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Jeno muss auf Jaemins Anordnung hin ein Stück Kuchen essen, bevor er auch nur seine Geschenke auspackt. Das machen sie erst in Jaemins Zimmer, auf seinem Bett sitzend, und einen Weile sehen sie sich nur an, lächelnd, glücklich. Der Strauß steht auf Jaemins Schreibtisch.

"Auspacken, bunny." Jaemin schrickt leicht zusammen, nickt, nimmt die drei Pakete Jeno ab.

"Warum denn?", murmelt er, "du darfst mir nicht so viel schenken."

"Doch, weil du dich freust. Und außerdem konnte ich dir das nicht nicht holen."

Jaemin seufzt leise, sagt aber nichts mehr sondern beginnt mit dem größten. Ein Buch, wenig überraschend. Allerdings ist es auf Englisch.

"Du hast das beim letzten Mal in der Hand gehabt, aber dich nicht getraut. Ich glaub aber, dass du das hinbekommst. Ist ja auch okay, wenn du nicht alles verstehst. Aber du kannst es ja einfach ausprobieren."

Jaemin nickt leicht. "Mal sehen."

"Weitermachen", lächelt Jeno. Es steckt Jaemin an, aber er senkt seinen Kopf, bevor er es sehen kann.

Im nächsten Papier eingewickelt befindet sich Haarfarbe. Blondierung, um genau zu sein.

"Ich hab für mich auch rot geholt."

Wieder erscheint ein Lächeln auf Jaemins Lippen. "Wie in meiner Erinnerung."

"Ganz genau. Wenn ich ehrlich bin, hab ich auch davor schon überlegt, dir eine Farbe zum Geburtstag zu schenken. Und dann musste ich einfach."

"Du schenkst immer mit so viel... so vielen Gedanken."

"Nein." Jeno schmunzelt. "Ich denk kaum über Geschenke nach. Ich scheine einfach nur zu wissen, was dir gefällt."

Jaemin antwortet nicht, aber Jeno sieht das Rot seiner Wangen.

Als Nächstes ist das kleinste Paket dran, und schon von der äußeren Verpackung ist Jaemin sich sicher, dass es Schmuck ist. Das bestätigt sich auch, als er die Schatulle ausgepackt hat.

"Schenkst du mir auch eine Kette?"

"Mach's doch auf, bunny, dann siehst du's", schmunzelt Jeno.

Und es verschlägt Jaemin die Sprache.

Es ist das Armband, das er auch für Jeno überlegt hat zu kaufen. Das Armband, das zu Jenos Kette passt.

"Du hast gesagt, von der Kette gäbe es auch ein Armband", sagt Jeno leise, "also hab ich nachgeguckt. Und es gefunden."

Jaemins Finger zittern, während er es vorsichtig aus dem Schaumstoff löst. Eigentlich zittert sein ganzer Körper. Er schafft es nur mit Jenos Hilfe, das Armband überzustreifen. Dann sieht er es an, bis seine Augen sich mit Tränen füllen.

"Baby, sag was, sonst krieg ich Angst."

"Ich weiß nicht, was. Es ist toll. So, so toll. Ich..." Er holt tief Luft, sieht auf. "Danke, Jeno. Danke, danke, danke." Schwungvoll umarmt Jaemin ihn, wirft ihn dabei fast um.

"Es freut mich, dass du dich freust. Und das Armband ist dir auch recht, ja?"

Jaemin nickt. "Und wie. Ich kann es nie wieder abnehmen."

Jeno lacht leise. "Klingt nach einem Plan."

Nach einer Weile lösen sie sich wieder voneinander, und er streicht eine wirre Strähne Jaemins zurück an ihre richtige Position. Noch während seine Hand zurück in seinen Schoß sinkt, nimmt der Jüngere sie in seine und auch seine andere, hält seine Finger fest.

"Wann färben wir unsere Haare?", schmunzelt Jeno.

"Heute? Ich muss... nur Eomma fragen."

"Dann mach das."Jeno platziert einen Kuss auf seinem rechten Handrücken. "Ich warte, ja?"

"Mhm." Jaemin muss ihn küssen, bevor er aufsteht und aus seinem Zimmer geht. Während er mit seiner Mutter spricht, sieht Jeno sich ein wenig in seinem Zimmer um, vor allem auf der Suche nach neuen Büchern, Büchern, die er selbst vielleicht auch kennt. Er hat kaum Glück. Und selbst wenn, kennt er sie nicht, beziehungsweise haben sie darüber schon gesprochen.

"Ich muss mir dringend noch ein paar Bücher von dir ausleihen", bemerkt er auch sofort, als Jaemin wieder zurückkommt.

"Kannst du auch machen, aber jetzt musst du meine Haare färben."

Grinsend sieht Jeno zu, wie Jaemin auf der Stelle hüpft vor Aufregung. "Gut, dass ich meine Farbe auch mitgenommen hab."

Jaemin runzelt die Stirn. "In deiner Jackentasche?"

Jeno lacht leise. "Bunny, ich hab meinen Rucksack mit. Warst du wirklich so aufgeregt vorhin, dass du das nicht bemerkt hast?", fragt er liebevoll, und Jaemin spielt mit der Lasche der Blondierung.

"Vielleicht."

"Süß." Jeno steht auf, nimmt seine Hand und zieht ihn mit sich auf den Flur, wo seine Tasche steht. Mit beide Farben bewaffnet gehen sie ins Badezimmer am Anfang des Flurs, und Jaemin quietscht leise auf, während er die Anleitung durchliest.

"Steht mir das?", fragt er. "Das tut weh, oder? Brennt das sehr? Meine Haare werden davon garantiert total kaputt."

"Mein Engel." Jeno nimmt ihm den Zettel vorsichtig aus der Hand, sodass er ihn ansehen muss. "Und ob dir das stehen wird. Es wird ein wenig wehtun, und auch brennen, aber das sollte nicht zu schlimm sein. Wenn doch, waschen wir es sofort aus. Deine Haare gehen vermutlich kaputt, aber da ist ein Conditioner dabei, der dagegen hilft. Den kannst du dann auch nochmal benutzen. Vielleicht kannst du dir auch eine Spülung oder ein Shampoo extra für gefärbte Haare kaufen. Am besten mit so einer Anti-Gelbstich-Formel, damit dein Blond weißlich bleibt."

Jaemin sieht ihn mit großen Augen an. "Du brauchst Handschuhe", sagt er leise.

Auflachend lässt Jeno seine Hand los. "Weiß ich. Die sollten auch dabei sein. Hier, das schwarze Plastikrechteck." Er faltet es auseinander und streift die Handschuhe über.

"Du mischst das."

"Was denn womit?"

"Die Zwei in die Eins."

Während Jeno mit der Farbe beschäftigt ist, besorgt Jaemin sich ein Handtuch und kauert sich auf den Badewannenrand, damit Jeno an seinen Kopf herankommt.

"Ich hab Angst", bemerkt der Ältere, als er mit der Flasche vor ihm steht. "Und du willst mich das echt machen lassen?"

"Niemand anderen. Und jetzt mach, du hast das Zeug schon angerührt."

Jeno summt mehr unterbewusst leise vor sich hin, während er die Flüssigkeit in Jaemins Haaren verteilt, und abgesehen vom Jucken und Brennen kann er es fast schon genießen. Jenos sanftes Einmassieren, sein Geruch und sein Summen oder auch seine Stimme sind besser als jede Entspannungsmusik. Aber die leichten Schmerzen wirken dagegen an, bevor Jaemin noch in die Wanne fallen kann.

"Krass", bemerkt Jeno, als er fertig ist, und noch einmal nach freien Stellen kontrolliert. "Du siehst förmlich, wie das Dunkle ...einfach verschwindet."

"Ist es denn schön?" Jaemin wird nun doch etwas nervös, während er seinen Wecker einstellt.

"Und wie. Ich kann das Endprodukt kaum erwarten. Jetzt musst du aufstehen, ich hab ein bisschen rumgesaut."

Gemeinsam wischen sie die Blondierung vor allem von Jaemins Stirn, blödeln danach etwas vor dem Spiegel herum, und der Jüngere verliert gleich zwei Mal die Fassung, so seltsam sehen die in Farbe ertränkten Haare für ihn aus.

"Du bist so schön, wenn du glücklich bist", murmelt Jeno, und sie küssen sich, bis Jaemins Handy klingelt.

02.11.2020

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