Kapitel 1: Grimmauld Place Nr. 12

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Die Holzscheitel im Kamin knackten leise als sich das Feuer durch das Holz brannte.
Es erfüllte den Raum mit Wärme und einem angenehmen Duft.
Durch das Fenster an der linken Seite des Raumes drang spärliches Licht, die Dämmerung hatte schon eingesetzt.
Das versteckte Haus in der unscheinbaren Straße war den ganzen Tag voller Leben und Trubel, doch sobald sich die Sonne verabschiedete, kehrte merkwürdigerweise mit einem Mal Ruhe ein.

Hermine saß auf dem Sofa vor dem Kamin und war in ein Buch vertieft.
Ihre Augen glitten über die Zeilen der alten Blätter, es war ein Buch aus der Bibliothek der Blacks, welches sich Hermine mit Erlaubnis von Sirus ausgeliehen hatte. Sie suchte sich das dickste Buch aus, was es dort gab und zog sich damit in die untere Etage zurück, in diesem Wohnzimmer war fast niemand, es war einfach zu weit weg vom Trubel der Weasley-Zwillinge, was Hermine ganz gelegen kam. Fred und George waren lustig und hatten viel Talent, wenn es darum ging anderen Leuten Streiche zu spielen, aber Hermine brauchte ab und zu eine Pause von den beiden Energiebündeln. Also ging sie in das abgelegene Wohnzimmer, entzündete ein Feuer im Kamin und flüchtete sich in das Buch.

Sie schlug gerade eine weitere Seite um, als es leise an der Tür klopfte, Hermine sah auf und blickte in das schmunzelnde Gesicht des Hausbesitzers, welcher in der Tür gelehnt da stand und sie ansah.
„Hermine Granger... die einzige junge Hexe, die sogar in ihren Ferien das dickste Buch freiwillig liest...", sagte Sirius mit einer samtigen, leicht lachenden Stimme.
„Es tut mir so leid für die Bücher... sie tragen so viel Wissen und werden einfach nie gelesen...", sagte sie und sah mitleidig auf das Buch.
Sirius lachte leicht, „das letzte Mal habe ich sie gelesen... das ist schon eine Weile her, das stimmt....", meinte er mit einem zerknautschten Gesichtsausdruck.
„Darf ich dir Gesellschaft leisten? Ich verspreche, ich werde meinen Mund halten.", sagte er und sah sie hoffnungsvoll an.
„Es ist dein Haus Sirius", sagte Hermine lachend. Er stieß sich leicht vom Rahmen ab, ging dann mit großen sicheren Schritten durch den Raum und setzte sich auf den Sessel, der etwas abseits vom Sofa stand, aber noch nah genug am Feuer, damit er sich wärmen konnte.

Als er sich setzte, richtete er noch einmal seine Weste, das Sakko war geöffnet, dann schlug er die Beine übereinander, zauberte sich ein Glas Wein und blickte ruhig in die Flammen.
Hermine konzentrierte sich derweil wieder auf das Buch und verschlang eine Seite nach der anderen. Nach einer Weile, als das Glas leer war, wandte Sirius seinen Blick zu Hermine, er musterte sie. Die Haare zu einem Zopf gebunden, die aufmerksamen Augen flogen nur über die Zeilen, das Licht- und Schattenspiel des Feuers tanzte auf Hermines Gesicht, sie trug ein locker sitzendes Sweatshirt, eine bequeme Hose, warme dunkle Socken, vor dem Sessel standen Hausschuhe.
Sie sah aus, als wäre sie hier zuhause, was Sirius erstaunte und freute gleichermaßen, er fühlte sich in diesem Haus nie wohl und heimisch.

Er musste leicht schmunzeln, während sie las formte sie einige der Worte mit den Lippen, hier und da stahl sich ein Lächeln auf ihre Züge. Er schüttelte den Kopf und lehnte ihn erschöpft gegen die Lehne des Sessel, er schloss die Augen, die Wärme und die bitter benötigte Ruhe forderten ihren Tribut, er dämmerte in einen leichten Schlaf.
Als Hermine nach einer Weile ein weiteres Kapitel beendet hatte, sah sie auf, sie sah auf Sirius, er saß recht entspannt im Sessel. Den Kopf an die Lehne gelegt, nahm er tiefe ruhige Atemzüge.
Hermine dachte, er würde schlafen, sie sah ihn an, die braunen sanften Locken waren wohl geordnet und an Ort und Stelle, um die blauen Augen, die gerade geschlossen waren, bildeten sich leichte Falten, aber nicht übermäßig tief oder viele, es waren kleine Lachfalten, die sein Gesicht schmückten und Hermine schmunzeln ließen. Er hatte hohe Wangenknochen, sie ließen ihn zum Teil adelig aussehen. Seine Lippen lagen ruhig aufeinander, sie hatten eine gesunde Farbe, waren wohlgeformt und wurden von einer gepflegten Bartpartie umrundet. Der Kragen seines Hemdes war leicht geöffnet, die obersten Knöpfe allerdings alle geschlossen, darüber zeichnete sich die dunkle Weste ab mit einer Taschenuhr in der kleinen Tasche, über der Weste trug er ein dunkelgrünes Sakko. Er wirkte sehr viel gesünder als vor zwei Jahren, als sie ihn vor den Dementoren gerettet hatten.
Er hatte eine gesunde Gesichtsfarbe und wieder an Gewicht zugelegt, er war immer noch recht schlank, aber breiter in Brust und Schultern.
Die Jahre in Askaban sah man ihm deutlich an, er wirkte älter, als Männer seines Alters, aber durch die schelmischen Züge wurde dieses Manko voll und ganz ausgeglichen.
„Er hat einen angenehmen Zug um den Mund", hatte sie einmal jemanden sagen hören, dass man Sirius gerne zuhörte, wenn er sprach.
Hermine konnte dem nur zustimmen, sie hörte ihm wirklich gerne zu, wenn er ihr etwas erzählte, egal ob ernste oder lustige Themen. Er war ein angenehmer Zeitgenosse und sie empfand die Zeit mit ihm als Bereicherung. Außerdem war er ein wichtiger Teil des Orden des Phönix, er stellte dem Orden den Grimmauld Place zu Verfügung und war eine große Stütze für Remus, Molly und Arthur, auch wenn er das Haus nicht alleine verlassen durfte.
Er brachte immer irgendwie eine Art Entspannung und Ruhe in die Runde. Er hatte von allen wohl am meisten Zuversicht in der ganzen Sache. Hermine starrte Sirius die ganze Zeit an und nahm doch nichts wahr.

„Ist das Buch doch nicht mehr so interessant?", fragte er verschlafen und müde, als er sich leicht streckte und ihren Blick bemerkte.
Hermine errötete und wandte den Blick schnell von ihm ab, Sirius lachte leicht und rieb sich seine Augen, als es ein weiteres Mal im Türrahmen klopfte.
„Hermine Spätzchen, du solltest jetzt auf dein Zimmer, es ist schon spät... Sirius, gleich findet eine Besprechung des Ordens statt, Remus wartet oben auf dich, Severus ist auch schon da.", sagte Molly Weasley und sah liebevoll zu Hermine. Hermine seufzte, sah auf das Buch und klappte es zu.
„Du kannst es ruhig mitnehmen", sagte Sirius, der schon aufgestanden war und ihr eine Hand hinhielt, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Er war ein Gentleman, durch und durch.
Hermine lächelte ihn an, nahm seine Hand und stand auf. Sie zog sich ihre Hausschuhe an und sah noch einmal zu Sirius.
„Nach dir", meinte er und nickte, eine Hand war in Richtung Molly gehalten, die andere näher an ihm, als Hermine an ihm vorbei lief, legte er seine Finger ganz leicht auf ihren Rücken und schob sie sanft zu Molly. Molly nahm Hermine leicht in die Arme und ging vor, Hermine hinterher, danach Sirius.

Als sie die Treppen hoch gingen, hörte Hermine bereits die Zwilling, die sich, seit sie volljährig waren die ganze Zeit durch das ganze Haus apparierten und Molly dabei jedes Mal zu Tode erschreckten. Ginny, Ron lachten, Harry unterhielt sich in einer Ecke mit Remus, in der anderen stand Tonks und musterte Remus, sie sah ihn in letzter Zeit oft an, meistens mit einem traurigen Blick. Hermine konnte sich ungefähr denken, was Tonks belastete und fühlte jedes Mal Mitleid, wenn sie sah, wie sehr Remus sie ignorierte.
Das Buch an ihre Brust gepresst kam Hermine oben an, Molly lief in die Küche, Ginny und Ron standen auf der Treppe nach oben, Fred und George spukten durch die Hallen, Hermine schüttelte den Kopf und seufzte.

Sirius bemerkte ihren Gemütsumschwung und beugte sich leicht zu ihr, „glaub mir, ich kann mir auch etwas Schöneres vorstellen, als jetzt stundenlang mit Schniefelus in einem Raum eingesperrt zu sein. Schniefelus und seine völlig überzogenen Einwänden... das wird sich nie ändern.", flüsterte er an ihr Ohr und nickte in eine Richtung, aus der Professor Snape sich mit schnellen Schritten näherte.
„Na? Setzt du jemandem wieder einen Floh ins Ohr? Davon hast du ja genug Black...", sagte Professor Snape mit einem süffisanten Grinsen auf dem Gesicht.
Sirius beugte sich wieder zu Hermine, „das sind die Fledermausohren, deswegen hört er alles...", flüsterte er weiter. Hermine musste sich ein Schmunzeln verkneifen, die Spannung zwischen den beiden konnte man förmlich spüren.
„Gehen Sie nach oben und lesen Sie Ihr Buch Granger, das können Sie doch am besten.", sagte er mit einer gehobenen Augenbraue, als er ihren Gesichtsausdruck wahrnahm.
„Lass sie in Ruhe Schniefelus, es reicht schon, wenn sie dich in der Schule ertragen muss...", sagte Sirius nun laut und schob Hermine zur Treppe.
„Hat da jemand einen Beschützerinstinkt entwickelt oder liegt das einfach nur an der Frisur, dass sie dir leid tut?", fragte Snape mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Spitze.
Sirius wollte gerade etwas kontern, als Hermine abwinkte, „schon gut Sirius, der Professor ist wohl einfach eingeschnappt, weil es kein Buch über Zaubertränke ist...", sagte Hermine und ein wissendes Lächeln legte sich über ihr Gesicht. Snape hob die Augenbraue noch ein Stück höher, schnaubte dann und ging in die Küche zu den anderen Ordensmitgliedern.
Sirius sah stolz zu Hermine und lachte, „bis morgen. Schlaf gut."
„Viel Spaß", sagte Hermine und lachte ebenfalls, ging dann die Treppe nach oben in ihr Zimmer. Sie teilte sich ein Zimmer mit Ginny, welche auf ihrem Bett saß und sie freundlich anlächelte, als sie das Zimmer betrat.

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