Kapitel 56: Interessant genug

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„Mine! Und? Was musstest du machen?", fragte Ron noch bevor sie ganz im Raum war.
„Setz dich erstmal hin", meinte Harry und schob Ron leicht zur Seite, ihm fiel sofort ihr Handgelenk auf, hielt sie fest und schob ihren Ärmel nach oben.
„Was hat dieser.... Was hat er gemacht?", fragte Harry gepresst.
„Halb so wild, er hat mich etwas unsanft festgehalten", sagte sie und wollte ihren Arm aus Harrys Händen befreien.
„WAS?!", brüllte Ron, seine Stimme überschlug sich wieder.
„Es ist halb so wild.. außerdem hat er sich eine ordentliche Ohrfeige eingefangen.", sagte sie besänftigend.
„Du hast ihn geschlagen?", fragte Ron ungläubig. Sie nickte und zuckte mit den Schultern.
„Wow... voll krass.", sagte Ron und sah anerkennend zu Hermine.
„Nicht voll krass!", protestierte Hermine. „Schlimm genug, dass es notwendig war... naja... es war nicht notwendig, es war mehr Reflex.", sagte sie und zuckte wieder mit den Schultern.
„Und er hat nichts gesagt?", fragte Harry skeptisch.
„Ich bin rausgestürmt und dann standen auch schon McGonagall und Dumbledore vor der Tür...", meinte Hermine, „Dumbledore hat ihn gebeten sich zu entschuldigen... das hat er dann auch gemacht. Und damit ist die Sache gegessen.", sagte sie zog mit den Händen eine gezogene Linie.

Harry schnaubte ungläubig auf.
„Harry. Bitte. Ich geh jetzt schlafen.", ohne ein weiteres Wort verließ sie den Gemeinschaftsraum um in den Mädchenschlafsaal zu gehen.
Als sie sich ins Bett legte und aus dem kleinen Fenster sah, dachte sie an Snape und seinen Gesichtsausdruck, er tat ihr leid. Sie würde sich morgen besser im Griff haben wenn sie zu ihm gehen würde.

Der nächste Tag verging schnell und um Punkt 19 Uhr klopfte Hermine an die Bürotür von Snape, sie hatte zuerst eine heftige Diskussion mit Harry und Ron gehabt und sich anhören müssen, dass sie verrückt sei wieder zu ihm gehen. Aber Hermine war eine Pflichtbewusste Schülerin, wenn sie sich Nachsitzen einhandelte, was nicht oft vorkam, dann würde sie die Strafe auch antreten.
Außerdem wollte sie sich eigentlich bei ihm entschuldigen, was sie den Jungs aber nichts sagte.
Sie klopfte also zaghaft an die dunkle schwere Tür, ein strenges „Herein" kam aus dem Raum, Hermine atmete wieder aus und öffnete dann die Tür, trat schnell in den Raum und verschloss sie wieder.
Snape saß hinter seinem Schreibtisch und korrigierte Aufsätze, er sah auf, als die Tür wieder ins Schloss fiel.

„Miss Granger?", er zog eine Augenbraue nach oben, „Was wollen Sie denn hier? Mir eine weitere Ohrfeige zu Teil werden lassen?"
„Nur wenn es nötig ist", sagte sie und sah ihn an, er zog die Augen zu Schlitzen und legte die Feder beiseite, sie ging zögerlich weiter zu seinem Schreibtisch.
„Eigentlich...", sagte sie, als sie vor dem Stuhl stand, auf dem sie gestern saß, „wollte ich mich nochmal bei Ihnen entschuldigen Sir."
„Das haben Sie gestern bereits. War es das? Dann können Sie gehen.", sagte er kurz und knapp und wandte sich wieder den Aufsätzen zu.
„Sir.", meinte sie energisch.
„Was, Miss Granger?", fragte er genervt und warf die Feder unsanft auf den Schreibtisch, bekleckerte dabei das Holz und auch die Unterlagen mit Tinte.
„Es tut mir wirklich leid.", sagte sie ernst und sah ihn eindringlich an. Er musterte sie, dann nickte er.

„Also, was soll ich heute machen?", wollte sie wissen, was er mit einem fragenden Blick kommentierte.
„Ich habe noch sechs Mal nachsitzen, nach heute fünf Mal. Was ist Ihre Strafe für mich?", fragte sie freundlich.
„Ich glaube Sie sind die erste Schülerin, die so auf das Nachsitzen pocht.", sagte er skeptisch.
„Ich will mir nicht nachsagen lassen, dass ich mich davor drücke.", meinte sie mit einem schiefen Lächeln.
Er seufzte und schüttelte den Kopf, „setzen Sie sich.", er zeigte auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
„Ich möchte, dass Sie Ihren Lieblingstrank, sofern Sie einen haben, aufschreiben, mit Zutaten und Zubereitung und Begründung. Sie haben solange Zeit, bis Sie fertig sind.", sagte er streng, mit einem Handschwenker hatte sie Papier, Feder und ein Fässchen Tinte, sie machte sich mit einem Lächeln auf den Lippen an die Arbeit.

Hermine schrieb über den Vielsaft-Trank, den sie nach dem zweiten Schuljahr in- und auswendig kannte, sie schreib Seite für Seite, Snape sah einige Male auf und schüttelte nur den Kopf.
Nach gut zwei Stunden war Hermine zufrieden mit dem was sie geschrieben hatte und räusperte sich, er sah erneut auf.
„Ich bin fertig.", sagte sie mit einem Lächeln auf den Lippen, sie hielt ihm ihre Seiten hin. Er nahm sie mit einer schnellen Handbewegung und musterte sie, „lassen Sie mich raten. Sie haben den Vielsaft-Trank genommen, richtig?", sie lächelte verlegen, dann las er ihren Aufsatz durch.
Es war wie Balsam für seine Augen und seine angestrengten Nerven, einige Male stahl sich ein fast schon stolzes Lächeln über seine Züge, was Hermine ebenfalls lächeln ließ. Er sah so anders aus, wenn er einfach er selbst war, keine böse Maske, kein süffisantes Lächeln, kein schadenfrohes Grinsen, einfach nur er selbst.
„Ich muss leider sagen, das ist der beste Aufsatz über den Vielsaft-Trank, den ich seit einer langen Zeit gelesen habe.", sagte er nachdenklich, „15 Punkte für Gryffindor.", gab er knirschend zu.
„Sir", sagte sie leise.
„Ehre wem Ehre gebührt Miss Granger", sagte er und sah zu ihr auf.
„Danke", sagte sie genauso leise wie gerade und lächelte leicht.

„Und jetzt gehen Sie ins Bett.", meinte er, legte den Aufsatz zur Seite und machte sich daran die anderen Aufsätze weiter zu korrigieren.
„Bis morgen", sagte sie freundlich, als sie aufstand und zur Tür lief.
„Miss Granger?", fragte er streng und sah sie an, Hermine hielt den Atem an und drehte sich um, sah ihn ängstlich an.
Er verstand ihren Blick falsch, stand auf und lief mit schnellen Schritten zu ihr, musterte sie besorgt.
„Keine Sorge... ich... wollte Ihnen nur sagen, dass mir Ihre Begründung nicht ganz schlüssig erscheint.", sagte er.
Hermine atmete erleichtert aus und lächelte ihn an, „ich hatte schon Angst Sie würden sagen, dass ich morgen nicht kommen soll."
Er sah sie skeptisch an.
„Ich denke, es kann manchmal sehr interessant sein jemand anderes zu sein, nicht für immer, aber in gewissen Situationen...", sie dachte an Tonks offenbar kläglichen Versuch sie zu verändern und schüttelte leicht lachend den Kopf. Er dachte ebenfalls daran und schmunzelte.
„Sie sind interessant genug.", meinte er leise, was Hermine aufblicken ließ, geradewegs in die schwarzen Tiefen seiner Augen.
„Bis morgen", sagte sie schwach und öffnete die Tür.
„Bis morgen", wiederholte er und hielt die Tür fest, als sie auf den Gang lief.
Er schloss die Tür leise, dann lehnte er seine Stirn an das Holz und atmete laut aus.
Zufrieden ging Hermine zurück in den Gemeinschaftsraum, in dem Harry schon auf sie wartete.
„Du kommst spät", stellte er leise fest, als sie sich durch das Portal schlich.

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