Ein unerfreulicher Zusammenstoß

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Genervt laufe ich die Straße zur Bushaltestelle hinunter. Passend zu meiner Laune - so als würde der Himmel mich ärgern wollen - nieselt es. Ich habe nichts gegen anständigen Regen - als gebürtige Londonerin muss ich Regen ja schließlich mögen - aber dieser blöde Nieselregen verdirbt mir doch immer wieder die Laune. Heute ist garantiert der beschissenste Tag meines ganzen Lebens!

Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass heute Montag nach den Sommerferien ist gibt es da ein paar Fakten, die mich gewaltig stören:

1. Ich habe soeben den Bus verpasst. Ich komme zu spät. Das alleine ist noch nicht sehr schlimm aber leider folgt darauf eine unumgängliche - meiner Meinung nach völlig überholte und unnötige - Konsequenz.

Ich werde direkt am ersten Schultag nach den Ferien in der ersten Stunde - mehr in den ersten 20 Minuten - eine Strafarbeit bekommen

Kann der Tag noch schlimmer beginnen? Diese Frage bringt mich wieder zurück zu Punkt 2.

2. Es nieselt. Ich hasse Nieselregen.

3. Gleich werde ich meine verhassten Klassenkameraden wieder sehen.

Und schließlich der gravierendeste Punkt.

4. Heute kommt der Parasit.

Allein dieser Satz hätte schon gereicht, um mir die Laune zu verderben.

Die Freundin von meiner Mutter ist gerade in ihrer Midlifecrisis und hat beschlossen, ein Jahr nach Südamerika zu ziehen und zu Trommeln zu tanzen.

Meine Mutter nennt es "Das Kennen lernen von einer fremden Kultur" und ist total begeistert.

Sie hat ihr - naiv und dumm - versprochen, ihre Freundin "immer zu unterstützen egal was auch kommt". In Wahrheit würde sie selbst auch am Liebsten abhauen aber dazu hat sie leider zu viel Anstand. Und ihre Freundin hat das natürlich sofort ausgenutzt, ob meine Mutter denn bitte - sie wisse ja, es sei viel verlangt - ihren Sohn bei sich aufnehmen könne. Es sei ja nur für ein Jahr und wenn sie es nicht täte, müsse er zu ihren Eltern und das würde sie ihm echt nicht antun wollen. Leider sei er ja gerade erst 17 geworden und könne daher nicht für sich alleine sorgen. Er sei aber sehr pflegeleicht und so weiter und so weiter.

Und meine Mutter hat zugesagt! Manchmal frage ich mich ernsthaft, wer der Erwachsene im Haushalt ist. Und jetzt werde ich gezwungen mein Zimmer mit diesem Parasit - ach ja nein es hat ja einen Namen: Alex - zu teilen. Als hätte ich keine anderen Probleme!

Eine vernünftige Mutter würde sich vielleicht Gedanken darüber machen, ihre 16 jährige Tochter ein Jahr lang mit einem fast 18 Jährigem in einem Zimmer schlafen zu lassen.

Wie gesagt eine vernünftige Mutter. Als hätten meine Mutter und ich nicht schon genug Stress auf dem engen Raum auf dem wir leben. Okay das ist etwas übertrieben, aber meine Mutter hat es geschafft, eine Wohnung zu kaufen, die zwar groß ist, aber nur drei Zimmer hat - aber dafür drei Bäder und eine Küche. Jetzt haben wir also ein riesiges Wohnzimmer, mein eigenes geliebtes Zimmer und das von meiner Mutter. Soll der Parasit doch bei meiner Mutter schlafen!

Aber nein, das geht ja nicht. Zähneknirschend stehe ich auf und laufe los.

Ich brauche jetzt unbedingt Kaffee. Kaffee, oh du Liebste all meiner legalisierten Drogen.

Ich fingere meinen iPod - ein Deine-Mutter-Und-Ich-Haben-Uns-Scheiden-Lassen-Aber-Der-iPod-Macht-Doch-Alles-Wieder-Gut-Geschenk - aus meiner Tasche und ziehe gleichzeitig die Kapuze meiner grünen Sweatshirtjacke über meine braunen Haare. Das letzte, was ich heute noch brauche, sind aufgeweichte Haare!

Ich laufe weiter, während ich die Kopfhörer in meine Ohren stöpsele und meine Playlists durchsehe. Dann plötzlich spüre ich einen kräftigen Schlag und mein iPod fliegt mir - mitsamt der Kopfhörer - aus der Hand. Ich sehe blondes lockiges Haar und blicke dann in das Gesicht des Jungen gegen den ich gelaufen bin.

Der Neue *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt