Kapitel 127: Eine gute Seele

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Hermine war aufgeregt, ihr Herz pochte wie wild, sie war hin und her gerissen, sollte sie einen Schritt auf ihn zu gehen?
Sie hatte den Trank nicht umsonst mitgenommen, oder?
Konnte sie über all das hinweg sehen?
Konnte sie es wenigstens für einen Abend vergessen?
Sie hatte Remus und Tonks im Kopf, das Für und Wider. Während ihrer Grübelei merkte sie nicht, wie Severus den Schritt auf sie zu ging, für den sie zu unsicher war.
Er strich vorsichtig über ihre Wange, Hermine sah erschrocken zu ihm hoch, sie hielt den Atem an. Seine Hand war so warm und weich, er strahlte etwas aus, was ihr sehr gefehlt hatte: Geborgenheit, Vertrauen und Liebe.
Sie konnte die Tränen nicht länger aufhalten, sie liefen unaufhaltsam über ihr Gesicht, tränkten zum Teil Severus' Hand.
Er schluckte, presste die Kiefer aufeinander, zog die Hand von ihrem Gesicht zurück, bis er plötzlich ihre Hand an seiner spürte. Hermine umklammerte seine Hand, legte sie zurück an ihre Wange und lehnte ihr Gesicht an sie.

Severus legte seine andere Hand an ihren Nacken und zog sie in seine Arme. Hermine krallte sich an ihn, sie hatte so lange auf ihn verzichten müssen und es schmerzte umso mehr, jetzt, wo sie wieder in seinen Armen gelehnt stand. Sie drückte ihn vorsichtig zu seinem Schlafplatz, zauberte aus der unbequemen Bahre eine weichere Matratze. Er setzte sich hin als er die Matratze in seinen Kniekehlen spürte, ließ Hermine los.
Sie strich über sein Gesicht, durch seine Haare, zog seinen Kopf zu ihrem und lehnte ihre Stirn an seiner. Er streichelte vorsichtig über ihre Finger, nahm tiefe Atemzüge um ihren Blumenduft zu verinnerlichen. Sie setzte sich rittlings auf seinen Schoß, öffnete langsam die Knöpfe seiner Robe und schob den Stoff von seinen Schultern.

Sie erschrak leicht, als sie erkannte, wie viel er wirklich abgenommen hatte, streichelte vorsichtig und traurig wieder über seine Haut. Nicht lang nachdem sie die Robe von ihm geschoben hatte fing er an zu zittern, sie drückte sich an ihn, zauberte einen Wärmezauber über ihn und vergrub ihr Gesicht an seinem Nacken, legte ihre Lippen an seine Haut.
Zwischen diesen kalten Wänden lag so viel Schmerz und Kummer, ein greifbarer Verfall und vor allem Sehnsucht.
Sie warf ihre Wut und die Erschütterung, die die Wahrheit in ihr ausgelöst hatten über Bord, lehnte sich wieder zurück und sah über sein Gesicht, es wirkte ebenso voll Kummer, wie er selbst war. Hermine streichelte mit dem Daumen über seine Lippen und legte dann ihre eigenen wollend auf seine, küsste ihn mit solche einer Intensität, dass ihr wieder die Tränen in die Augen stiegen.
„Schlaf mit mir", nuschelte sie an seine Lippen, er nickte nur, legte sie vorsichtig auf das Bett, zog seine Hose aus und tastete an ihrem Körper entlang.
„Lass mich dir helfen", flüsterte sie, befreite sich schnell von ihrer Kleidung und küsste ihn wieder.
„Hermine", seine Stimme war verhalten, er schloss die Augen und zog die Augenbrauen zusammen, sie sah ihn neugierig an.
„Was ist los?", fragte sie sanft.
„Ich... glaube ich kann nicht...", sie hörte den Schmerz in seiner Stimme, er hätte vermutlich sehr gerne mit ihr geschlafen, aber die Umgebung, die Erblindung und sein allgemeiner körperlicher Zustand zogen ihm einen Strich durch die Rechnung.
Er setzte sich langsam auf, darauf bedacht, ihr nicht weh zu tun, suchte nach seinem Umhang und warf ihn sich über.

„Da hast du wohl umsonst den Trank geholt...", sagte er schuldbewusst.
„Ist schon gut, es gibt schlimmeres.", gab sie immer noch sanft zurück und setzte sich auf, zauberte seine Kleidung wieder an, damit er nicht fror und zog sich dann selbst langsam wieder an.
„Es tut mir leid", kam es beschämt von ihm, während er sich wieder in eine Ecke verkroch, er wirkte wie ein gebrochener Mann.
„Dir muss nichts leidtun... in dieser Zelle kommt auch nur wenig Stimmung auf.", sie nahm seine Hand und drückte sie.
Er nahm einen tiefen Atemzug, strich sich mit der anderen Hand über die Augen, legte den Kopf in den Nacken.
„Ich wünschte es wäre endlich alles vorbei", sagte er matt, „dass Harry die Horkruxe zerstört und der Krieg beendet wäre. Es ist mir schon fast egal, ob ich es überlebe oder nicht...", er sprach leise und kraftlos.
Er spürte offenbar die Wut, die in ihr aufkam und seufzte, „Ich halte das nicht mehr aus hier... nichts sehen, nicht zaubern... vollkommen alleine und isoliert.", er drehte den Kopf zu ihr, „Und du... du verachtest mich. Ich habe wirklich alles verloren", eine kleine Träne lief über seine Wange, tropfte auf Hermines Hand, die immer noch um seine geschlungen war.
„Ich verachte dich nicht, sonst hätte ich wohl kaum mit dir schlafen wollen...", sagte sie leise und traurig.
Tust du doch!, mischte ihre Stimme mit, nein... ich verachte ihn nicht, oder? Nein.. nein.. wenn ich ehrlich bin... ich vermisse ihn...

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