potsdam zur Bank fahren will. Ja, schon klar.

Laut schallt französischer Rap aus den Boxen, während wir an einer roten Ampel stehen. Die Augen mit einer Sonnenbrille verdeckt, seine linke Hand am Lenkrad, die rechte auf meinem Oberschenkel, unsere Hände miteinander verschränkt. Seine Trainingsjacke hat er vorhin ausgezogen, unter seinem engen, schwarzen Shirt spannen bei jeder seiner Bewegungen die Muskeln. Er sieht gut aus am Steuer des Wagens und er weiß es ganz genau.

Die Fußgänger um uns herum starren und ihm scheint es zu gefallen. Menschen, die ihre Smartphones zücken und den Wagen filmen wollen. Doch er wäre kein Musiker, der Arenen füllt, würde er nicht irgendwo lieben, aufzufallen und bewundert zu werden. Wir fallen definitiv auf, schließlich beschallen wir die halbe Stadt mit dem lauten Motor und der Musik. Doch ich gönne ihm diesen Auftritt, er ist ansonsten schließlich schon unglaublich bodenständig. Er macht einen Lauten, weil er Bock darauf hat und nicht, weil er irgendwem was beweisen muss. Und er hat hart gearbeitet, um mit diesem Wagen durch die Stadt zu fahren.

Natürlich benehmen wir uns wie die letzten Menschen, ich bin mir sicher, dass auch genug Menschen jetzt gerade über uns den Kopf schütteln. Aber ich kann nicht leugnen, dass es mir gefällt mit ihm in diesem Auto zu sitzen. Ich liebe diesen Wagen, schon sein Maserati ist ein Traum- doch der Ferrari ist der Wahnsinn. Noch immer habe ich eine Schwäche für schnelle Autos und für einen Moment kommt mir der Gedanke, mir auch einen zu kaufen. Das Geld habe ich- verrückt, dass ich tatsächlich losgehen, 200 000 Euro für ein Auto bar auf den Tresen legen könnte und noch immer ein mehr als gut gedecktes Konto hätte. Eine unfassbare Dimension für mich.

Doch sinnvoll wäre die Investition nicht und mit so viel Geld könnte man so viel mehr machen, als es in ein Auto zu stecken.

Die Ampel springt auf grün, Raphael lässt den Motor aufbrummen, langsam fährt er durch den trägen Stadtverkehr. Eben waren wir endlich bei der Bank, ich habe ein wenig Geld umgebucht, für mein neues Bett. Jetzt sind wir auf dem Weg zum Möbelhaus und Raphael weigert sich, wie ein normaler Mensch zu Ikea zu fahren.

„Hält nicht und quietscht der Blödsinn, dann beschwert sich deine Nachbarin wieder.", hat er gemeint. „Du hast genug Kohle, wir kaufen etwas Vernünftiges. Außerdem hast du selbst gesagt, dass du mein Bett viel bequemer findest, als deines, das war auch etwas teurer aber wie du weißt merkt man den Unterschied. Und wenn du protestierst kaufe ich dir einfach eines." Er hat gegrinst und ich hab mich geschlagen gegeben. Eigentlich hat er auch recht, wenn ich einmal richtig investiere brauche ich nicht in ein oder zwei Jahren wieder los, um etwas Neues zu besorgen. Kommt aufs gleiche Geld raus.