Mein neuer Mitbewohner

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Ich trete langsam durch den Flur auf mein Zimmer zu.

Ich öffne die Türklinge und bin erst mal schockiert. Mein schönes Zimmer ist voller Jungensachen! Neben meinem Bücherregal liegen Hanteln. Mein Kleiderschrank ist offen und ich sehe Boxershorts darin. Okay, ganz ruhig. Verkneife dir den Schreianfall, Melanie. Alles wird gut. Dann sehe ich die Ursache alles Schlimmen. Auf dem Bett liegt er.

Anscheinend hört er Musik und hört mich nicht. Bemerkt hat er mich auch noch nicht.

Moment! Bitte lass das nicht wahr sein! Die selben blonden Haare, die selben goldenen Augen, die selben markanten Gesichtszüge. Das ist der Typ von heute morgen. Und er sieht gut aus.

"Irgendjemand im Himmel hasst mich ganz eindeutig!", sage ich halblaut.

Endlich bemerkt Blondie auch, dass ich im Zimmer stehe und zieht sich die Stöpsel aus den Ohren.

"Hey, ich bin Alex.", stellt er sich freundlich vor.

"Das freundliche Getue kannst du dir sparen."

Er mustert mich noch einmal genauer, dann weiten sich seine Augen überrascht und er erstarrt - den Mund weit offen.

"Du siehst bescheuert aus.", informiere ich ihn, was zugegebenermaßen nicht stimmt. Er sieht hinreißend aus.

"Okay, so habe ich mir das nicht vorgestellt.", sagt er langsam. "Aber ich bin sicher, wir kommen mit der Situation zurecht."

"Also erst einmal räumst du sofort meinen Kleiderschrank aus! Dann gehst du von meinem Bett runter! Ich werde gleich mit Kreide einen Strich durch die Hälfte des Raumes machen und meinetwegen kannst du auf deiner Seite machen, was du willst. Arghhhhh!"

Ich lasse mich auf mein Bett fallen und strecke meine Arme und Beine aus, die an etwas stoßen. Ich schaue nach links und sehe direkt in Alex' Augen. Irgendwie wird mir etwas schummrig. Und sein Aftershave riecht so gut. Schluss jetzt!

"Gehst du jetzt von meinem Bett runter?", frage ich gereizt.

"Und wo soll ich schlafen?"

"Ist das mein Problem? Von mir aus da wo der Pfeffer wächst."

Es klopft an der Tür. Ich seufze laut auf. "Oh, nicht das noch!"

Die Tür geht auf und meine Mutter schaut rein.

"Also, Mutter. Wir gehen das noch einmal durch, okay?! Wenn jemand an die Tür klopft, wartet man darauf, dass die Person hinter der Tür: "Herein" sagt. Okay?!"

"Keine Angst, Alex. So ist sie immer drauf. Das hat nichts mit dir zu tun."

"Also, Mutter. Was willst du jetzt von mir und dem da?" Ich deute mit dem Kopf auf Alex.

"Alles klar?", fragt sie ihn. Ich verdrehe die Augen.

"Er da braucht ein Bett. Du willst doch nicht, dass wir in einem Bett schlafen, oder?"

"Übertreibe nicht, Melanie. Das Bett kommt noch, zusammen mit dem Kleiderschrank und dem Fernseher."

"Wie bitte? Ich glaub, ich höre wohl nicht richtig! Ich habe dich tagelang angebettelt, einen Fernseher zu bekommen. TAGELANG! Und jetzt?!"

"Keine Angst, Alex. So einen Ausraster bekommt sie durchschnittlich drei bis sieben Mal am Tag."

"So jetzt reichts! Ich bin ja schon leise." Ich tue so, als würde ich mit einem Schlüssel meine Lippen versiegeln.

"Danke, Herr im Himmel!" Meine Mutter hebt ihre Hände in den Himmel.

Ich grummele vor mich hin, während Alex einen supernetten Smalltalk mit meiner Mutter hält.

Demonstrativ stöpsele ich meine Kopfhörer ein und drehe die Musik voll auf.

Dann - ein Glück! - gehen Alex und meine Mutter aus meinem Zimmer.

Animal dröhnt mir in die Ohren. Ich springe auf und tanze mir die Seele aus dem Leib. Es tut so gut, einfach alles loszulassen! Ich schwinge meine Hüften und mache die komischsten Tanzbewegungen. Irgendwann kann ich dann nicht mehr und lasse mich auf mein Bett fallen. Ich ziehe meine Kopfhörer aus den Ohren und erstarre. Gegenüber von mir sitzt Alex und grinst breit.

"Was?", frage ich bemüht gelassen aber ich spüre wie ich rot werde.

"Es gibt Essen."

Beim Essen versucht meine Mutter eine lockere Unterhaltung mit uns zu führen aber ich blocke ab. Mürrisch stopfe ich das Essen in mich hinein. Meine Mutter hat viele Talente aber mit Kochkunst wurde sie - leider - nicht gesegnet.

Alex würgt aber tarnt es noch rechtzeitig als Hustenanfall. Gar nicht so dumm...

Meine Mutter schöpft natürlich keinen Verdacht.

Nach dem Essen fängt Alex auch noch an meiner Mutter beim Abräumen zu helfen.

Ich stöhne genervt auf und verkrieche mich in mein Zimmer. Die Welt hasst mich ganz eindeutig.

Der Neue *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt