52.

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Draco
Seit ich Hermine und Ginny im Regen zurück gelassen hatte, konnte ich an nichts anderes denken, als daran, die richtigen Worte zu finden, um ihr die Situation zu erklären. Ich musste unbedingt die richtigen Worte finden, sie musste mich verstehen, auch wenn sie mir dann wahrscheinlich nicht vergeben würde, aber sie sollte es verstehen.
Ich vermisste sie so sehr, sie fehlte mir. Ihre warmen braunen Augen, der Glanz in ihnen, wenn sie lächelte. Ihr unbändiges braunes Haar, ihr Geruch, ihre Lippen auf meinen und das Gefühl in ihr zu sein.
Heute beim Frühstück hatte sie mich nicht angesehen, war meinen Blicken ausgewichen. Ich war ihr und Ginny nachgelaufen, weil ich es nicht abwarten konnte mit ihr zu reden. Und ich wollte ihre Stimme wieder hören. Jedoch hatte sie mich ignoriert und Ginny hatte mich zurechtgewiesen. Wie lange dauerte ihr blöder Plan denn noch? Ich musste endlich mit ihr sprechen, es fraß mich auf.
Auch den ganzen restlichen Tag, hatten sie mich ignoriert und waren mir ausgewichen, wenn es irgendwie möglich war, obwohl ich nach heute morgen nicht mehr versucht hatte, irgendetwas zu machen. Im Unterricht saß sie so weit wie möglich weg von mir und mir blieb nichts anderes übrig, als ihren Rücken anzustarren, in Erinnerung an all die schöne Zeit, die wir zusammen hatten und mit dem schmerzlichen Wissen, dass es wohl nie wieder so sein würde und dass alles für immer verloren war.

Inzwischen war es Abend, ich saß in der Bibliothek und versuchte mich mit Hausaufgaben etwas abzulenken. Nicht das es funktionieren würde, aber man konnte es ja zumindest mal versuchen. Nach einer Weile kam Blaise vorbei
"Hey, wie geht es dir Alter?"
fragte er.
"Wonach sieht's denn aus? Ich versuche sicher nicht Hausaufgaben zu machen, weil ich so fröhlich bin."
antwortete ich sarkastisch.
"Du hast immer noch nicht mit ihr gesprochen, hm?"
"Ginny erlaubt es mir nicht."
gab ich sauer zurück.
"Seit wann tust du was andere Leute dir sagen?"
Fragte Blaise mit hochgezogener Augenbraue.
"Seit Ginny die letzte Hoffnung ist, die ich habe, um überhaupt noch einmal mit Hermine sprechen zu können ohne sofort verhext zu werden."
antwortete ich genervt.
"Hm. Es sieht also wirklich düster aus..."
"Allerdings."

"Kann ich dir irgendwie helfen?"
fragte Blaise schließlich nach kurzem Schweigen.
"Kannst du dich um meine Hausaufgaben kümmern? Ich hätte trotz allem immer noch gerne einen Abschluss."
"Klar Alter, ich kenne da so ein süßes Mädel aus Ravenclaw, da wird sich was einrichten lassen."
antwortete er mit einem Grinsen.
"Danke Blaise. Ich glaube ich gehe jetzt."
verabschiedete ich mich.
"Kein Problem man. Ich hoffe, dass du bald mit ihr reden kannst."
"Das hoffen wir alle."
Antwortete ich und machte mich auf den Weg zum Turm der Vertrauensschüler.

Dort angekommen stellte ich fest, dass Hermine immer noch nicht da war. Sie würde diese Nacht wohl auch bei Ginny verbringen. Sie fehlte mir in meinem Bett, ihr ruhiges Atmen, wenn sie schlief. Ihre Haare, die sich über das ganze Kissen verteilten, ihre Wärme und ihr ruhiger Anblick.
Da ich sowieso nicht schlafen konnte, nahm ich mir ein Buch, setzte mich auf das Sofa und begann zu lesen. Jedoch konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren und so starrte ich einfach nur auf die Zeilen, bis ich selbst diese nicht mehr erkennen konnte, da es zu dunkel wurde. Aber anstatt das Licht an zu machen, klappte ich mein Buch zu, öffnete das Fenster und trat hinaus auf den Balkon. Kalter Wind schlug mir ins Gesicht, aber das machte mir nichts aus, ich hieß die Kälte willkommen. Es war eine sternenklare Nacht. Ich sah hinauf in den Himmel und verlor mich in seiner Unendlichkeit, wie sehr ich mir wünschte, dass Hermine jetzt hier wäre.  Nach einer Weile spürte ich, wie etwas auf meine Hand tropfte, überrascht stellte ich fest, dass es meine eigenen Tränen waren.
Warum war alles in meinem Leben bloß so kompliziert? Fragte ich mich, wischte die Tränen weg und beschloss ins Bett zu gehen. Ich würde zwar nicht schlafen können, doch schlaflose Nächte waren für mich nichts neues.

"Nein...nein bitte nicht"
Schweißgebadet wachte ich auf, die Alpträume waren zurück gekehrt. Ich seufzte, jetzt würde ich sowieso nicht mehr schlafen können. 3:00 Uhr, na super noch drei Stunden bis man sich bei Frühstück blicken lassen konnte. Ich beschloss duschen zu gehen, um die Zeit wenigstens etwas sinnvoll zu nutzen.
Als ich fertig war, fühlte ich mich nicht wirklich besser, eher schlechter. Denn plötzlich hatte ich das Gefühl, dass die Wände dieses Turms mich erdrückten. Also verließ ich den Turm und begann ohne Plan durch das Schloss zu laufen. Nach einer Weile fand ich mich am Fuße der Treppe zum Astronomieturm wieder. Tja, ein wenig Frühsport konnte wohl nicht Schaden, beschloss ich und so begann ich den Aufstieg.
Oben angekommen, trat ich an das breite Fenster, noch immer leuchteten die Sterne hell in der Finsternis der Nacht und noch immer hatte der Himmel diese mysteriöse Unendlichkeit. Ich ließ mich auf den Boden fallen und so saß ich dort und starrte in den Sternenhimmel, bis das erste Morgenlicht aufkam und es Zeit für das Frühstück war.
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Hermine
"Warum tut er das Gin?"
fragte ich meine beste Freundin wütend, nachdem sie Draco vertrieben hatte.
"Weil er dich liebt. Und weil er dir seinen Fehler erklären möchte. Und das sollte er auch und du solltest ihm zuhören."
antwortete Ginny. Ich seufzte, sie hatte wahrscheinlich Recht, jedoch wollte ich ihm momentan weder sehen, noch hören.
"Aber Ginny ich..."
"Ich weiß. Du musst heute nicht mit ihm reden, aber morgen solltest du es tun. Hör ihm einfach nur zu, danach kannst du ihn immer noch umbringen."
"Hm."
"Mine, er liebt dich, glaub mir. Und ich weiß, dass du ihn liebst, sonst würde es dir nicht so schlecht gehen.
Er hatte einen Grund für sein Handeln, auch wenn es vielleicht kein guter war, aber dennoch war es nicht, weil ihm nichts an dir liegt, sondern eher das Gegenteil. Er hat es getan, weil er dich liebt, aber er soll es dir selbst erklären."
"Ist ja schon gut. Ich rede morgen mit ihm. Oder nein, ich werde ihm zu hören und ihn dann vergessen."
Sagte ich etwas unwillig. Daraufhin seufzte Ginny nur und wir wendeten uns beide wieder dem Unterricht zu.

Den Rest des Tages versuchte ich Draco aus dem Weg zu gehen. Das gestaltete sich jedoch schwierig, wenn man mindestens die Hälfte des Unterrichts zusammen hatte. Wenigstens versuchte er nicht mehr mit mir zu reden.
Abends verkroch ich mich in Ginnys Zimmer, ich wollte nicht zurück in den Turm oder allgemein irgendwo hin, wo ich ihm begegnen konnte.
Ich versuchte zu lesen, jedoch scheiterte ich kläglich, da meine Gedanken immer wieder zurück zu Draco wanderten. Als meine Tränen schließlich begannen auf das Buch zu tropfen, gab ich auf. Wie hatte er mir das bloß antun können? Traurig sank ich in die Kissen und weinte mich in den Schlaf.

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, ich hatte schlecht geschlafen und fühlte mich jetzt noch schlechter als vorher.
Heute würde ich ihm zuhören müssen. Der Gedanke alleine mit ihm zu sein widerstrebte mir zutiefst.
Schließlich machte ich mich fertig und als Ginny dann ebenfalls wach war, machten wir uns zusammen auf den Weg zum Frühstück.
In der großen Halle stellte ich fest, das heute wohl Samstag sein musste, denn die langen Tische waren noch karger besetzt, als zur normalen Schulzeit. Leider nicht karg genug, denn am Slytherintisch saß die Person, die ich momentan am aller wenigsten sehen wollte. Ich wollte schon wieder umdrehen, doch Ginny hielt mich fest und schob mich zu unserem üblichen Platz.
"So, du wartest hier und versuchst zumindest etwas in den Magen zu kriegen."
sagte sie streng. Ich nickte kraftlos und beobachtete, wie sie zu Draco hinüber ging. Sie redeten kurz miteinander und als Ginny zurück kam, sah ich so etwas wie ein Lächeln auf Dracos Lippen. Sofort wandte ich den Blick ab und konzentrierte mich wieder auf mein kaum angerührtes Frühstück.
"Also ich finde ihr solltet heute reden."
Ich nickte bloß, der Schlafmangel führte dazu, dass ich keine Kraft mehr zum Diskutieren hatte.
"Sehr gut. Also dann trefft ihr euch nach dem Frühstück im Raum der Wünsche."
Der Raum der Wünsche...
Dort wo wir das erste Mal ich liebe ich gesagt hatten, dort wo wir...
Bei der Erinnerung an diesen wunderschönen Abend zog sich mein Herz zusammen.
"Alles okay?"
fragte Ginny besorgt, als sie meine inneren Schmerzen sah.
"Ja geht schon. Je eher davor, desto eher davon."
sagte ich und wischte mir eine Tränen von der Wange.

Nach einer Weile stand Draco auf und ging. Mein Magen krampfte sich zusammen und eine seltsame Aufgeregtheit machte sich in mir breit. Allerdings war sie nicht positiv, sondern eher wie vor einer Prüfung, vor der man Angst hatte. Also nicht, dass ich das kennen würde, aber ich hatte davon gelesen und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich mir vorstellen, wie sich das anfühlte. Auch Ginny hatte Dracos verschwinden bemerkt und machte nun Anstalten sich ebenfalls auf den Weg zu machen.
"Na komm schon, du musst ihm doch einfach nur zuhören."
sagte Ginny. Ich seufzte und folgte ihr, während ich mich fühlte, wie ein zum Tode Verurteilter auf seinem letzten Gang.
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So das war's schon wieder. Wie immer hoffe ich, dass es euch gefallen hat und dann sehen wir uns auch schon im nächsten Kapitel.
Bis bald.

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