Kapitel 8

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Kapitel 8


John Lorenz Moser


„Wer ruft dich an?", fragt Tyga, als mein Smartphone wieder einmal klingelt. Den Nachmittag über habe ich es stumm gestellt, um ungestört Zeit mit meiner Tochter verbringen zu können. Wir sitzen in einem Burgerladen, um unseren Tisch herum stehen Tüten verschiedenster Klamottenläden. Snipes, Nike, H&M und tatsächlich auch von Balenciaga. Tyga und ich haben gefühlt ganz Hamburg aufgekauft, einige Scheine haben den Besitzer gewechselt aber das spielt für meinen Kontostand keine Rolle.

Tyga ist glücklich, also bin ich es auch.

Ich esse gerade den Rest Pommes, den sie nicht geschafft hat, sie schlürft ihre Cola. Cora bringt mich um, wenn sie das erfährt. Tyga sieht mich fragend an, als ich auf mein Smartphone sehe.

„Gazo.", antworte ich. „Also Jonas."

„Dann musst du wohl telefonieren, Papa.", sagt sie. „Geht doch bestimmt um die Arbeit." Tyga verzieht die Mundwinkel, stellt ihr Glas beiseite und zieht sich den Brownie mit Vanilleeis heran, den sie sich zum Nachtisch bestellt hat.

„Danke.", sage ich, nehme das Telefonat an.

„Bonez!", schmettert Gazo und ich höre direkt, dass er nicht mehr nüchtern ist. Es ist achtzehn Uhr am Abend- irre eigentlich.

„Was gibt's?", frage ich. „Ich habe Tyga.", versuche ich, ihn abzuwimmeln. Gazo lacht laut, so wie immer, wenn er zu viel von irgendwas hatte.

„Bring sie mit, du musst in der Ritze vorbeikommen. Maxwell und Alex haben 'ne Wette am Laufen, Alex meint, er könne Maxwell boxen. Sie gehen gleich in den Ring. Auf Freundschaft. Komm, nur kurz." Ich halte das Telefon etwas von meinem Ohr weg. Heute scheinen alle Bock darauf zu haben, mein Trommelfell zu strapazieren. Erst Raf, jetzt Gazo.

„Gazo, sorry, ich habe Tyga.", wiederhole ich. „Ich kann sie nicht mit in diesen Schuppen nehmen und komme später mal vorbei. Ich hab Cora versprochen, was Vernünftiges mit Tyga zu machen und wir wollen noch ins Kino." Außerdem würde Cora mich killen, sollte sie herausfinden, dass ich sie mit dorthin genommen habe.

„Cora dies das.", sagt Gazo. Ich höre die Stimmen der andern im Hintergrund. Wenn ich es richtig höre sind sie alle da. Nicht nur die Jungs von 187 – sondern auch der Rest unserer Clique. Ich muss grinsen, es reizt mich zu fahren. Aber Tyga...

Unschuldig mampft sie ihren Brownie, hat ein wenig Schokolade am Mundwinkel. Wie süß sie einfach ist. „Willst du probieren, Papa?", fragt sie, als sie meinen Blick bemerkt.

„Gleich, Baby.", antworte ich, sie zuckt die Schultern und schiebt sich den nächsten Löffel Kuchen in den Mund, kleckert dabei auf die weiße Stofftischdecke.

„Scheiß mal auf Cora, das ist deine Ex, Alter. Meine Frau ist schwanger und lässt mich trotzdem noch raus gehen, also. Tyga ist doch nicht allein da, lass sie bei dir, guck dir die fünf Minuten Keilerei an und dann geht ihr wieder. Cora kriegt das schon nicht mit, wer soll dich bei ihr verpetzen? Seit wann bist du so ein Lappen, Bonez?", labert Gazo drauf los, so, wie es nun mal seine Art ist. Laut, manchmal schwer zu bremsen. Aber er ist einer meiner besten Freunde, ich kann immer auf ihn zählen.

Ob Mara es so gut findet, dass du sie schwanger allein zu Hause sitzen lässt? Ich verkneife mir, das zu sagen, will mich nicht in seine Angelegenheiten einmischen. Er ist sowieso unbelehrbar was das betrifft und irgendwie halten er und seine Freundin es auch schon eine Weil miteinander aus. Scheint ja zu passen.

Raben  / RAF Camora / Bonez Mc/ Teil 1&2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt