Es war Donnerstagmorgen. Wir waren schon in der Werkstatt. Also Chris war mit Andreas dort. Ich saß mit der Praktikantin Jennifer im Büro am Tisch und tütete Autogrammkarten ein. Wir plauderten munter über Pferde und Attilas Genesungsprozess. Jennifer war gerade sechzehn geworden und machte hier ein Praktikum unter dem Stern Veranstaltungskauffrau. Interessiert hatte ich dabei verfolgt, was man ihr hier alles so erzählte. Erstaunt war ich allerdings, dass ich sehr, sehr vieles bereits kannte und sogar selbst beherrschte. Außerdem hatte ich die letzten Tage immer mal wieder einen Spaziergang mit Charly unternommen. Es gab in der Nähe einen wunderschönen Platz mit einem alten Bauernhaus. Ich liebte dieses Plätzchen. Dort wuchsen im Sommer bestimmt viele duftende Büsche in die Höhe, stellte ich mir immer vor.
"Kommst du mal mit, Andrea?" holte mich Chris aus unseren Gesprächen. Ich rollte mit den Augen, da ich keine Lust auf die Werkstatt hatte. Aber ich stand auf und folgte ihm. Er ging direkt zu einer komischen Konstruktion. "Du kannst doch bauen?" "Ja..." antwortete ich zögerlich. "Wie steift man sowas hier elegant aus? Und ohne, das es nachher sichtbar ist?" "Ähm.. ohne zuviel wissen zu wollen.. aber... wie soll das denn aussehen wenn es fertig ist? Und was daran muss denn steif sein und was beweglich? Oder wie auch immer..." Andreas fing an lachen. Dann hielten sie mir ein paar Skizzen unter die Nase. Ich tippte nach kurzem Studium gegen die Konstruktion und sie wippte extrem hin und her. Der angestellte Stahlbauer stand hinter mir und sah mich grinsend an. "Dann man los, Frau Architektin. Auf mich woll'n die nich hör'n!" Unwillkürlich musste ich glucksen. Die beiden ließen sich halt nicht gerne was in die Karten mischen. Ich empfahl ein paar Streben hier und da. Aus dünnen Stahlseilen vielleicht auch nur Verstrebungen. Die könnte man auch gut verstecken. Ich zeichnte ein paar Überlegungen auf und googelte ein paar Formeln, um die Statik nochmal genau nachzurechnen. Alle hatte ich leider noch nie im Kopf behalten können.
"Du kannst das ja wirklich!" rutschte es Chris raus. "Was soll das denn jetzt heißen?" Da Chris sich ertappt fühlte und rot anlief, konnte ich mir denken, dass er das wirklich nicht von mir erwartet hatte. "Sag mal, glaubst du etwa allen Ernstes, ich wäre mit Nichtskönnen so weit gekommen?" Das war ein empfindlicher Punkt. Und da man mir hier bei den Ehrlichs bereits das Kämpfen um seiner selbst Willen beigebracht hatte, hatte Chris jetzt erstmal Ärger am Hals. "Ich dachte halt nicht, dass du das wirklich so eingehend kannst. Du willst ja auch kein Haus für uns bauen..." "Das hat doch nichts damit zu tun, dass ich das nicht kann! Ich hab privat keinen Bock auf den Stress, den ich beruflich den ganzen Tag habe! Du zauberst doch auch nicht zuhause weiter!" Beleidigt zog ich ab. Da zweifelte mein Verlobter ernsthaft an meinen beruflichen Fähigkeiten und Qualifikationen. Ich hab doch schließlich auch nie behauptet, er hätte das alles garnicht drauf. Dafür war Andreas auch zuständig. Etwas schmunzelnd bei dem Gedanken setzte ich mich neben dem Motorrad in eine ruhige Ecke. Neben mir stand eine kleine Kiste mit den Sachen für die kleinen Feuergeschichten. Chris hatte ich mittlerweile beobachtet und wusste daher, wie das ein oder andere geht. So fing ich an, mit den Sachen zu spielen. Selbst hatte ich das noch nie probiert. Aber ich fand das unheimlich cool. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, das meine Mutter bald kommen würde. Sie wollte mich abholen, da Chris mit der Familie zu Andreas Geburtstag später in den Schnee fahren würde. Er hatte komisch reagiert, als ich ihm erzählt hatte, dass ich mit Mama und meiner Schwester verabredet war. Aber er konnte ja nicht erwarten, dass ich alleine rumsaß. Heute hatte ich so richtig die gute Laune verloren. Erst wird er komisch, dann zweifelt er an meinen Fähigkeiten. Und jetzt geht das blöde Feuer nicht an! Grimmig sah ich auf, als ich Schritte hörte. Mein Freund gesellte sich zu mir.
"Was ist denn los mit dir?" "Nichts!" "Das ist ne glatte Lüge!" "Nein!" fauchte ich zurück und erhob mich. "Lass mich doch bockig sein und lass mich in Ruhe damit. Bis du wieder da bist, hab ich mich beruhigt!" Er hob die Augenbrauen. "Aber heiraten tust du mich schon noch irgendwann?" "Das hat doch damit nichts zu tun!" zischte ich ihn flüsternd an und sah mich misstrauisch um, ob es Zuhörer gab. "Dann ist ja gut, Frau Ehrlich" zwinkerte er mich an. Mein Puls ging ziemlich schnell hoch. "Ich heiß doch nicht Ehrlich danach!" "Oh doch. Ich heiße ja so." "Auf keinen Fall heiße ich Ehrlich danach!" "Doch, da kommst du nicht drum rum." "Oh nein!" Mit diesen Worten verließ ich die Halle und stapfte auf den Hof. Dort stand immer noch ein nicht abgeladener LKW der beiden rum. Chris kam hinter mir her und hielt mich am Arm fest. Ich wirbelte herum. "Lass mich los." Er ließ mich los und sah mich belustigt an. "So werde ich garantiert nicht heißen." "Doch wirst du!" "Nein, auf gar keinen Fall!" "Doch! Meine Frau, mein Name!" Immer aufgebrachter stampfte ich um den LKW herum und Chris schlenderte hinter mir her und lächelte nur.
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My Changeover
FanfictionErstes Buch Wenn aus LIEBE VERÄNDERUNG wird Wie man jemanden treffen kann, den man eigentlich weder kennt noch weiß, das man ihn kennt und sich dann auch noch verliebt. "Was im Leben, was schön ist, ist perfekt? Wo doch alle Ecken und Kanten das, ...