26.

962 49 4
                                    

Draco
Als die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster fielen, wachte ich auf. Ich brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, wo ich war. Als ich das Grün meines Schlafzimmers erkannte, beruhigte ich mich. Langsam kehrten einzelne Fetzen meines Traumes zurück...
Ich stand wieder im Foyer von Malfoy Manor und musste zusehen, wie meine Tante Hermine folterte. Bei dem Anblick war es, als ob meine Seele zerreißen würde.
...Aber dann hatte es plötzlich aufgehört...
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich nicht alleine war. Neben mir auf dem Kopfkissen lag der braune Lockenkopf von Hermine.
Warum lag sie in meinem Bett?
War gestern Abend irgendetwas passiert?
Überlegte ich und versuchte mich zu erinnern.
Also... gestern hatten wir das Lehrmittellager aufräumen sollen... ahja... Mir fiel wieder alles ein, ihre heißen Küsse, mein Zusammenbruch, sie, wie sie mich wieder aufbaut und schließlich der gute Nacht Kuss, der so ganz anders war, als alles vorherige.
Die Erinnerung daran brachte mich zum Lächeln.
Aber dann war gestern Abend nichts passiert, was also machte sie in meinem Bett? Also nicht, dass es mich gestört hätte, nein, tatsächlich löste es ein bisher unbekanntes Gefühl in mir aus, das ich als pures Glück beschreiben würde, in mir aus. Aber ich hätte schon gerne den Grund für ihre Anwesenheit gewusst.
Hermine schien noch zu schlafen, es war so ein harmonisches und friedliches Bild, dass ich mich kaum abwenden konnte, es war wie damals, als ich sie in der Bibliothek beim Lesen beobachtet hatte. Dieser Moment schien mir, als wäre er schon eine Ewigkeit her. Verträumt beobachtete ich sie beim Schlafen und spielte ein wenig mit ihren Haaren.

Nach einer Weile beschloss ich jedoch aufzustehen und duschen zu gehen. Behutsam verließ ich das Bett, immer darauf bedacht sie nicht aufzuwecken, denn ich wollte auf keinen Fall diesen Frieden stören, der gerade in diesem Zimmer herrschte.

Als ich nach kurzer Zeit in mein Schlafzimmer zurück kehrte, war sie verschwunden. Wahrscheinlich war sie einfach wieder zurück in ihr Zimmer gegangen, dachte ich mit einer Spur von Bedauern.
Ich zog mich an und überlegte, was ich jetzt tun sollte, denn zum Frühstück war es noch zu früh.

Ich beschloss mich einfach auf eines der Sofas zu setzen und das Buch weiter zu lesen, welches ich neulich begonnen hatte. Es war irgend so ein Muggelbuch, dass ich in der Bibliothek gefunden hatte, "Der Ruf des Kuckucks" von irgendeinem Robert Galbraith. Keine Ahnung, wie es dort hin gekommen war, jedoch hatte es relativ interessant ausgesehen und so hatte ich es mitgenommen. Ich las gerne, das war eine dieser Sachen, die nicht viele Leute von mir wussten. Das Lesen bot mir eine Chance mein Leben für einen kurzen Moment zu verlassen und in eine andere Welt einzutauchen. Ich weiß nicht, wie ich ohne Bücher meine Kindheit überlebt hätte oder all diese langen Ferien...
Als ich klein war hatte ich schließlich niemanden, der mit mir spielte...
Klar ich hatte Freunde, aber nur welche, wie Crabbe und Goyle, die nicht besonders intelligent waren. Und so hatte ich mich ziemlich oft durch Bücher in eine andere Welt begeben.

Als ich in den Gemeinschaftsraum ging, bemerkte ich, dass eines der bodentiefen Fenster geöffnet war und sah Hermine auf dem Balkon stehen, ihre einzige Kleidung war ein ihr zu großes weißes Hemd.
Überrascht ging ich zum Balkon und stellte mich neben sie.

"Ist es nicht wunderschön?"
fragte sie leise. Ich folgte ihrem Blick und ließ meinen ebenfalls über die Länderreien von Hogwarts schweifen. Die Sonne war gerade aufgegangen und bestrahlte alles mit dem ersten Licht des Tages. Aus dem verbotenen Wald, den Wiesen und dem schwarzen See stiegen Nebelschwaden auf. Und es herrschte Stille, die nur hin und wieder von einem leisen Vogelzwitschern unterbrochen wurde.
"Ja das ist es."
stimmte ich ihr flüsternd zu, um nicht die Magie dieses Augenblicks zu zerstören.
"Früher, wenn ich mit meinem Eltern im Urlaub war, sind wir immer ganz früh aufgestanden, um uns den Sonnenaufgang anzusehen. Das erste Licht des Tages ist immer das schönste."
fuhr sie fort und sah mich zum ersten Mal diesen morgen direkt an, sie lächelte.
"Guten Morgen Draco, wie geht es dir?"
"Guten Morgen Hermine."
Erwiderte ich und lächelte zurück. In letzter Zeit schienen sich die glücklichsten Momente meines Lebens ständig übertrumpfen zu wollen.
"Es ging mir noch nie besser."
antwortete ich auf ihre Frage und meinte es auch so.
"Du hast schlecht geträumt letzte Nacht...du hast geschrien..."
fuhr sie besorgt fort.
"Hast du deswegen bei mir geschlafen?"
fragte ich sie. Daraufhin nickte sie und errötete leicht.
"Ich hoffe es hat dich nicht gestört... aber du warst sofort ruhiger als ich da war. Ich muss wohl eingeschlafen sein..."
Ich lächelte, so viel, wie ich in letzter Zeit gelächelt hatte, würde ich bestimmt noch Muskelkater von dieser unbekannten  Muskelanspannung bekommen.
"Deine Anwesenheit ist das Schönste, was ich je erlebt habe."
Daraufhin wurde sie noch roter und starrte wieder über die Länderreien.

"Aber so sehr ich es auch genieße dich mein Hemd tragen zu sehen, muss ich doch fragen, ob dir gar nicht kalt ist?"
Tatsächlich war es ein ziemlich frischer morgen und hier oben auf dem Turm wehte ein leichter Wind.

"Jetzt wo du es sagst, ist es tatsächlich etwas kühl, wir sollten wohl rein gehen, es ist sowieso bald Zeit für das Frühstück."
Sagte sie jetzt und kehrte in die Innenräume zurück.
Das Frühstück....
Wo alle anderen sein würden, wo die ganze Schule anwesend sein würde...
Wo er nicht bei ihr sein konnte, nicht ihre Hand halten und sie ungehindert ansehen konnte. Wo er ihr nicht zuhören konnte, weil er an einem anderen Tisch saß, weil er ein Slytherin war, wo er ein ehemaliger Todesser und Hermines größter Feind war.
Eine andere Welt.
Er wollte nicht dorthin, zurück in die Realität, zurück zu seinem Leben. Er wollte die Zeit anhalten, diesen Moment, der schon vergangen war zur Ewigkeit machen. Diesen Moment des Friedens, der Harmonie, diesen Moment aus einem anderen Leben.

Er seufzte tief und kehrte ebenfalls in den Gemeinschaftsraum zurück.

Dort traf ich wieder auf Hermine, die inzwischen angezogen war und ihre Sachen für den heutigen Tag zusammen suchte. Ich sah sie an und mich überkam die Traurigkeit darüber, dass all dies, was auch immer magisches es auch sein mochte, enden würde, sobald wir den Turm der Vertrauensschüler verließen.
Aber gleichzeitig hatte ich Angst, dass ich alles zerstören würde, wenn ich jetzt irgendwas sagen würde.
"Alles in Ordnung Draco?"
fragte sie mich plötzlich.
"Du siehst so traurig aus..."

"Ich... ich weiß, dass das jetzt wahrscheinlich... komisch klingt, aber... I-ich will... ich will dich nicht verlieren, ich will....was auch immer das hier ist nicht verlieren."
brachte ich stotternd hervor und hätte mich am liebsten im nächsten Moment selbst geohrfeigt. Jetzt hatte ich bestimmt alles kaputt gemacht. Sie konnte mich doch eigentlich sowieso nicht leiden, was hatte ich getan?
Doch zu meiner Überraschung fing sie nicht an zu schreien, wurde nicht wütend oder guckte mich angeekelt an.
Nein, sie umarmte mich.
"Das will ich auch nicht."
flüsterte sie und sah mich an.
Sie wollte mich auch nicht verlieren! Ich konnte mein Glück kaum fassen.

"U-und was bedeutet das jetzt?"
fragte sie weiter. Diese Situation schien für sie genauso schön und seltsam zugleich zu sein, vor allem wenn man unsere gemeinsame Geschichte betrachtete.
"Ich weiß es nicht. Sind wir... bist du jetzt...?"
fragte sie weiter.
"Ich weiß es nicht. Wollen wir...? Willst du...?"
Sie antwortete
"Ja, ich will."

_______________________________________
Hey, danke fürs lesen. Ich glaube das hier ist mein neues Lieblingskapitel und das nicht nur wegen dem Ende.
Endlich haben die beiden Mal was auf die Reihe bekommen. Lasst uns sehen, wie es weiter geht. Ich bin schon gespannt, ihr auch?

Yin und Yang Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt