67 Abschied

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Der letzte Tag in Köln war ein Sonntag. Ich verzog mich in ruhige Ecken und machte mir Notizen zu meinen Plänen. Ich hatte nur das. Nur meine Pläne, um mich in dieser Zeit über Wasser zu halten. Und das wusste ich. Also plante ich. Chris und Andreas bekam ich eh kaum zu Gesicht, der Rest wuselte auch nur rum und Janin klebte an Marco. Sie würde morgen früh mit mir zurück nach Berlin kommen. Wir mussten beide erst am Dienstag wieder arbeiten und wollten direkt zu den Pferden fahren.

Nach der Show am Abend wurde wieder alles zusammengepackt. Die beiden Brüder halfen noch beim Abbau während ich noch immer trübselig in der Ecke saß. Und als es losging, zurück nach Bünde, ging ich direkt schlafen. Chris besprach sich noch bestimmt eine Stunde lang mit Andreas und kuschelte, eher quetschte, sich dann zu mir. Angeschnallt war es doch eine ziemlich enge Nummer. Aber ich liebte es. Es war die letzte Nacht zusammen.

Als der Nightliner endlich etwas späterauf dem Gelände der Firma ankam, packten wir fix unsere Sachen und schafften es, uns schnell von allen zu verabschieden. Stephi war auch draußen, um mir Tschüß zu sagen. Andreas umarmte mich noch mal kräftig und sagte mir, dass alles gut werden wird. Ich hatte mit beiden gesprochen, dass die Verhandlung bestimmt demnächst bekannt gegeben wurde und ich Angst vor der Presse hatte. Sobald ich was genaues wusste, sollte ich mich melden. Schließlich würden die Ehrlich Brothers sowas nicht auf sich sitzen lassen, wenn sie da mit reingezogen werden würden.

Zuhause bei Chris kuschelten wir uns ohne Umwege ins Bett. Eng an ihn gepresst verdrückte ich mir die Tränen. Ich versuchte es zumindesten.  Taüfer sein war gerade jetzt allerdings ein Ding der Unmöglichkeit. Und so kamen Tränen über Tränen aus meinen Augen. Schluchzend lag ich auf seiner Brust und vermisste ihn jetzt schon. Chris versuchte mich durch sanftes Streicheln zu beruhigen, aber auch er war alles andere als gut drauf.

Kaum waren sie bei ihm zuhause, gingen sie ins Bett. Statt zu schlafen merkte er, wie Andrea, sein geliebter Engel, immer mehr Tränen verlor. Sie schluchzte an seiner Brust und er konnte ihr nicht helfen. Tränen sammelten sich auch in seinen Augen. Langsam zog er sie fester an sich. Morgen früh würde sie fahren. Und die Zeit, die auf sie zukam, würde schwer werden. In so vielen Sachen. Und er würde nicht bei ihr sein können. Dabei war es jetzt das, was er wollte. Wieso nur hatte er sie jetzt kennen gelernt. Kurz vor der Tour? Ihm war sehr wohl klar, dass er nicht allzu oft Zeit für sie finden würde. Das wurde in den letzten drei Tagen bereits mehr als klar. Wäre diese Zeit überstanden, wird er sie zu sich holen. Er hatte gesehen, was sie alles notiert hatte. Heimlich hatte er in ihrem Buch nachgeschaut, als sie schlief. Er hatte es mit Andreas gelesen. Sie wollte ihr Projekt fertig machen. Und dann stand dort das Wort Bewerbung. Sie würde hoffentlich wirklich zu ihm kommen, denn ihn hielt zu viel in Bünde fest. Er könnte seine Zelte nicht abbrechen. Auch wenn er es gerne wollte. Auch darüber hatte er mit Andreas gesprochen. Sein Bruder konnte ihn verstehen. Aber das wäre unmöglich. Die Werkstatt, der Firmensitz war in Bünde. Andrea musste weniger aufgeben. Aber dieses 'Weniger' war ihr Leben. Er würde sie nicht zwingen und hoffte aus tiefstem Herzen, dass sie sich wirklich für ihn entscheiden würde. Seine größte Angst war, sie durch seinen Beruf und an ihre Karriere zu verlieren. Dieses Bangen darum brachte ihn bestimmt noch des Öfteren an den Rand seines Verstandes. Hilflos sah er sie an. Ihr Kopf lag auf seiner Brust, ihre Tränen liefen, sie wurde immer wieder durch ein Schluchzen geschüttelt. Er griff  nach Ihrer Hand und führte sie zu seinem Mund. Er küsste den Ring. "Ich liebe dich!"

Chris hatte Tränen in den Augen. Der Mond schien so hell ins  Zimmer, dass ich es in seinen Augen glitzern sah. Er sagte, er liebt mich. Ich musste nur noch mehr weinen. Mein Herz zersprang, denn ich hatte solche Angst in mir und gleichzeitig solche Liebe. Angst vor dem, was alles auf mich zukommen würde und eine tiefe Zuneigung, Liebe, zu dem Mann, den ich in wenigen Stunden verlassen musste. Scheiß Arbeit!

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