Kapitel 22

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Kapitel 22

Isabelle Sommer

Ich bin durch, als ich gegen sechzehn Uhr endlich von der Arbeit nach Hause komme. Zwei beinahe Schlaflose Nächte, das Treffen mit Raphael gestern, der Suizidversuch von Elane- mein Maß ist definitiv voll. Mein Kopf schmerzt, meine Füße tun weh innerlich bin ich aufgewühlt, werde einen Moment brauchen, um von der Arbeit loslassen zu können, um die Bilder in meinem Kopf in den Order „Arbeit" schieben zu können.

Ich bin froh darum, dass mir es meistens gelingt, zwar empathisch zu sein die Geschichten der Kinder aber nicht an mein Herz heran zu lassen. Ein Schutzmechanismus, um mit dem, was ich erlebe umgehen zu können.

Trotz allem will ich gerade nicht allein sein. Ich bin müde und trotzdem habe ich Nathan und Vince auf achtzehn Uhr zu mir bestellt, damit sie mich ablenken. Sie wollen Pizza mitbringen, wir wollen quatschen , vielleicht einen Film sehen. Doch erst mal muss ich schlafen. Ich fühle mich, wie ein Zombie, als ich meine Schuhe ausnahmsweise achtlos neben der Tür ausziehe und sie nicht in den Schrank räume und danach einfach in mein Schlafzimmer tappe. Meine Augen fallen mir beinahe im Stehen zu. Ich schaffe es noch, meine Jalousien herunter zu lassen, meine Jeans neben das Bett zu schmeißen. Ich trage noch immer den viel zu großen Corbo Pulli von Raphael, welchen er mir letzte Nacht gegeben hat, ich konnte nicht anders, als ihn an lassen.

Er riecht nach ihm, irgendwie vertraut. Ich vergrabe meine Nase in dem Stoff, als ich in meinem Bett liege, ziehe mir die Decke über den Körper und es dauert keine Minute, bis ich eingeschlafen bin.

Das Geräusch meiner Türklingel holt mich langsam aus dem Schlaf, Schritte in meiner Wohnung und für einen Moment habe ich keine Ahnung, was hier los ist, mein Zimmer erkenne ich schemenhaft, hinter meinen Schläfen pocht der Kopfschmerz, viel schlimmer, als vor dem Schlafen. Mein Mund ist trocken, ich bekomme kaum die Lider auf.

„Ja?", sagt eine tiefe Stimme auf meinem Flur. Nathan? Was macht der denn hier? „Ich mache auf, warte.", höre ich. Ich fasse mir an die Stirn, drehe mich auf die Seite, möchte einfach weiter schlafen. Wem macht Nate auf? Bestimmt Vince. Sollen die Beiden es sich in meinem Wohnzimmer gemütlich machen, ich will noch fünf Minuten schlafen. Ich nehme wahr, wie meine Wohnungstür geöffnet wird, ehe ich wieder in den Schlaf drifte.

Ich nehme wahr, dass jemand mein Schlafzimmer betritt, sich die Matratze neben mir senkt, während gleichzeitig in meinem Traum das Freizeichen am Telefon ertönt. Ich muss noch Frau Dreimann vom Jugendamt anrufen, wegen des Hilfeplangesprächs nächste Woche.

„He, Isabelle.", höre ich jemanden sagen, ich spüre die Wärme einer Hand auf meiner Schulter, während es in der Telefonleitung knackt und Frau Dreimann sich meldet. Wenn ich jetzt nichts sage, legt sie wieder auf, ich kann jetzt nicht dem antworten, der mich anspricht. Eigentlich weiß ich, dass ich träume aber trotzdem ist das Telefonat wichtig, ich muss antworten.

„Guten Morgen, Sommer hier, ich rufe an wegen des HPGs von Sam nächste Woche...", murmel ich. Ein Auflachen von links neben mir.

„Isa, du träumst, wach auf." Das Lachen, so vertraut. „Telefonierst du gerade im Traum?" Ich erkenne die Stimme. Raphael. Wie kommt der in mein Schlafzimmer? Schlagartig öffne ich die Augen. Tatsache, ein Traum, Tatsache, eine große, athletische Gestalt auf meinem Bett, schwarzer Trainingsanzug, Cap, seine Gesicht erkenne ich schemenhaft. Es ist wirklich Raphael Ragucci, der hier auf meinem Bett sitzt und sich unterdrückt kaputt lacht.

„Lach nicht, du Penner. Das war ein wichtiges Telefonat. Wie kommst du hier rein?", entfährt es mir. Ich hebe einen Arm, schubse ihn leicht. Stechend fährt mir der Schmerz durch den Kopf, mir ist ein wenig übel, mein Herz schlägt schneller. Vor Überraschung, vor Schreck und weil es Raphael ist, der hier sitzt.

Raben  / RAF Camora / Bonez Mc/ Teil 1&2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt