1: Der Fremde

1.3K 36 0
                                    

-Jamie-

Ich kniff die Augen leicht zusammen, um in der Dunkelheit etwas besser zu erkennen. Mein einer Scheinwerfer war seit zwei Tagen kaputt und ich hatte noch keine Chance ihn auszuwechseln. Also schaltete ich nun das Fernlicht an, da es so aussah, als würde sich etwas weiter vorne auf der Straße etwas bewegen. Tatsächlich taumelte dort eine junge Frau entlang. Ich fuhr langsamer, bis ich schließlich neben ihr war. Dann fuhr ich das Beifahrerfenster runter.

-Natasha-

Mir schossen immer wieder seine Worte in den Kopf und die Bilder, wie er vor mir stand und mit mir Schluss gemacht hatte. Eigentlich dachte ich, dass ich das Alles mit dem Alkohol ertränkt hatte, aber nun kam es wieder. Ich taumelte weiter die Straße entlang und versuchte in meinen High Heels nicht umzuknicken. Plötzlich hörte ich einen laufenden Motor neben mir. Ich blickte zur Seite und schaute in das Gesicht eines blonden Mannes. Seine blauen Augen blickten mich zweifelnd an. ,,Kann ich Ihnen helfen?", fragte er. Ich blieb stehen, woraufhin er seinen Motor ausschaltete. ,,Ich muss nach Hause.", erwiderte ich oder zu mindest versuchte ich das. Denn er runzelte die Stirn und presste die Lippen leicht aufeinander. Dann beugte er sich rüber und öffnete die Beifahrertür. ,,Steig ein. Ich nehm' dich mit.", meinte er und hatte dabei einen seltsamen Ausdruck in den Augen. Ich stolperte auf das Auto zu und fiel halb rein. ,,Danke...", gab ich von mir und er nickte. ,,Da ich nicht weiß, wo du wohnst und du ziemlich undeutlich sprichst, nehme ich dich mit zu mir, okay?", während er redete, startete er den Motor. Ich nickte nur. Dann nahm ich mein Handy hervor. Als Sperrbildschirm hatte ich mein Lieblingsbild von meinem Idol. (Bild) Ich streckte es dem Mann neben mir hin. ,,Schau mal.", meinte ich lächelnd. Er guckte kurz auf mein Handy und sein Gesichtsausdruck änderte sich etwas. ,,Schön.", meinte er mit einem verbissenem Lächeln und klammerte sich um das Lenkrad. ,,Das ist mein Idol. Er heißt Jamie. Und ich bin ihm so unendlich dankbar. Ohne ihn würde ich nicht mehr leben.", erzählte ich ihm seufzend. Er schaute mich nachdenklich an und zog dann irritiert die Stirn in Falten. Hatte er mich überhaupt verstanden? ,,Wieso würdest du nicht mehr leben?", hakte er dann nach. ,,Mir ging es ziemlich beschissen und ich habe immer wieder mit dem Gedanken gespielt mich selbst umzubringen, damit alles leichter wird. Und dann hat sich ein Freund von ihm umgebracht. Wenig später kam dann das Lied ,Letters to the Lost' in dem Jamie immer wieder darüber sang, dass er hätte helfen können und auch wie traurig er ist. Er wünscht sich auch, dass er es ihm gesagt hätte und ihn jetzt nicht mit dem Fluch leben lässt, zu wissen, dass er hätte helfen können, es hätte versuchen müssen, sich einsam zu fühlen, wenn er an sein Lächeln denkt oder wütend zu werden, wenn er darüber nachdenkt, was sein Freund alles verloren hat. Ich habe neue Kraft bekommen und jetzt immer, wenn es mir schlecht geht, höre ich mir das Lied an oder schaue Videos, die Fans bearbeitet haben. Immer wenn er lacht, bringt mich das zum Lächeln.", erklärte ich und versuchte so deutlich zu reden wie möglich. Der Mann neben mir hatte die Stirn zwar durchgehend gerunzelt, aber er schien mich zu verstehen. Als ich endete, hatte er ein trauriges Lächeln auf den Lippen. ,,Dann scheint er ja zu mindest etwas zu erreichen. Wenn er sich die Schuld gibt, dass sein Freund sich umgebracht hat, hat er wenigstens dich davon abhalten können.", meinte er dann, doch der Griff um das Lenkrad wurde nicht lockerer. ,,Ja und er weiß es nicht mal. Vielleicht, wenn er wüsste, wie vielen Fans er Kraft gibt, weiter zu machen, würde er sich nicht mehr ganz so schlecht fühlen. Deswegen will ich ihn auch unbedingt mal sehen, um ihm das sagen zu können. Aber ich werde wahrscheinlich nie die Möglichkeit haben.", jammerte ich. Er schaute mich wieder mit gerunzelter Stirn an. Wenn er so weitermachen würde, würde er ziemlich früh Falten bekommen. ,,Irgendwann wird sich die Möglichkeit bestimmt ergeben. Vielleicht schon sehr bald und du ahnst es nur noch nicht.", erwiderte er nach einem Moment und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. Ich merkte, dass er immer etwas brauchte, um meine Worte zu entschlüsseln. Aber er schien sich anzustrengen. Ich seufzte leise und entsperrte mein Handy. Dabei merkte ich, wie der Blick des Mannes auf mein Handy gerichtet war. Sofort prankte mir ein Bild von mir und meinem Ex entgegen. Wir waren am Tanzen und lächelten uns glücklich an. ,,Ist das dein Freund?", fragte der Mann neben mir. ,,Exfreund. Ich muss es noch ändern.", meinte ich und schluckte schnell, damit ich nicht anfing zu weinen. Dann öffnete ich meine Galerie, doch fand nichts, was ich jetzt als Hintergrund nehmen wollte. Also nahm ich einen dieser Standardhintergründe. ,,Wieso Exfreund?", hakte er nach. Ich schaute ihn an. In seinen blauen Augen stand Anspannung und Verwirrung. Wieder war seine Stirn gerunzelt. ,,Er hat mich betrogen und heute mit mir Schluss gemacht.", kam es gebrochen von mir. Seine Augen wurden mitfühlend und die gerunzelte Stirn verschwand. ,,Deswegen bist du betrunken.", stellte er jedoch dann nur fest. Ich nickte leicht. ,,Er ist ein Arschloch, wenn er dich betrügt.", meinte er dann und blickte wieder auf die Straße. Ich dachte kurz darüber nach und ließ es sacken. Er hatte Recht. ,,Wie heißt du eigentlich?", fragte er dann nach einem Moment Stille. Erst da fiel mir auf, dass sehr leise der Radio lief. ,,Natasha und du?", erwiderte ich und drehte mich so, dass ich seitlich war, den Kopf anlehnen konnte und ihn dabei ansah. ,,James.", erwiderte er und wirkte wieder sehr angespannt. ,,Jamie heißt eigentlich auch James. Ist ja witzig.", murmelte ich und merkte, wie ich müde wurde. ,,Ja, was ein Zufall.", gab er scharf von sich und schnalzte dann einmal mit der Zunge. Ich musste leicht lächeln und schon fielen meine Augen zu. Wenig später wurde ich abgeschnallt und aus dem Auto gehoben. ,,James?", murmelte ich leise und verschlafen, ohne die Augen zu öffnen. ,,Ja?", kam es von ihm und ich spürte seine Stimme in seiner Brust vibrieren. ,,Danke...", wisperte ich, bevor ich komplett vom Schlaf übermannt wurde.

A drunken NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt