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Jennie's POV

,,Was hast du gesagt?" fragte ich sie jetzt bestimmt schon zum dreißigsten mal. Ich bin immernoch fest davon überzeugt, dass ich mich verhört habe oder irgendwas falsch verstanden habe.

,,Ich liebe dich, Nini" sagte sie mal über mal.
Sie nahm meine Hand und sprach weiter. ,,Ich liebe dich seit Tag eins, seitdem wir uns zum ersten mal gesehen haben."
Ihre Hand drückte meine immer fester.

,,Ich weiß, dass ist ganz schön schnell und wir haben uns ja jetzt erst ein paar mal getroffen aber ich spüre eine Verbindung zu dir, die ich zu keinem anderen habe."

Ihre Worte brachten mich zum weinen. Das fiehl zum Glück nicht so sehr auf, da ich ja sowieso schon geweint hatte. Ich bin gerade von allen möglichen Gefühlen überweltigt worden. Wut, Enttäuschung, Hass und Trauer aber auf der anderen Seite auch Freude, Liebe, Glück und ein Gefühl, welches mich dazu verleiten will mich direkt in ihre Arme zu schmeißen und ihr zu sagen, dass ich sie auch liebe.

Ich will ihr von meinen Zweifeln erzählen, die mich die letzten Wochen über begleitet haben. Ich will ihr davon erzählen, dass ich das gleiche Gefühl habe wie sie. Ich will bei ihr sein und wenn sie da ist will ich sie nie wieder los lassen. Ich fühle mich sicher bei ihr. Ich fühle mich Zuhause.

,,Deswegen würde ich dir auch nie weh tun, Jennie. Das musst du mir glauben." sagte sie weiter. Ihre Augen waren voller Hoffnung. Hoffnung, dass ich ihr verzeihe und Hoffnung, dass ich nicht gehen.
Ich glaube allerdings, dass sie sich am meisten erhofft diese Worte von mir zu hören.

,,Bitte rede mit mir. Irgendetwas. Ich weiß, dass das vielleicht nicht der beste Moment ist dir meine liebe zu gestehen aber bitte sag irgendwas." sagte sie schon förmlich flehend, nachdem ich in meinen Gedanken vertieft war.

,,Lisa...wie kann ich dir sowas verzeihen. Vor allem nachdem was mir passiert ist? Jetzt versteh ich woher du das ganze Geld für die Wohnung etc hast." Ich zog meine Hände von ihr weg und ging an ihr vorbei. Die Wand hinter mir hat mich nur verunsichert.

,,Nein, nein, nein, Jen" sie nahm meine Hand erneut und führte mich Richtung Bett. Sie setzte sich hin und zog mich neben sich auf das Bett. ,,Bitte lass mich das ganze erklären. Ich weiß, dass es für sowas nicht wirklich eine Erklärung gibt aber lass mich dir wenigstens die Geschichte erzählen. Ich weiß, dass du mich wahrscheinlich gerade hasst und einfach nur willst das ich gehe aber gib mir eine Chance. Wenn du mich dann immernoch hasst werde ich gehen."

Ich wollte das nicht hören. Ich will mit solchen Leuten nichts zutun haben aber es ist immernoch Lisa die vor mir sitzt.  Vielleicht hat sie ja plausible Gründe. Ob ich ihr auch danach verzeihen kann weiß ich allerdings nicht.

Ich nickte worauf ein Hauch Erleichterung bei ihr erkennbar war. Sie ließ meine Hände nicht eine Sekunde los.

,,Okay, also angefangen hat das mit meinem Eintritt in die Uni vor 1½ Jahren."

Sie erzählte mir von ihren Selbstzweifeln zu der Zeit und wie sie sich in Uniprojekte und freiwillige Arbeiten gestürzt hat. Sie war damals das komplette Gegenteil von dem was sie heute ist.

Irgendwann hatte sie das Pech in die Fänge von einer Gruppe zu kommen. Sie wurde ständig geschlagen und gedemütigt. Sie hat sich das fast ein Dreivierteljahr gefallen lassen. Danach traf sie auf ihren engsten Freund. Ich glaube Jack war sein Name.

Er hat ihr da raus geholfen. Als sie mir das sagte wollte ich am liebsten diesen Jack finden, anspringen und abknutschen aber andererseits das abknutschen durch verprügeln ersetzen.
Er hat meiner Li...Er hat Lisa geholfen und sie zu dem gemacht, wer sie heute ist aber er hat auch ihr vertrauen ausgenutzt und Drogen gekauft und wahrscheinlich auch genommen.

Er wählte seine Gruppe zuerst und rannte ihr dann hinterher. Dadurch auch die Verletzung an ihrer Hand.

Jedenfalls weg von Jack und zu Lisa. Sie hatte irgendwann den ganzen Stress nicht mehr ausgehalten und ist irgendwie in Tilo gerannt. Er hat ihre Verweiflung einmal ausgenutzt, um sie Drogenabhängig zu machen und dann nochmal um sie als Lieferanten zu machen.

Sie erwähnte irgendetwas von schweren Konsequenzen, wenn sie ihre Schulden nicht zurückzahlt. Als ich sie fragte welche Konsequenzen das zum Beispiel wären bekam ich keine wirkliche Antwort.
,,Das willst du nicht wissen. Wirklich nicht Jennie."

Dem besorgten Blick zufolge war es wahrscheinlich wirklich besser, wenn ich nicht weiter frage.

,,Ich mach das nur um meine Schulden zu begleichen. Allerdings muss ich sagen, dass ich gefallen daran finde. Ich kenne dadurch die Geheimnisse meiner ehemaligen Feinde und ich verdiene gut daran, dafür, dass ich nur weitergebe."

Sie findet gefallen dran? Bis zu dem letzten Satz wäre ich ihr wahrscheinlich wirklich in die Arme gesprungen oder hätte jämmerlich in ihren Armen geweint doch das war zu viel. Wie kann man daran gefallen finden? Sie unterstützt einen Drogendealer und hat dann auch noch freude daran?

,,Es gefällt dir? Willst du das auch machen, wenn deine Schulden beglichen sind?" fragte ich sie.

Sie war kurz still und nickte dann leicht und trotzdem etwas verunsichert.

,,Bitte geh..." sagte ich ganz leise und selbst noch unsicher. ,,Was sagtest du?" fragte Lisa.

,,Geh bitte" sagte ich diesmal lauter. Ich zog meine Hände langsam zurück.

,,Bist du dir sicher?" fragte sie mit einer zitternden Stimme. Nein bin ich nicht aber ich brauche Abstand. Das war zu viel für einen Tag.

Ich nickte ihr zu, unwillig mit Worten zu sprechen.

Sie stand auf und nahm ihren Rucksack.
,,Okay, ich kann dich verstehen. Bitte melde dich bei mir."

Sie stand an der Tür und hatte bereits eine Hand an der Türklinke als sie sich umdrehte. ,,Weißt du was?" sagte sie. Ich sah verwirrt zu ihr hoch. ,,Ich hab ja eigentlich nichts zu verlieren." sagte sie und lies die Türklinke los. Sie kam auf mich zu und schmiss ihren Rucksack auf den Boden.

Sie kam vor mir am Bett an, nahm meine Hand und animierte mich zum aufstehen. Plötzlich spürte ich ihre Lippen auf meinen.

Ein unbeschreibliches Gefühl überfloss mich. Ich stand jedoch nur da. Ich genoss es aber wollte ihre Aktion nicht erwiedern.

Nach einigen Sekunden löste sie den Kuss und trat etwas von mir weg.

,,Ich liebe dich."

Sagte sie und verließ den Raum.
Ein plötzliches Gefühl der leere überkam mich.

Hab ich mich richtig entschieden?

To Get To YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt