2: Die Erkenntnis

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Mit dröhnenden Kopfschmerzen wachte ich auf. Langsam öffnete ich meine Augen und kniff sie sofort wieder zusammen. Im Raum war es zwar dunkel, aber dennoch zu hell. Ich stöhnte vor Schmerz auf und drückte meine Hand gegen meine Stirn, die sogar ziemlich kühl war. ,,Guten Morgen...", ertönte dann eine raue Stimme verschlafen neben mir. Oh Gott. Hatte ich betrunken mit jemandem geschlafen? Hilfe! Ich wusste nichts mehr! Wobei doch... Ich war betrunken die Straße entlang getaumelt und dann war ein Auto neben mir gehalten. Ein Mann hatte mir geholfen... Er hieß James. Ich hatte ihm von Jamie erzählt und von meinem Ex. Nie wieder Alkohol. Neben mir ging etwas hoch und dann hörte ich nur, wie die Tür aufging und wieder zufiel. Ich zischte bei dem Geräusch auf und hielt mir noch mehr den Kopf. Dann ging die Tür wieder auf und das Bett senkte sich neben mir. ,,Ich habe dir eine Aspirin geholt.", ertönte wieder die raue Stimme, die mir seltsamerweise sehr bekannt vorkam. Nur in weniger rau. Blind griff ich in die Luft um an die Aspirin zu kommen, doch ich griff ins Leere. ,,Warte, ich helfe dir.", murmelte wahrscheinlich James. Dann spürte ich ein Glas an meinen Lippen und begann zu trinken. Die Apsirin wirkte zwar ziemlich schnell, aber dennoch vergrub ich mein Gesicht wieder im Kissen. ,,Danke...", murmelte ich leise. ,,Kein Problem.", kam es von James. Dann schwieg er kurz. ,,Sag mal, erzählst du das mit deinem Idol eigentlich immer, wenn du betrunken bist?", hakte er irgendwann nach. ,,Ja, meistens.", murmelte ich und war froh, ihm gerade nicht ins Gesicht gucken zu müssen. ,,Dann werden ja bald ziemlich viele verdammt gut von mir denken.", kam es plötzlich von ihm. Ich zog die Stirn in Falten, richtete mich etwas auf und öffnete dann langsam meine Augen. Das Erste, was ich sah, waren wunderschöne blaue Augen. Blaue Augen, die mir verdammt bekannt vorkamen. Darauf folgten blonde verwuschelte Haare, ein Ring am rechten Nasenflügel, ein Ohrring am linken Ohrläppchen und vertraute Tattoos, die ich schon viel zu oft in meinem Leben gezeichnet hatte. Mit großen Augen starrte ich ihn an und schlug mir die Hand vor den Mund.

-Jamie-

Sie starrte mich fassungslos an und schlug sich die Hand vor den Mund. ,,Bitte nicht schreien...", meinte ich nur flehend. Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf und ich sah Tränen in ihre Augen steigen. Und schon quillten die ersten Tränen hervor. Unbeholfen saß ich da und schaute sie an. Was sollte ich denn jetzt machen? ,,Oh mein Gott...", hauchte sie, immer noch die Hände vor dem Mund. Weitere Tränen flossen. Ich wurde langsam sehr unsicher und wippte mit dem Bein auf und ab. Als sie mich weiterhin nur anstarrte und Tränen aus ihren Augen liefen, kratzte ich mich am Kinn und spürte leichte Bartstoppeln. Okay, ich musste mich heute rasieren. ,,D-du bist es wirklich, oder? Ich träume jetzt nicht oder bin immer noch betrunken, oder?", fragte sie dann irgendwann leise. ,,Jap, ich bin es. Live und noch ein bisschen verschlafen.", erwiderte ich grinsend. Ihre Augen leuchteten auf. ,,D-darf ich dich umarmen?", fragte sie plötzlich schüchtern. ,,Klar darfst du.", grinste ich und breitete die Arme aus. Keine Sekunde später hielt ich Natasha in den Armen. Etwas zittrig lagen ihre kalten Hände auf meinem nackten Rücken. Ich legte vorsichtig, als wäre sie eine Glaspuppe, die Arme um ihre Schultern und hielt sie so. So war es mir viel lieber, als dass sie vor mir saß, geschockt war und weinte. Sanft fuhr ich mit den Fingern durch ihre dunkelblonden Haare. Während ich sie umarmte, stieg mir der Geruch von etwas Fruchtigem, aber auch von etwas wie Hafermilch und etwas Süßliches in die Nase. Das Süßliche war mit Sicherheit der Alkohol von gestern, jedoch gingen die anderen beiden Gerüche von ihrem Haar aus. Vorsichtig, damit es nicht zu auffällig war, vergrub ich meine Nase ein bisschen in ihren Haaren, wo der Geruch noch intensiver wurde. Wir saßen bestimmt fünf Minuten da und umarmten uns einfach. Dann löste sie sich langsam von mir. ,,Gott, das ist soo peinlich.", murmelte sie plötzlich. ,,Was denn?", lachte ich. ,,Ich treffe dich endlich, dann bin ich aber betrunken, halte dir einen Vortrag über dich und dann bin ich im Zustand: eben erst aufgewacht.", seufzte sie und fuhr sich mit der Hand über's Gesicht. Ich lachte leise.

-Natasha-

Während Jamie leise vor sich hinlachte, guckte ich an mir runter. Gestern hatte ich High Heels und ein verdammt enges Kleid getragen. Nun trug ich keine Schuhe mehr und hatte ein weites weißes Shirt an. Jamie schien meinen Blick zu bemerken. Er kratzte sich am Hinterkopf. ,,Ich habe dir die Schuhe und das Kleid ausgezogen und dir ein Shirt von mir angezogen, weil ich dachte, dass das für dich gemütlicher wäre. Sorry, wenn du das nicht wolltest.", meinte er dann. ,,Nein, danke, alles gut. Ich habe mich nur kurz gewundert.", beeilte ich mich zu sagen. Ich musste ein Grinsen unterdrücken, als mir auffiel, was das hieß. Jamie hatte mich in Unterwäsche gesehen. Nicht nur das. Er war derjenige, der mich ausgezogen hatte und mir dann wieder etwas übergezogen hatte. Schnell biss ich mir auf die Unterlippe, um das Grinsen zu unterdrücken. Erst jetzt wurde mir noch mehr klar. Ich hatte zusammen mit Jamie Campbell Bower in einem Bett geschlafen. Ich saß gerade in seinem Bett. Ich war gerade in seiner Wohnung. Ich war mit ihm in seinem Auto gefahren. Er hatte mich getragen. Ich hatte ihn direkt nach dem Aufwachen gesehen. Ich trug sein Shirt. Mein Puls ging sofort schneller und ich konnte nicht anders, als ihn überglücklich anzustrahlen. Er zog etwas irritiert eine Augenbraue nach oben, grinste dann aber auch. ,,Machst du so etwas öfters?", fragte ich dann grinsend. ,,Was? Betrunkene von Landstraßen aufgabeln und mit zu mir nehmen?", hakte er ebenfalls grinsend nach. Ich nickte. ,,Wieso?", fragte er lachend. ,,Dann überlege ich mir, ob ich vielleicht nicht einfach öfters betrunken auf einer Landstraße rumtaumle.", kicherte ich. Jamie sagte darauf nichts, sondern grinste nur noch breiter. Ja, das war definitiv der Mann, den ich im Internet verfolgte und bewunderte. Der Mann, der mir Kraft gegeben hatte, als ich am Boden zerstört war. Er saß live, mit verwuschelten Haaren, oberkörperfrei, in Jogginghose und strahlend blauen Augen vor mir und grinste mich an.

A drunken NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt