30 Vergangenheit

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Mir gingen diese ganzen Kommentare nicht aus dem Kopf, die Yvonne und Kathrin gemacht haben. Chris sei so vertraut mit Ihnen, aber da war nichts. Worauf ich selbst nicht klar kam, war, dass ich den beiden vertraute, Chris aber nicht. Ich verabschiedete mich von meinen drei Freundinnen und wollte unter dem Vowand, Kopfweh vom Sekt zu haben, einfach raus und an die Luft. Ich ging dick eingemummelt aus dem Hotel heraus und lief durch die hell erleuchteten Straßen in Richtung Arena. Dann sah ich Chris und Andreas mit einigen aus der Crew in Richtung Hotel aufbrechen. Sie waren gut gelaunt und sahen nicht, dass ich sie aus einem Versteck heraus beobachtete.  Langsam und mit viel Abstand beobachtete ich die Gruppe. Am Hotel begrüßten sie einige Frauen aus dem Team. Ich wusste, dass es die Tänzerinnen waren und auch die Sängerinnen mussten dabei sein. Andreas umarmte alle noch mal ganz normal und verabschiedete sich. Chris hielt einige länger im Arm und blieb stehen. Mir wurde ganz schlecht. Ich zitterte vor Kälte, harrte aber aus. Nach etwa zehn Minuten hatte auch der Letzte aufgeraucht und sie gingen rein. Ich wartete kurz und folgte dann schnell. Sie saßen alle in der Hotelbar, bestellten Getränke und lachten zusammen. Chris saß nicht bei den Männern, sondern bei den Frauen. Er lachte und flirtete. Ich ging langsam rein und platzierte mich an eine Ecke, von der aus man mich nicht sehen konnte. Er flirtete tatsächlich. Ich fing die Gesprächsfetzen auf. War das diese Vertrautheit? Und ich durfte nicht mal mit seinem Bruder 'vortanzen'? Ich war jetzt richtig geladen. Als Chris dann auch noch Handküsse verteilte, sprang ich aus meinem Versteck an den Leuten vorbei und rein ins Treppenhaus. Tränen verschleierten mir die Sicht. Ich hatte die ganze Zeit schon Angst gehabt, dass er ständig flirten würde und dass sich so viele Frauen an seinen Hals schmissen, dass er bestimmt schon sehr oft nachgegeben hätte. Aber die Grenze ziehen, wie Andreas es tat, tat er nicht. Dabei wusste er auch noch sehr genau, dass ich auch hier war. In unserem Flur rannte ich vor lauter Tränen in Andreas rein. Er fing mich gerade noch ab, bevor es knallte. "Nicht so... hey.. weinst du?" Ich schüttelte den Kopf und senkte den Blick noch mehr. Ich wollte weiter und auf mein Zimmer, keinen mehr sehen, aber Andreas hielt mich fest und meine Beine waren zu schwach. Er bückte sich und sah mir ins Gesicht. "Scheiße. Was ist denn passiert?" Er sah mich sehr besorgt an. "Soll ich Chris holen?" "Nein!", schrie ich schon fast hysterisch. "Der sitzt unten und hat Spaß. Da wollen wir ihn mal nicht bei stören." Andreas schaute verwirrt und zog mich in  seine Arme. Er roch vertraut, aber nicht so wie Chris. Ich sank in seinen Armen zusammen und nur sein Griff hielt mich aufrecht. Er legte seinen Kopf auf meinem ab und strich mir über den Rücken. Er wollte mich beruhigen. "Habt ihr euch gestritten?" "Noch nicht. Ich will hier weg. Sofort am besten." "Wieviel hast du denn heute getrunken?" "Nicht genug und ich bin auch wieder nüchtern", gab ich trocken zurück und schluchzte wieder auf. Das Schlimme war, dass auch wenn ich den Nachtzug zurück nehmen würde, ich nicht an mein Auto kommen würde. Wieder schluchzte ich auf. Dieser ganz Mist! Ich hätte mich nie auf so einen Mann einlassen sollen. Mein dummes Herz hatte nicht Recht gehabt! "Was ist denn passiert? Das muss doch einen Grund haben!" "Der Grund sitzt unten und verteilt Küsse", spuckte ich es fast heraus. "Bitte was macht der?" Andreas zog eine noch ungläubigere Miene. "Das glaube ich jetzt nicht." "Doch, tut er." Andreas zog mich erneut in den Arm und küsste mich auf die Stirn. "Alles wird gut. Das muss ein Missverständnis sein. Muss einfach so sein." Er drückte mich noch mehr an sich, als ob er mich beschützen wollte. Ich hörte Schritte hinter uns. "Was geht denn hier ab?"

Chris saß unten noch mit der Crew auf ein Feierabendgetränk. Er machte wie üblich ein paar Witze mit den Männern und ein bisschen flachste er mit den Frauen rum, die heute mehr geprobt hatten, als alles andere. Dann kam auf einmal Andrea wie von etwas gejagt an ihnen vorbei geschossen und rannte ins Treppenhaus. Jasmin sah ihr hinterher, wie jeder in der Ecke. Auch Chris sah ihr hinterher und musste erstmal begreifen, dass seine Freundin gerade irgendwie an ihnen vobei gejagt ist. Jasmin fragte ihn, ob er wüsste, was sie hat und ob er nicht mal so langsam hinterher wollte. Vielleicht gab es ein größeres Problem. Alle sahen besorgt aus. Chris stand bereits und lief Andrea hinterher. Er hört auf ihrem Flur Stimmen und als er um die Ecke kam, sah er sie im Arm seines Bruders. Er küsste Ihre Stirn und drückte sie enger an sich, als er Chris sah. Er dachte echt, er sieht nicht richtig. Ihn beachtet sie nicht und bei Andreas schmeißt sie sich gleich ran, sobald Stephi nicht in der Nähe war oder was? "Das glaub ich jetzt nicht oder? Könnt ihr das nicht wenigstens so machen, das es kein anderer sehen kann?" Er war stinksauer. Er kam bis auf wenige Zentimeter nahe und riss Andrea aus den Armen seines Bruders. Sie war total verheult. "WAS ist hier eigentlich los?" zischte Chris die beiden an. "Geh doch wieder runter und verteile deine Küsschen weiter. Mit wie vielen hattest du schon was? Ich weiß Bescheid. Mein Kopf hätte nie auf mein dummes Herz hören sollen. Ich will sofort hier weg!" keifte Andrea Chris an. Andreas stellte sich zwischen die beiden Streitenden. Janin, Kathrin und Yvonne kamen aus dem Zimmer der Mädels und sahen, was los war. "Chris? Was hast du gemacht?" fragte Yvonne mit weit aufgerissenen Augen. Kathrin und Janin gingen in Richtung Andrea, die sich versuchte, an Andreas vorbeizukämpfen. Yvonne musste Chris festhalten, dass er nicht auf seinen Bruder losging. In dem Moment kam Janins Freund hoch gesprintet und hielt Chris fest. Yvonne stellte sich  zu Andreas. "Was hat er gemacht?" Die drei Frauen schauten sich ungläubig an. Chris versuchte sich loszureißen, denn er war wirklich sauer auf Andreas. Er muss ihr was erzählt haben. Anders konnte er sich das nicht erklären. Er wollte zu seiner Freundin. Dafür würde Andreas bezahlen. Jetzt war Schluss mit Bruderliebe. "Nichts habe ich gemacht. Wir haben unten nur gesessen. Da war doch nichts. Und davor war ich mit Andreas an  den Illusionen dran. Wann hätte ich denn was machen sollen?" fragte Chris laut. "Du hast doch mit so vielen was gehabt. Warum sollte ich jetzt noch glauben, dass du bei mir bleibst und treu bist? Wo ich doch so ein Bühnenmuffel bin? Oder ist dir das nicht eigentlich sogar recht, dass ich nicht will, das man mich kennt?" "Bruder! Was hast du ihr erzählt?" "Nichts man, ich schwöre dir, sie ist mir in diesem Zustand in die Arme gelaufen und ich hab sie beruhigen wollen." "Warum holst du nicht einfach mich?" "Das war keine zwei Minuten bevor du hier standest!" Andreas atmete tief durch. "Ihr solltet echt mal Tacheles reden!" Chris riss sich los und ging auf seinen Bruder los. Andrea versuchte, Chris von Andreas weg zu ziehen, wurde aber nur weg geschleudert. Chris war so erschrocken, dass er von Andreas abließ und Andrea aufhelfen wollte. Janin stellte sich vor Chris. "Du hast jetzt ne Weile Sendepause Freundchen!" Sie hielt ihm den Zeigefinger unter die Nase. Andrea kroch in das Zimmer der Frauen und schmiss die Tür zu. Kathrin und Yvonne sahen sich betroffen an. Andreas stand hinter Chris. "Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis deine Vergangenheit auffliegt." "Halt! Deine! Klappe!" "Man, Chris... einer muss es ihr jetzt mal alles erklären." "Woher weiß sie das überhaupt?" Dann schrie Janin los. So wurde er noch nicht beschimpft. Als sie fertig war, sagte sie ganz gespenstisch ruhig "Was ist hier los? Was wird hier gespielt?" Kathrin und Yvonne standen im Hintergrund und räusperten sich. "Wir.. wir haben... da... also..." "WAS?" blökte Chris die beiden an. "..angedeutet... vermutlich... Sie ist ja nicht doof und hat vielleicht was zusammenaddiert." Chris sank auf den Boden. Andreas hockte sich neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. Chris sah seinen großen Bruder an. 'Hilfe!' war alles, was aus seinem Blick sprach. Janin setzte sich in Bewegung. Gott sei dank lässt sie von mir ab, dachte Chris. Hinter der Tür kam ein Wimmern. Er wollte nur zu ihr. Er liebte sie doch. Jetzt hatte er sie verloren. Tränen rollten über sein Gesicht. Andreas zog seinen Bruder hoch und rein in das Zimmer von Chris. Er ließ sich von Andreas auf den Stuhl setzen und Wasser einflößen. Er konnte nur noch daran denken, dass Andrea jetzt Gechichte sein würde.

Janin suchte das Gespräch mit Yvonne und Kathrin. Bestürzt sah sie auf die Tür und hörte das Wimmern. Dann gingen sie in die Lobby runter. Janin bestellte sich erstmal einen Doppelten und stürzte diesen herunter. So hatte sie ihre beste Freundin noch nie erlebt. Das machte ihr richtig Sorgen. Die anderen aus der Crew saßen ruhig und unterhielten sich. "Alles okay da oben?" fragte Bianca besorgt nach, als die drei mit weißen Gesichtern dazukamen und Janin erstmal ein Getränk runterstürzte. Janin ergriff das Wort. "Was war hier los? Und was war vor Andrea los? Sie hat gerade einen Nervenzusammenbruch. Ich könnte ihr bestimmt helfen, wenn ich erstmal weiß, was das Ganze soll." Die Männer der Crew standen wie auf ein Stichwort auf und gingen. Janin hatte immer mehr Fragezeichen im Kopf.

Dann begannen die Frauen zu erzählen. Chris hatte schon eine längere Beziehung gehabt. Die hatte sich dann aber mehr in den Bruder verguckt und trennte sich von allem. Mittlerweile lebt sie glücklich im Ausland und hat Mann und Kind. Was aber hatte das mit dem Ausraster gerade zu tun? Die beiden waren fast ein Jahr zusammen gewesen. Und Andreas hatte sie vielleicht tatsächlich einmal zu viel umarmt. Aber das waren nur Spekulationen. Niemand glaubte, dass die beiden eine Frau betrügen könnten. Sie waren herzensgute Menschen und von grund auf ehrlich. Allerdings brauchte Chris nach der Sache ziemlich viel Ablenkung.. und Bestätigung.... und nahm alles mit, was nicht bei drei auf dem Baum war. Das gab natürlich auch bei den Fans so Gerüchte und der ein andere Fan war auch dabei. Janin holte sich noch einen Doppelten. Die Frauen hatten aber nach einer Zeit genug von der Tour und sind gegangen. Einmal drüber und dann ignorieren.. damit kamen sie nicht klar. Aber sie wussten definitiv vorher, dass er so drauf war. Aus der jetzigen Crew war keine mehr dabei, die was mit ihm gehabt hatte. Es lag auch schon zwei Jahre zurück, das er damit aufgehört hatte. Andreas und seine Schwester Stephanie musste ihn so dermaßen auf den Hintern gesetzt haben, dass er damit aufhörte. Aber die Sache klingt natürlich nach. Janin nickte nur. "Wie soll ich das Andrea erklären?" Sie schlug die Hände vors Gesicht und fing an zu weinen. Das ließ selbst Janin verzweifeln. Selbst, als ihr Freund kam, beruhigte sie sich nicht so richtig. Kathrin und Yvonne machten sich schreckliche Vorwürfe.

Andrea saß im Zimmer auf dem Fußboden an die Tür gelehnt. Sie hatte die Geschehnisse im Flur mit verfolgt. Sie wollte zu Attila. Am liebsten wollte sie bei ihm liegen und einfach sterben. Solche Schmerzen hatte sie noch nie erlitten. Nicht nach den Schlägen damals. Nicht nach den Demütigungen. Sie hatte überhaupt noch nie solche starken Schmerzen gehabt. Sie sehnte sich nach Chris Armen, wollte ihn aber nicht bei sich haben. Plötzlich klopfte es an der Tür. Ganz zaghaft. "Nein! Hau ab!" Andreas Stimme antwortete "Bitte, mach auf. Ich bin alleine." Sie robbte von der Tür weg und öffnete diese am Boden liegend. Andreas hockte sich zu ihr und nahm sie in die Arme. Sie schaute zu ihm auf. Ihr war noch nie diese Ähnlichkeit so sehr aufgefallen, wie jetzt. Ihr wurde komisch zumute.

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