Jaemin sagt nicht ein Wort, während sie im Bus sitzen, während sie die restlichen Meter zu Jenos Haus laufen, während sie in sein Zimmer gehen und es ihm mehr oder weniger dort einrichten. Seine Kraft reicht nicht, um zu weinen, sie ist vollständig aufgebraucht, er kann nicht einmal wieder aufstehen, als er sich auf Jenos Bett gesetzt hat.
"Lädt Lesen dich wieder etwas auf?", fragt dieser ihn, und er nickt schwach, streckt sich nach seiner Tasche, doch er erreicht sie nicht. Jeno stellt sie neben ihn, er braucht eine Weile, um sich zu entscheiden. Dann sinkt er zurück auf die ausgezogene Seite des Bettes, in sein Kissen, schlägt das Buch auf und bekommt durch das sofortige Verschwinden in dessen Welt nicht mit, wie Jeno seinen Rucksack wieder auf den Boden stellt und sich an die Bettkante setzt, ihn eine Weile ansieht, forschend, bevor er sich neben ihn legt und an sein Handy geht.
"Wie lange willst du eigentlich bleiben?", fragt er nach einigen Minuten, sieht zu Jaemin auf, da dieser sich mittlerweile doch wieder hingesetzt hat, Nono auf seinem Schoß. "Also, bis morgen, aber vielleicht ja länger, wegen deiner Eltern und allem. Du musst nicht, aber Eomma will das wissen, wegen Essen und so, die sind gerade einkaufen, und wenn du noch länger bleibst, kaufen sie mehr."
"Das sollen sie aber nicht", flüstert Jaemin.
Jeno schmunzelt. "Du kannst ruhig versuchen, sie zu überzeugen. Erfolg wirst du keinen haben."
"Aber ich weiß gar nicht, bis wann ich bleiben will."
Jeno mustert ihn von unten. "Besteht denn die Möglichkeit, dass du länger bleibst? Ja und Nein ist beides okay", ergänzt er, als Jaemin ihn unsicher ansieht.
Er schluckt. "Ja."
"Okay."
Jaemin wendet sich wieder seinem Buch zu, während Jeno eine Antwort an seine Mutter schreibt, doch er kann sich diesmal nicht so richtig konzentrieren. Also merkt er sich die Seitenzahl und schließt das Buch, legt es zur Seite, schlingt seine Arme um den Hasen.
"Jeno?", fragt er leise. Dieser sieht sofort zu ihm hoch. "Können... Können wir irgendetwas machen? Z-Zusammen?"
Jeno setzt sich auf. "Natürlich. Was denn?"
Jaemin zuckt mit den Schultern. Er will einfach nur Ablenkung, sich nicht so allein fühlen.
"Wir könnten rausgehen. Einen Film gucken. Ein Spiel spielen, also eher digital, oder wir fragen Jieun, ob sie mit uns ein analoges spielt." Er denkt noch weiter nach, aber Jaemin hat sich schon entschieden.
"Ein Spiel."
"Digital, analog?"
"Di...gital?"
"Dann komm, such dir was aus."
Aber Jaemin sitzt nur ziemlich überfordert vor der schieren Masse an Spielen, die Jeno sich in den letzten Jahren angesammelt hat, und als er auch noch welche aufzählt, die auf seinen beiden Konsolen heruntergeladen sind, ist es komplett vorbei.
"Kannst du nicht was aussuchen?", fragt er leise. "Ich hab noch nie so was gespielt."
Jeno blinzelt überrascht. Manchmal vergisst er fast, dass Jaemins Welt ziemlich eingeschränkt ist. Aber er sucht ziemlich zielstrebig eines heraus, räumt die anderen weg, und reicht Jaemin einen Controller. Der nimmt ihn zögerlich in die Hand, doch er scheppert sofort wieder auf den Fußboden, lässt Jeno sich umdrehen. In Jaemins Augen steht beinahe Horror, und Jeno schaltet sofort.
"Echt so schlimm, ja?" Er grinst schief.
"I-Ich weiß nicht... Geht bestimmt schlimmer..."
Also schaltet Jeno den Fernseher wieder aus. "Nimm dein Heft mit, wir gehen dir einen eigenen kaufen."
"Wa..."
Jeno schmunzelt über Jaemins aufgerissene Augen. "Ich könnte das Ding hundert Mal desinfizieren und du könntest es immer noch nicht anfassen, weil es immer noch da ist. Also kriegst du einen neuen."
"Aber..."
"Selbst wenn du ihn nicht benutzt, die Teile, die ich jetzt hab, sind so alt, ein neuer schadet nicht. Komm schon", schmollt Jeno, "sonst können wir nicht spielen."
"Aber... dann gibst du noch mehr Geld für mich aus..."
"Ich hab's dir schonmal gesagt, aber lass es mich anders formulieren: Nicht nur hast du es verdient, dass man dir alles kauft, woran du auch nur denkst, ich bin scheinbar auch die Liebe deines Lebens, also bin ich dazu berechtigt, genau das zu tun, auch wenn mein Budget sich momentan in Grenzen hält. Und deshalb werde ich dir einen Controller kaufen, ob du willst oder nicht, und ich werde dir auch noch eine ganze Menge anderer Dinge kaufen, egal, wie teuer sie sind, sofern ich sie bezahlen kann."
Jaemin weiß nicht, was er antworten soll, also macht er einen Schritt auf Jeno zu und küsst ihn. Der legt sofort seine Arme um ihn, zieht ihn sanft an sich, lächelt leicht.
"Hab ich dich überzeugt, ja?", fragt er leise nach, schmunzelt.
"Mhm", und Jaemin küsst ihn wieder. Da ist es auch egal, dass ein kleiner Jeno durch seinen Kopf springt und ihn nicht funktionieren lässt, er muss das aushalten, er will das aushalten, er will den gegenwärtigen Jeno küssen können. Aber lange klappt es nicht, als er wieder denken kann, sitzt er auf dem Boden, das Heft in seiner Hand, augenscheinlich hat er hineingeschrieben. Er blinzelt ein paar Mal, sieht zu Jeno auf.
"Da bist du ja wieder", lächelt der.
"Was... ist passiert?"
"Du hast mich einfach nur angeschaut, bis ich dir dein Heft gegeben hab, dann hast du dich hingesetzt und geschrieben." Jeno hält Jaemin seine Hand hin, er nimmt sie zögerlich und lässt sich von ihm hochhelfen. "Das war länger als sonst."
"Das war das Ziel", murmelt Jaemin. Jeno lächelt und drückt seine Hand, bevor er sie loslässt.
"Gehen wir jetzt los?" Jaemin nickt, also gehen sie nach unten, begegnen dabei Jieun in der Küche, nach Schokolade suchend.
"Kannst du Fahrrad fahren?", fragt Jeno Jaemin, der zuckt mit den Schultern.
"Hab's gelernt, aber das ist... bestimmt zehn Jahre her."
"Möchtest du es probieren? Wie ist das eigentlich mit Handschuhen?", unterbricht Jeno mehr sich selbst. "Kannst du dann nicht Dinge anfassen?"
"Kann sein... Aber ich krieg ja trotzdem was mit. Auch von den Handschuhen." Jeno nickt langsam. Dann dreht er sich zur Küche.
"Yah, Ji! Können wir dein Fahrrad leihen?"
16.07.2020
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can't you see me? ❈ nomin ✓
Fanfic𝙣𝙤𝙬 𝙥𝙡𝙖𝙮𝙞𝙣𝙜: can't you see me - txt 03:06 ────────────●─ 3:21 ⇆ㅤㅤ ㅤ◁ㅤㅤ❚❚ㅤㅤ▷ㅤㅤ ㅤ ㅤ↻ 𝙣𝙚𝙭𝙩 𝙛𝙧𝙤𝙢: 𝙙𝙖𝙣𝙘𝙞𝙣𝙜 𝙞𝙣 𝙩𝙝𝙚 𝙧𝙖𝙞𝙣 runaway - eric nam » Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, alles vereint in dem fast ach...