Kapitel 44
Isabelle Sommer
Knappe zwei Wochen später steht Raphael vor meinem Badezimmerspiegel und richtet sich das dunkle Haar. Ausnahmsweise hat er die Jogginghose Zuhause gelassen und sich ordentlich angezogen. Jeans, weißes Hemd, auf meinem Bett liegt sogar noch ein Sakko. Ich bin gespannt, ob er es wirklich anzieht oder ob er sich irgendwie versucht, darum zu drücken. Eine seiner teuren Uhren an seinem Handgelenk und die Sneakers gegen Lederschuhe getauscht. Ich bin gespannt, wann er anfängt, deswegen zu jammern.
Akribisch begutachtet er seine Frisur und beinahe muss ich bei dem Anblick auflachen. Die Augenbrauen zusammengezogen besieht er sich im Spiegel. Die Wahrheit über ihn ist, dass er verdammt eitel ist. Schlimmer als ich es bin, auf jeden Fall.
„Was?", fragt er und sieht auf mich herunter. „Mal du dir dein Gesicht weiter an und lass mich in Ruhe meine Haare machen."
„Mimimi, lass mich meine Haare machen.", äffe ich ihn nach und kichere.
In weiser Vorrausicht halte ich die Mascarabürste von meinem Auge weg und bin keine Sekunde zu spät damit, als er mich auch schon in einer lockeren Bewegung zur Seite schubst. Ich lache auf, will zurück schubsen doch er fängt mich ab, greift geschickt meine schmalen Handgelenke mit seiner großen Hand und schiebt mich von sich.
„Geh mir jetzt nicht auf den Sack, Chérie.", meint er und ich verdrehe die Augen. Er ist den ganzen Abend schon ein wenig schlecht drauf. Es ist der dritte Juni, morgen hat er also Geburtstag. Sein Plan war, mit seinen Jungs einen trinken zu gehen, um in seinen Fünfunddreißigsten rein zu feiern. Und nicht nur das. Gestern erst ist Zenit soweit fertig geworden, das er es zum Mastern abgeben konnte. Und auch das wollte er eigentlich mit ein paar Flaschen Wodka und Yamazaki begießen.
Schade nur, dass wir Montag und seine Jungs allesamt keine Zeit für ihn haben. Denkt er zumindest und soll er auch noch weiter denken. Darum, ich kann seine miese Laune gerade echt mit einem Grinsen abtun.
„Rapahel.", sage ich sanft. „Es ist Montag, einige der Jungs haben Familie und müssen früh raus morgen. Sei nicht angepisst, dass du den Abend jetzt mit deiner Freundin verbringen musst. Samstag könnt ihr feiern gehen."
„Es hatte noch nie kein Schwanz Zeit um mit mir Geburtstag zu feiern.", beschwert er sich. Endlich lässt er von seinen Haaren ab, dreht sich zu mir und fasst mit an die Hüften, um mich an sich zu ziehen während ich mich heftig um ein Pokerface bemühe. „Und ich freue mich, den Abend mit dir zu verbringen, Isi."
Es ist selten, dass er mich Isi nennt. Aber manchmal macht er das und irgendwie finde ich das süß.
„Das ist wirklich schlimm dramatisch.", gebe ich theatralisch zurück. „Aber meinst du, deine Bande kommt mal eben so Montags Abends zum saufen aus Wien nach Berlin? Sie feiern mit dir. Aber am Wochenende."
„Du nimmst mich nicht ernst.", stellt er fest.
„Nein, gerade nicht."
„Leck mich.", murrt er, geht an mir vorbei aus dem Bad.
„Wo?"
„Am Arsch." , ruft er vom Flur aus.
„Dachte da stehst du nicht so drauf. Aber von mir aus.", rufe ich zurück und mache mich endlich daran, den Mascara aufzutragen. Ich höre seine Schritte, drei Sekunden später steht er wieder in der Badezimmertür. Fassungslos den Kopf schüttelnd.
„Alter! Isabelle!", sagt er nur und ich muss einfach nur lachen. Sein Gesichtsausdruck ist göttlich. Ich sehe ihn an und kann einfach nicht mehr. Kichernd lehne mich an mein Waschbecken.
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Raben / RAF Camora / Bonez Mc/ Teil 1&2
FanfictionTeil 2 Manchmal im Leben treffen Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können. Deren Werte und Normen völlig verschieden sind. Und trotzdem lohnt es sich, auch mal unter die Oberfläche zu schauen. Aylin trifft Bonez MC. Und verlie...