70 Das Warten hat ein Ende

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In der kommenden Woche ging es schon am Montag früh wieder ins Büro. Es gab erneut Probleme mit Genehmigungen, Behörden und den Firmen. Zum Feierabend wollte ich mich schon ins Auto setzen und zum Stall fahren. Aber dann fiel mir wieder ein, dass Attila nun bei Chris war. Chris hatte sich noch garnicht gemeldet. Ob er noch schlief? Traurig ging ich wieder zurück ins Gebäude und ließ mich kurz darauf wieder am Schreibtisch nieder. Mein Kollege kam gerade mit einem frischen Kaffee rein. "Was machst du denn hier? Warst du nicht gerade schon weg?" "Nein, Thomas, ich hatte nur was aus dem Auto geholt..." gab ich monoton zurück. "Aber... also... okay. Klar. Auch noch nen Kaffee? Schokoriegel?" Ich nickte schwach und Thomas schob mir seinen Kaffee über den Tisch und einen Schokoriegel hinterher. Er lächelte mich aufmunternd an und ging raus, vermutlich, um sich einen neuen Kaffee zu holen. Meine Chefin ging am Büro vorbei, kam rückwärts zurück und sah durch die Tür. "Andrea? Immer noch da?" Ich nickte nur und kaute an meinem Kulli rum, während ich über dem Plan brütete. Frau Korth kam rein und stellte sich an meinen Tisch. "Was ist los? Seit dem wir aus den Weihnachtsferien wieder da sind, benimmst du dich komisch und läufst auch etwas zerstreut durch die Gegend. Du machst zwar gute Arbeit, aber irgendwas stimmt nicht mit dir" setzte sie vorsichtig an. "Mein Pferd ist auf Kur bei meinen Eltern in der Heimat und in zwei Wochen ist die Verhandlung. Außerdem fühle ich mich momentan nicht so gut. Aber alles okay. Das geht vorbei. Ich will dieses Projekt fertig bekommen!" versuchte ich energisch zu antworten. Frau Korth zog aber die Augenbrauen hoch. Dann folgte der Mutterblick. "Und du besuchst das Pferd jedes Wochenende?" "Nein, das wäre mit dem Sprit zu teuer. Meine Familie achtet auf ihn. Ich sitz hier in Berlin und arbeite, um mir den Spaß mit der Kur überhaupt leisten zu können." "Du könntest ein paar Tage rausarbeiten. Dann könntest du mal ein langes Wochenende in die Heimat. Oder du nimmst mal Urlaub." "Nein, den Urlaub brauche ich im Sommer unbedingt." "Dann arbeitest du ein paar Tage raus und nimmst dann mal ein langes Wochenende frei. Deine Baustellen laufen doch und die Vertretung bekommen wir als Team hin." Frau Korth lächelte mich freundlich an und drückte noch mal meine Schulter.

Als Thomas wieder kam, den Kaffeebecher schon halb leer, fiel mir mein Kaffee wieder ein. Ich nahm den Becher in die Hand und ließ den lauwarmen Kaffee meinen Hals hinunter laufen. In diesem Moment klingelt mein Handy. Ich erschrak so, dass ich mich verschluckte und Kaffee auf dem Plan verteilte. Noch immer hustend ging ich an mein Handy. "Hey, bist du krank? Hier ist Chris." Oh Gott, wie sehr hatte ich seine Stimme vermisst. "Das Handy hat mich erschreckt und ich hatte einen Schluck Kaffee im Mund und hab mich verschluckt. Und jetzt ist Kaffee auf dem Plan. Wie gehts Attila?" "Attila gehts gut soweit. Und mir auch, danke der Nachfrage." "Was heißt gut soweit?" "Er frisst nicht so richtig gut sagt Martin." "Hoffentlich hält das nicht lange an." "Na ich bin gerade bei Attila. Hab dich auf Lautsprecher gestellt und jetzt scheint er dich zu suchen." Tränen stiegen mir in die Augen. "Du bist zu Attila gefahren?" "Gleich nach dem ich wieder ansprechbar war heute nachmittag. Das Wochenende war etwas anstrengend." "Ich vermisse dich" presste ich noch heraus. Thomas sah mich mitleidig an und schob noch einen Schokoriegel rüber. Ich lächelte ihn dankbar an.  "Was treibst du da eigentlich?" wollte Chris wissen. Ich schaltete mein Handy in den Videomodus und Chris nahm an. Dann zeigte ich ihm Thomas und den Plan mit Kaffeeflecken und die Schokoriegelstraße zwischen mir und Thomas inklusive dem leeren Papier davon. "Ah ich verstehe" lachte Chris und zeigte uns Attila und wie dieser sich gerade an Chris Cappy und dann an seinen Haaren zu schaffen machte. Mein Pferd hatte jetzt bessere Laune. Vielleicht lag es auch daran, dass er mich vermisste.

"Sag mal, das ist doch dieser Typ von den Ehrlich Brothers, oder?" fragte Thomas nach unserem kleinen Telefonat. Langsam sah ich zu ihm rüber. "Und wenn?" fragte ich nach. Scheinbar musste ich selbst im Büro auf der Hut sein. "Das ist doch super! Aber hoffentlich ist der privat nicht so drüber..." überlegte Thomas weiter und schlürfte seinen Kaffee dabei. Völlig verdattert sah ich ihn an. "Drüber?" "Na komm, auf der Bühne hat der nen schwulen Touch. Und so wie der sich schminkt...." Thomas sah mich an. "So ist der privat nicht, oder?" Plötzlich lachte ich los. Thomas stieg mit ein. Als wir uns wieder einbekamen, schüttelte ich den Kopf. "Nein, ist er nicht." "Dann haste meinen Segen. Und jetzt ab nach Hause! Du bist schon elf Stunden hier heute. Das reicht jetzt!"

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