72| Ungehörte Seelen

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𝙴 𝙽 𝙴 𝚂

,,Aliya, Ich muss dir etwas sagen"..

Sie drehte sich räkelnd auf den Rücken, damit sie mich ansehen konnte. Lustigerweise sah sie nicht mich an, sondern starrte an mir vorbei in die Luft. Verträumt wanderte ihr Blick langsam über den dunkelblauen Himmel, während meiner nur auf ihr lag. Ihre Finger spielten schon die ganze Zeit mit einer Haarsträhne. Wahrscheinlich bemerkte sie das gar nicht aber ich liebte es, wenn sie das tat. Schluckend versuchte ich meinen Mut zu sammeln und meine Worte zu bündeln.

,,Ich hab' heute Momo gesehen." Schlagartig drehte sie ihren Kopf und ihre Augen fanden meine.  ,,Wo?", kam es aus ihr herausgeschossen. ,,Wann? Habt ihr geredet? Was hat er gesagt?"

,,Wenn du kurz chillen würdest, würde ich es dir erklären."

,,Warte mal.. wie hast du ihn überhaupt erkannt?", unterbrach sie mich erneut. ,,..Oder hat er dich erkannt? Oh mein Gott, hat er dich irgendwie belästigt oder so?" Sofort wurde sie panisch und wollte sich  wieder aufrichten, doch ich legte meine Hand auf ihren Bauch, um sie zu beruhigen, und sie legte ihren Kopf wieder auf meinem Schoß ab. Langsam ließ sie ihre Hand zu meiner gleiten, und legte sie auf ihr ab. Sie blickte kurz stutzig zu unseren Händen, bis sie ihre wieder anhob. ,,Ach du Scheiße!",platzte es aus ihr heraus. ,,Warum sieht deine Hand so aus, als hättest du sie in der Mikrowelle vergessen?", fragte sie schockiert, als sie die relativ frischen Wunden auf meinen Knöcheln bemerkte.  ,,Habt ihr euch etwa geprügelt?", entsetzt sah sie mich an.

,,Man alter! Ich wollte die Story eigentlich voll theatralisch gestalten und erzählen wie krass ich ihn verprügelt hab' und mich danach richtig cool fühlen, aber du konntest deine Klappe mal wieder nicht halten und hast die ganze Geschichte selbst erzählt. Danke. ", war ich enttäuscht. darüber, dass sie mir meinen coolen Auftritt vermasselt hatte.

Ihr stutziger Blick vermittelte mir schon wieder nichts Gutes. ,,Wenn du das nur gemacht hast, um bei mir zu schleimen oder so, dann muss ich dich leider enttäuschen.."

Ein Lachen platze aus mir heraus.
Kenne ich sie zu gut oder kenne ich sie zu gut?

,,Was gibt's da zu Lachen?", boxte sie mir gegen den Arm. ,,Die Jungs haben heute den ganzen Tag auf mich eingeredet, dass ich es dir erzählen soll und ich hab genau diese Reaktion von dir vorhergesagt" Sie wurde still und blickte verlegen zur Seite.

,,Aber wie hast du ihn erkannt?"

Ich hatte gehofft, dass sie diese Frage nicht stellen würde. Das war der primäre Grund, weswegen ich es ihr nicht erzählen wollte. Den Jungs habe ich zwar gesagt, dass ich es ihr nicht erzählen möchte, weil sie denken wird, ich hätte es getan um besser bei ihr dazustehen, was auch einer der Gründe dafür war... aber der eigentliche Grund, weswegen ich nie wollte, dass sie es erfährt war, dass ich nicht wollte, dass sie erfährt, wie er vor ihrem Fenster stand.. Ich wollte nicht, dass sie angst kriegt und sich noch mehr vor ihm fürchten muss... Aber ich hab' mehr als deutlich mitbekommen, was geschieht, wenn ich sie anlüge..

,,Er stand vor deinem Haus und hat versucht durch eure Fenster zu fotografieren.. heute Morgen" Sofort sah ich die Angst in ihren Augen und die Blässe in ihrem Gesicht. ,,Bevor du jetzt Panik kriegst.." Ich pausierte und hielt ihre Hand fest. ,,Ich wollte dir das nur sagen, damit du weißt, dass du dir jetzt keine Sorgen mehr um ihn machen musst.. Der ist definitiv nicht mehr in der Lage irgendetwas zu tun.." Nach meiner letzten Bemerkung lachte ich ein wenig auf und sah sie hoffnungsvoll an. Ich wollte ihr damit nicht noch mehr Angst machen, sondern ihr eine innere Ruhe ermöglichen. Ich wollte, dass sie aufatmen kann.
Ausdruckslos richtete sie sich von mir auf.

Ego vs. EgoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt