Ich klatschte in die Hände. Endlich alleine. Keine Janin, keine Familie, kein Chris. Ich schlenderte noch etwas durch die Geschäfte, kaufte mir ein warmes Strickkleid und passende Strumpfhosen. Außerdem hatte ich vorhin die Schuhe mit den kleinen Absätzen gesehen. Irgendwie lief mir dann noch eine Jeans und ein Shirt über den Weg. Um drei war ich wieder auf der Autobahn unterwegs. Mein Handy klingelte. Dank der Freisprecheinrichtung konnte ich den Anruf annehmen. "Sag mal, bist du zuhause?" "Ähm, Chris?" "Ja, ich bins. Ich bräuchte mal etwas Verbandszeug." "Ich fahre gerade zurück Richtung Bünde. Soll ich euch was bringen? Was ist... Warum brauchst du das?" "Erzähl ich dir später. Schaffst du das in ner halben Stunde? Wir kriegen doch gleich noch diesen Besuch von den Fans." "Ja.. klar.. reicht das aus dem Autoverbandkasten?" "Ja." Als ich auflegte, war ich doch etwas besorgt. Aber er konnte ja noch reden. Oh mein Gott! Ich drückte aufs Gas und fuhr direkt zu der Werkstatt. Chris und Andreas fand ich dort in der Toilette. Chris hatte ziemlich geblutet am Arm und er war echt blass. Ich hatte den Kasten aus dem Auto unter dem Arm. Andreas sah mich etwas entgeistert an, als ich ihn zur Seite schob und mir den Arm ansah. "Was zum Teufel ist denn da passiert? Das sieht zwar nicht tief aus aber auch nicht gut!" schimpfte ich mit den beiden. "Es hat bis gerade noch wie verrückt geblutet und Chris war am umkippen. Ich konnte da schlecht weg und ihn hier alleine lassen. Und wen anders lässt er da nicht ran sagt er", verteidigte sich Andreas abwehrend. Ich tupfte die Wunde ab. Mehrere gleichmäßige Schnitte kamen zum Vorschein. Sie waren nicht sehr tief, aber ich klebte sich mit den Strips zusammen, desinfizierte alles und nahm dann Verbandszeug aus dem Kasten, um alles zu verbinden. Ich sah Chris an, der ganz blass war und auf dem Stuhl in dem kleinen Bad hing. "Chris?" sprach ich ihn an. Kaum Reaktion. "Wann kommen die Leute hierher? "Andreas sah auf die Uhr. "So in fünf Minuten?" "Kannst du Chris in euer Büro bringen? Da sieht ihn keiner. So sollte er sich vielleicht nicht sehen lassen." Wir schleppten Chris in das Büro und Andreas schloss die Tür hinter sich mit der Bemerkung, dass Hilde und Thomas noch kurz erklären zu wollen. Chris lag nun auf dem Sofa, die Füße hoch und ich strich ihm über die Wangen. "Chris? Du musst wieder fit werden. Ihr habt hier euren Job zu erfüllen... Chris?" Er hatte die Augen geschlossen. Es klopfte und Nadine kam rein. Sie hatte Kaffee und Cola in der Hand. "Er kann kein Blut sehen. Das hatten wir schon öfters. Die Leute sind jetzt da. Andreas führt sie rum und Chris soll dann später 'magisch' erscheinen." Wir sahen beide zu Chris, der sich die Kaffeetasse geangelt hatte und schon wieder grinsen konnte. Nadine und ich sahen uns nur an und grinsten dann auch. "Guter Verband. Sieht professionell aus", lobte er mich. Nach ein paar weiteren Minuten war er wieder fit und nicht mehr so blass. "Wie sehen die Haare aus?" "Lass mal sehen." Schnell zupfte ich ihm behelfsmäßig die Strähnen zurecht und setzte ihm die Cappy wieder auf. "Du bist toll. Danke." Er küsste mich. "Kann ich hier drinnen bleiben oder ist das nicht sicher?" "Du kannst hier bleiben. Nadine kann dir Bescheid geben, wenn wir durch sind. Oder du schaust etwas zu. Wie du möchtest." Ich bekam noch einen kurzen Kuss und dann ging er raus. Ich machte es mir auf dem Sofa bequem und rief Mama an. Sie hatte nur kurz Zeit, weil sie einen Termin hatte. Ich schaute aus dem Fenster. Was die da wohl machten? Ich beschloss, mutig zu sein und einen Blick zu riskieren. Ich schlich aus dem Büro raus und lief direkt Thomas in die Arme, der Papiere und Laptop jonglierte. "Ah, gut, dass ich dich hier treffe. Nimm mal was ab, bitte. Super, dass du Chris versorgt hast nach dem ding mit dem Sägeblatt." Er drückte mir den Stapel in die Arme und ging an sein vibrierendes Handy, während er mir bedeutete, ihm zu folgen. Vorsichtig lugte ich um die Ecke, denn ich hörte aus der Halle Stimmen. Andreas und Chris erklärten gerade etwas. Thomas legte auf und nahm mir die Papiere ab. Ich hatte nicht darauf geachtet, was das war. Aber nun erkannte ich, dass es Autogrammkarten waren. Thomas drückte jedem Fan eine in die Hand. Andreas und Chris machten derweil weiter, aber ich bekam durchaus mit, dass Chris mir einen verstohlenen Blick zuwarf und sich ein paar der bestimmt zwanzig Personen daraufhin zu mir umdrehten. Oh Gott, wie peinlich. Ich versteckte mich schnell hinter Thomas, der zum Glück etwas größer und breiter war. Andreas ärgerte Chris in genau diesem Moment damit, dass er das mit dem Umziehen manchmal nicht richtig hinbekäme und dann nackt da stehen würde. Und zack, waren alle Köpfe wieder nach vorne gerichtet. Ich musste bei der Vorstellung auch lachen. Thomas drehte sich um, nahm mir den Laptop aus der Hand und zwinkerte mir zu. "Ist doch nichts passiert, du Angsthase. Kannst du mal ein paar Stifte holen für die Autogramme? Am besten du fragst mal bei Nadine oder so nach." Er zwinkerte nochmal und ich ging dankend zurück Richtung Büro. Chris Blicke folgten mir wieder kurz. Ich fragte Nadine, ob Sie die Stifte bringen konnte. Und natürlich kam genau dann ein Anruf, der länger dauerte. Super! Ich zuppelte an meinen Klamotten und ging äußerst widerwillig zurück zu der Horde Fans. Fast alles Frauen in jedem Alter. Nochmal tief durchatmend trat ich wieder an Thomas heran und wartete mit ihm brav ab, bis die kleine Vorstellung vorbei war. Wahnsinn, was die beiden alles zaubern konnten. Es gab hier nur kleine Tricks heute, wie es aussah. Auch den mit dem Geldschein. Ich dachte an gestern abend und grinste in mich hinein. Im Anschluss konnte jeder seine Karte mit Widmung signieren lassen. Thomas schubste mich sanft in Richtung der beiden. Ich hatte ja die Stifte noch in der Hand. Mir schlug das Herz bis zum Hals, aber ich musste ja schließlich nur diese Stifte dahin bringen. Wie ein kleines Schulmädchen ging ich durch die Fans und drückte erst Andreas, der mich zwinkernd angrinste, einen Stift in die Hand und dann wand ich mich zu Chris, der nach dem Stift griff. Er sah mich nur kurz an und unsere Finger berührten sich. Das war wie ein elektrischer Schlag. Ganz schnell drehte ich mich um und trat zur Seite. Thomas bedeutete mir, stehen zu bleiben. Zu gerne wollte ich flüchten. Aber das konnte ich ja jetzt auch nicht machen. So stand ich einen Meter von Chris entfernt und musste beobachten, wie Fotos gemacht wurden und Autogramme geschrieben wurden. Und die gab es nicht nur auf die Karten, sondern auch auf Arme, Shirts, Handyhüllen und so weiter. Plötzlich wurde ich von der anderen Seite aus angetippt. "Arbeitest du hier?" In Blitzschnelle legte ich innerlich wieder den Hebel um. "Ja, im Management. Wie gefällt es dir heute hier?" "Oh, das ist voll cool. Die Beiden sind so süß. In echt sogar noch viel mehr." Vor mir stand ein etwa 15-jähriges Mädchen mit hübschen braunen Locken und schönen grünen Augen, die Chris anstrahlten. Sie stand nur bei mir um länger in seiner Nähe sein zu können. Aus einem Instinkt heraus nickte ich ihr zu, dass sie mal auf die andere Seite gehen sollte und nahm ihr ihr Handy ab. Ich schoss ein paar Fotos von ihr mit den Beiden im Hintergrund. Als Chris das mitbekam, drehte er sich zu uns uns lächelte mich durch die Kamera an. Er legte den Arm um das Mädchen. Sie war jetzt im siebten Himmel. Andreas pfiff mich dann gleich ran, ich könnte ja die Fotos machen. Und so bekam ich etliche Handys in die Hand und schoss Fotos bis zum Umfallen. Die Fans waren alle so glücklich, mit den Beiden zusammen sein zu können. Ich freute mich direkt mit und verdrückte mir die ein oder andere Freudenträne. Als die Fotos gemacht und die Autogramme gegeben waren, wurden alle herzlich verabschiedet und es kehrte wieder Ruhe ein. Ich stand natürlich mit an der Tür und winkte auch dem letzten hinterher. Thomas legte eine Hand auf meine Schulter. "Wird schon noch mit dir. Wir kriegen dich noch Stück für Stück aus dem Schneckenhaus." Das hörte sich wie eine Drohung an. "Was habt ihr denn bitte vor?" "Nichts nichts." Thomas war wirklich ein Typ für sich. Aber so suspekt, wie er mir am Anfang war, so gerne hatte ich ihn jetzt. Er würde mich nie irgendwas aussetzen, wo er nicht der Überzeugung war, ich würde das nicht schaffen. Andreas umarmte mich, kaum dass die Tür wieder hinter uns zu war. "Das hast du toll gemacht! Ich glaube nicht, dass auch nur einer gedacht hat, du würdest hier nicht arbeiten. Aber Chris Blicke haben euch fast verraten!" Damit löste er sich um knuffte seinen kleinen Bruder. Dieser verschränkte die Arme. "Ich hab sie doch nur normal angeschaut." "Alter, du hast sie angelächelt wie ein verliebter Gockel." Ich musste bei dem Vergleich einfach lachen. Thomas auch. Chris schmollte und zog mich in seine Arme. "Komm her, der verliebte Gockel muss sich mal kurz ausleben." Damit bekam ich einen Kuss. "Hast du wirklich toll gemacht. Und danke für das verarzten von dem Arm. Wie war es denn bei deiner Schwester?" "Och, sie hatte viel zu erzählen und eine lange Einkaufsliste." Munter erzählte ich alles von heute früh, während wir zu viert zurück ins Büro gingen. Thomas verzog sich zu Hilde und wir drei in das Büro der beiden Brüder. Ich sank auf die Couch und legte den Fuß hoch. Andreas hörte ganz gespannt zu. "Und was hast du gekauft?" wollte Chris zum Schluss wissen. "Das zeig ich dir später." Andreas lachte los. "Na, dann denk ich mir mal meinen Teil." "Keine Unterwäsche oder sowas. Wirklich normale Klamotten. Ein Schelm, wer sowas wieder denkt! Wie war denn eigentlich der Nachtisch gestern so?" Andreas sah mich erstaunt an. Kontern konnte ich ja ganz gut. "Ähm, ja..." Chris lachte nun los. "Und wie bist du mit dem Kleinkind zurecht gekommen?" "Och, ganz gut eigentlich. Zuhause war er wieder erwachsen." Jetzt lachten wir alle.
Zu diesem Zeitpunkt dachte keiner von uns an mein Auto draußen auf dem Parkplatz. Oder daran, dass man mich schonmal mit Chris gesehen hatte. Und auch nicht daran, dass die gleichen Personen heute da waren und den Blick von Chris verfolgt hatten. Diese Möglichkeit gab es für niemanden von uns. Aber was mich gleich ewartete, war eine kleine Probe für mich.
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My Changeover
FanfictionErstes Buch Wenn aus LIEBE VERÄNDERUNG wird Wie man jemanden treffen kann, den man eigentlich weder kennt noch weiß, das man ihn kennt und sich dann auch noch verliebt. "Was im Leben, was schön ist, ist perfekt? Wo doch alle Ecken und Kanten das, ...