Hermine
Am nächsten Morgen stand ich etwas früher auf, als nötig gewesen wäre, denn ich wollte es unbedingt vermeiden Draco hier oben alleine zu begegnen. Die Kette, die ich anscheinend die ganze Nacht in der Hand gehalten hatte, legte ich behutsam auf den Nachttisch. Mir war klar geworden, wie viel sie mir bedeutete, denn auch wenn es jetzt vorbei war, so war dieser Abend doch etwas ganz besonderes gewesen. Ich wollte die Zeit mit ihm nicht vergessen, auch wenn es schmerzte, sie war schön gewesen, eine Erfahrung. Was einen Menschen aus macht, ist die Summe seiner Erfahrungen und diese Erfahrung war nun ein Teil von mir. Und man sollte seine Vergangenheit nicht vergessen, sondern aus ihr lernen und das hatte ich getan.
Mit seltsam gemischten Gefühlen sah ich auf die Kette hinab, riss mich dann jedoch los und wollte mich auf den Weg zum Frühstück machen, jedoch fiel mir beim Gehen auf, dass Dracos Tür einen Spalt breit offen stand. Er schien nicht da zu sein, wo er wohl war? Gehört hatte ich ihn in der letzten halben Stunde jedenfalls nicht...
Was kümmert es dich, was Draco macht? Dachte ich verärgert und ging zum Frühstück. Dort fand ich dann auch Draco mit tiefen Augenringe und etwas zerzausten Haaren vor, was ihm unheimlich gut stand. Schnell wandte ich mich ab und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren, doch aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass er meinen Blick bemerkt hatte und nun verhalten lächelte.Die Tage gingen ohne besondere Vorkommnisse vorüber, mal abgesehen davon, dass Draco morgens nie in unserem Turm anzutreffen war. Egal wie früh ich aufstand, er war immer schon weg. Und obwohl ich eigentlich nicht über ihn nachdenken wollte, so begann ich mich doch zu fragen, wohin er verschwand. Wahrscheinlich war er bei irgendwelchen Flittchen, das würde ihm ähnlich sehen...
Zu meiner eigenen Verärgerung machte mich dieser Gedanke unglücklich, sodass ich versuchte an etwas anderes zu denken, konnte es dann aber doch nicht lassen und stellte mir die Frage, warum er immer morgens verschwand und nicht abends. Denn Abends traf ich ihn meistens mit einem Buch in der Hand auf unserem Sofa an.In den nächsten Wochen stürzte ich mich in Arbeit, um zur Abwechslung an etwas anderes als Draco zu denken, denn wenn ich nicht gerade über meinen Arithmantik Tabellen saß oder las, kreisten meine Gedanken ständig um den Jungen mit den weißblonden Haaren, der mir so zum Verhängnis geworden war. Da wir leider so viel Unterricht mit den Slytherins hatten, sah ich ihn auch fast jeden Tag, was es nicht gerade leichter machte über die ganze Sache hinweg zu kommen. Und leider hielten es die Lehrer auch immer noch für eine gute Idee, die Häuser in Partnerarbeiten zu mischen, sodass ich auch noch regelmäßig mit ihm zusammen arbeiten musste. Ich war jedoch froh, dass er keinerlei Anstalten machte über irgendwas zu reden, was über den Unterricht hinaus ging, auch wenn ich in seinen Augen sah, dass er es gerne tun würde.
Es wurde stetig kälter in Hogwarts, der Winter nahte und schließlich begann der erste Schnee zu fallen. Zusammen mit Harry, Ginny und Ron unternahm ich Ausflüge nach Hogsmead und genoss die Ruhe, die der erst Schnee mit sich brachte. Jedoch konnte ich die gesamte Zeit über den Gedanken nicht abschütteln, wie schön es wäre, wenn Draco jetzt da wäre, um meine kalten Hände zu wärmen. Und so blieb mir nichts anderes übrig, als ihn durch ein warmes Butterbier zu ersetzen, was bei weitem nicht das Gleiche war. Jedoch war da immer noch dieser tiefe Schmerz den ich spürte, wenn ich ihn ansah.
Mit der Zeit gewöhnte ich mich jedoch an seine Anwesenheit, genoss sogar das Schweigen, wenn wir beieinander saßen und dazu gezwungen wurden irgendwelche Aufgaben zusammen zu machen. Und so kam es auch, dass ich eines Abends mein Buch nahm und mich zu ihm, auf das andere Sofa setzte. Ich bemerkte sehr wohl, wie er mich verwirrt anstarrte, dann jedoch lächelnd den Blick abwandte. Ich war ihm sehr dankbar dafür, dass er nichts sagte und so saßen wir dort, schweigend und beide in unsere Bücher vertieft, bis ich mich schließlich auf den Weg ins Bett machte und ihn auf dem Sofa zurück ließ. Dabei drängte sich mir die Frage auf, ob er überhaupt noch schlief, denn es war bereits ziemlich spät und morgens war er schließlich immer der erste beim Frühstück. Seine Augenringe sprachen Bände und er schien den Entschluss gefasst zu haben, einzig und allein von Kaffee zu überleben. Doch jedes Mal wenn er mich sah, egal, wie schlecht es ihm gehen musste, hatte er ein Lächeln auf den Lippen.
Schließlich waren es nur noch wenige Wochen bis Weihnachten und das Spiel Slytherin gegen Ravenclaw stand vor der Tür. Das Spiel war inzwischen Thema Nummer eins bei allen Gesprächen, denn diese Spielkonstellation hielt immer einige Überraschungen parat. Die findigen Ravenclaws konnten es ohne Probleme mit den Slytherins aufnehmen, da sie aufgrund ihrer Kreativität ein sehr gutes Improvisationstalent hatten und Slytherin so hin und wieder aufs Glatteis führten.
Am Tag des Spiels war die ganze Schule schon früh auf den Beinen. Morgens beim Frühstück waren die Tische alle voll besetzt und es gab nur ein Thema. Harry, Ginny und Ron redeten von nichts anderem mehr und überlegten wild hin und her, womit Ravenclaw Slytherin heute ärgern würde. Während des Gesprächs wanderte mein Blick hinüber zu Draco, der heute mit besonders tiefen Augenringen da saß und etwas abwesend ins Nichts starrte. Gedankenverloren griff ich an die Stelle an der der Anhänger von Dracos Kette unter meinen Pullover hing. Seit Wochen hatte er nur auf meinem Nachttisch gelegen, doch heute trug ich die Kette zum ersten Mal seit Wochen wieder. Eine innere Stimme hatte mich irgendwie dazu bewegt sie heute zu tragen. Und als ob Draco plötzlich bemerkt hätte, dass ich die Kette trug, sah er mich an und lächelte. Seine Augen sahen unendlich müde aus und er schien all seine letzte Kraft in dieses Lächeln zu stecken. Irgendwie konnte ich meinen Blick nicht abwenden und so lächelte ich zurück. Ginny schien unsere Blicke bemerkt zu haben und stupste zufrieden Harry an, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Schnell brach ich den Blickkontakt ab und sah beflissen woanders hin.Nach dem Frühstück machten wir uns zusammen mit der gesamten Schule auf dem Weg zu Quidditch Feld. Der Schnee lag inzwischen zwei Meter hoch, jedoch hatte Hagrid einen tiefen Graben für die Schüler durch den Schnee gefräst. Als alle mit ihren dicken Mänteln und Schals einen Platz gefunden hatten, begann das Spiel. Als ich Draco durch das Stadion fliegen sah, kam mir der Gedanke, dass die Quidditch Kleidung doch ziemlich dünn war und dort oben peitschte der Wind sicherlich noch mehr, als hier unten, noch dazu kam die schlechte Verfassung, in der er aufgrund des augenscheinlichen Schlafmangels war. Nervös nahm ich den Anhänger in die Hand und krallte mich daran fest, ich ließ Draco nicht aus den Augen und schrie einmal leise auf, als er fast von einem Klatscher getroffen worden war. Und plötzlich sah er mich an, so unverwandt und durchdringend, dass mein Herz zwei Schläge aussetzte, als er bemerkte, was ich da in der Hand hielt erfüllte ein Ausdruck puren Glückes sein Gesicht.
In der nächsten Sekunde jedoch fokussierte sein Blick etwas anderes, das sich hinter mir zu befinden schien, sein Gesicht spannte sich an und er begann auf die Zuschauerränge los zu rasen.
Er hatte den Schnatz gesehen.Keine zwei Sekunden später hatte ihn auch der Sucher der Ravenclaws gesehen und so begann ein rasantes Verfolgungsrennen. Mein Herz hämmerte wie wild und gerade, als ich dachte es würde aus meinem Brustkorb springen, hatte Draco den Schnatz gefangen. Triumphierend hielt er ihn hoch und starrte mich glücklich an, sodass er nicht mitbekam, wie jemand
"Draco, der Klatscher, pass auf!"
schrie. Und da war es auch schon passiert. Einer der Klatscher hatte Draco getroffen und ihm vom Besen gehauen, sodass er jetzt 15 Meter in die Tiefe fiel.
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So das war's schon wieder. Es ist zwar etwas kürzer, als sonst, aber dieser Cliffhanger war einfach zu schön.
Ich hoffe wie immer, dass es euch gefallen hat und würde mich sehr über etwas Feedback freuen. Und dann sehen wir uns auch schon im nächsten Kapitel.
Bis bald.
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Yin und Yang
FanfictionDramione "Die Spannung war förmlich greifbar, ich merkte, wie ihre Atmung schneller wurde und sie in dem zaghaften Versuch sich von meiner Nähe zu befreien, die Hände gegen meine Brust drückte. Jedoch gelang es ihr nicht den Abstand um auch nur eine...