Walk of shame

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Nein nein nein! Das kann doch nicht wahr sein! Aus der Dusche kommt Nick...?! "Ist das dein Ernst!!?", schreie ich fast. "Duuu?!"
"Tut mir leid, wenn du jemand anderen erwartet hast.", raunt Nick mir ins Ohr und will mich umarmen.
"Fass mich nicht an!", stottere ich, ziehe mir hektisch mein Kleid über und verlasse blitzartig das Hotelzimmer.
Warum hat Alex sich nicht um mich gekümmert? Es gibt doch wirklich nur unzuverlässige Idioten auf dieser Welt! Und mit dem unzuverlässigsten wohne ich auch noch zusammen. Und mit dem zweit unzuverlässigsten hab ich geschlafen... Fuck fuck fuck! Meine Highheels klacken über den Asphalt, als ich mich auf den Weg nach hause mache. Ich schalte mein Handy ein und sehe überraschenderweise keine neuen Anrufe von meiner Mutter... Dafür aber 21 verpasste Anrufe von Alex. Pfff, es war seine Schuld, dass ich gerade in meinen alten Klamotten den Walk of Shame antreten musste. Stöhnend fasse ich mir an den Kopf: ich habe immernoch einen kompletten Filmriss. Morgen würde vermutlich die ganze Schule besser Bescheid wissen als ich.
Zum Glück erkenne ich die Straße, in der das Hotel war. Es war ganz einfach das Hotel, das am nächsten zu Angels Haus gelegen war.
Ich bete, dass meine Mutter nicht zuhause ist und tatsächlich steht ihr Auto nicht vor der Tür! Es gibt also doch noch jemanden im Himmel, der mich nicht hasst...
Ich schließe die Tür auf und schlage die Tür hinter mir fest zu. Ich höre ein Rumpeln und ein unterdrücktes Stöhnen. Dann kommt Alex nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Bad. Für einen Moment vergesse ich, was eben passiert ist. Ich starre Alex an... seinen durchtrainierten Körper, seine definierten Bauchmuskeln. Auf seinem Oberkörper sind vereinzelt Sommersprossen zu erkennen, wie Farbtupfer auf einer Leinwand.
Ich sehne mich danach, seine Muskeln nachzufahren. Er kommt auf mich zu und umarmt mich stürmisch. Einen Moment lang lasse ich das alles auf mich wirken. Er riecht nach Seife und irgendetwas anderem, was ich nicht ganz zuordnen kann. Einen Moment lang lasse ich alles auf mich wirken. Nur einen Moment lang. Dann versteife ich mich in seinen Armen und löse mich abrupt von ihm.
"Sag mal spinnst du?!?"
"Ich hab mir Sorgen um dich gemacht!", sagt Alex und schaut mich an, als wolle er meinen Anblick aufsaugen. "Ich hab dich gedeckt, hab gesagt, du pennst bei Angel, aber ich weiß nicht, wie lange ich die Lüge noch hätte aufrecht erhalten können."
"Ach jetzt bist du hier das Opfer?!? Ich wache auf mit NICK und du bist jetzt hier das Opfer?!" Meine Stimme schallt durch den ganzen Raum. "Du hast gesagt, du passt auf mich auf!"
"Du bist bei Nick gelandet?! Dieses Arschloch!!! Der kann was erleben!", brüllt nun auch Alex. Ich hasse dieses Machogehabe. "Du warst zumindest nicht da, um es zu verhindern.", entgegne ich spitz. Er knirscht mit den Zähnen. Plötzlich wird mir das alles zu viel: "Weißt du was Alex, geh einfach zurück ins Bad und nimm eine kalte Dusche! Vorher rede ich nicht weiter mit dir!"
Und - oh Wunder - er gehorcht mir.
Ich atme erstmal durch. Ruhig bleiben, Melanie. Plötzlich höre ich einen Schlüssel, der sich in der Tür dreht. Scheiße, meine Mutter kommt... Und ich habe meine alten Partyklamotten an und ich sehe einfach total fertig aus.
Mein Zimmer liegt leider direkt neben der Haustür. Ohne länger drüber nachzudenken husche ich ins Bad.
Durch den Duschvorhang höre ich Alex duschen. "Alex.", zische ich halblaut.
"Wa- was?" Ein verdutzter Kopf lukt aus dem Duschvorhang hervor.
"Mel? Wie - was machst du hier?!"
"Schnell - hast du was für mich an Wechselklamotten im Bad?"
Er begreift noch nicht so ganz was ich von ihm will, deutet aber auf einen grauen Pullover, der fein säuberlich zusammengefaltet in der Ecke liegt. So ein Streber! Ja, das müsste gehen... Ich ziehe mir den Pullover über das Kleid, funktioniere es also so zu einem Minirock mit oversized Pullover um.
Dann schnappe ich mir das Lederband einer Kette, die im Bad liegt, und funktioniere sie als Gürtel um.
Nach einem kurzen Blick auf den Spiegel binde ich meine Haare zu einem hohen Dutt. Fertig.
Nie wieder Alkohol, verspreche ich mir.
Nie wieder.

Der Neue *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt