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tw: scars/cuts, smut implication

Mit gefärbten und noch leicht feuchten Haaren kuscheln sie auf Jaemins Bett, bis es klingelt und der Jüngere sich aufrichtet, die Augenbrauen zusammenzieht.

"Bunny?", fragt Jeno leise. Er schüttelt den Kopf, lauscht, hört aber nichts. Doch sobald seine Mutter ihn ruft, springt er auf, Jeno mit sich ziehend.

Gerade als sie sein Zimmer verlassen, tritt Jaemins Mutter zur Seite, und er bleibt abrupt stehen, als er die Gleichaltrigen auf der anderen Seite der Tür erkennt.

"Was..." Geschockt sieht er zwischen den fünf und Jeno hin und her, der ihn Richtung Tür schiebt. Ein fünfstimmiges Gratulieren erklingt, und Jaemin kann einfach gar nichts mehr machen. Sie drücken ihm alle Geschenke in die Hand, und er bedankt sich, hat seine Fassung aber immer noch nicht zurück.

"Wollt ihr reinkommen?", fragt er leise, erhält sofort Kopfschütteln.

"Macht euch bloß 'ne schöne Zeit zu zweit", grinst Donghyuck, "wir sehen uns bestimmt, wenn ihr aus'm Urlaub zurück seid."

"Okay." Erst jetzt scheint Jaemin die Geschenke erst wirklich zu sehen, betrachtet sie, und ihm treten Tränen in die Augen.

"Soll ich sie dir abnehmen, bunny?", hört er Jeno leise, nickt, und steht schon ohne da. Als er aufsieht, blickt er direkt in Donghyucks Lächeln.

"Darf ich euch umarmen?", wispert er.

"Und ob du das darfst." Donghyucks Umarmung heißt ihn wärmstens willkommen, und Jaemin explodiert innerlich in kleine Konfettisalven, macht mit jeder Umarmung einen Satz von einer Wolke zur nächsten, schraubt sich höher, bis er die Sterne erreicht, als er in Jenos zurückfällt.

"Eure Haare sehen voll cool aus", murmelt Jisung, sich – durch seine Größe weniger erfolgreich – halb hinter Chenle versteckend.

"Find ich auch", grinst Jeno. Jaemin nickt nur zustimmend. Er ist zu überwältigt, zu überrascht, zu dankbar.

Geschenke. Glückwünsche. Gleich sieben an einem Tag. Langsam kommt es ihm unreal vor.

Die fünf haben sich aber bald wieder verabschiedet, Jaemin packt ihre Geschenke nur mit Jeno aus, und so kann dieser seine Freude ganz in sich aufnehmen, ihn einfach nur ansehen, das Strahlen in seinen Augen betrachtend. Es sind nur Kleinigkeiten und machen ihn doch so unendlich glücklich.

"Heißt dein Rucksack auch, dass du hierbleibst?", fragt Jaemin zögerlich.

"Wenn du das möchtest."

"Ja", antwortet er sofort, es bringt Jeno zum Lächeln.

"Gut. Und was machen wir jetzt?"

Sie lesen. Aneinandergekuschelt, Jaemin viel schneller als Jeno, und es ist schön. Bis zum Essen – zu Hause, Jaemin will nicht raus –, bis ihre Augen brennen. Sie machen sich bettfertig, den Fernseher aus dem Wohnzimmer hörend.

"Ich muss sie noch fragen."

Jeno sieht ihn durch den Spiegel an. "Wegen eurer Fähigkeit?"

Jaemin nickt. Jeno nickt. Sie sind still. Beiden brennt eine Frage auf den Lippen, die nicht zu stellen ist, also warten sie, bis die Antwort von selbst kommt.

Zwischen Jaemins Tür und Jaemins Bett finden ihre Münder zueinander, verschmelzen miteinander, wollen sich nicht voneinander lösen. Jaemin merkt beinahe nicht, dass er auf seiner Matratze landet, blendet das leichte Zurückfedern aus. Das Einzige, das gilt, sind Jenos Lippen.

Seine Lippen und seine Zunge und seine Hände.

"Jeno, meine Mutter ist da", wispert Jaemin, bevor sie sich noch darin verlieren können.

"Sollen wir aufhören?" Jeno mustert ihn.

"Ich weiß nicht."

"Du kannst jederzeit Nein sagen."

"Ich weiß."

"Also?" Jeno streicht vorsichtig über seine Wange, sieht ihn abwartend, aber geduldig an. Er beißt sich auf die Unterlippe, aber sieht nicht weg.

"Sie darf uns nicht hören."

"Dann sind wir eben leise."

"Das ist nicht so leicht", murmelt Jaemin.

Jeno lacht leise. "Ich pass schon auf, dass ich dir nicht zu viel zumute. Und, wie gesagt, du kannst mich immer stoppen."

"...Okay."

"Sicher?"

"Ganz sicher."

Also treffen ihre Lippen wieder aufeinander, sanft und doch mehr wollend. Jenos Finger tanzen über Jaemins Seiten, gleiten unter den Stoff auf seiner erhitzten Haut, doch Jaemins Hände schnellen zu seinen Gelenken, halten sie mit erstaunlich viel Kraft fest.

"Ich hör auf, bunny", sagt Jeno leise, "alles gut." Zögerlich lässt Jaemin ihn los, auf einmal beschämt. Warum hat er nicht einfach etwas gesagt? Was denkt Jeno denn jetzt?

"Was hab ich falsch gemacht, Engel?"

"Nichts, ich..." Jenos Hand an seiner Wange gibt ihm Sicherheit. "Da sind neue."

"Schnitte?", hakt Jeno nach. Er nickt. "Und ich soll sie nicht sehen."

"Nein, ja, ich, es..."

"Schon okay. Lass dir Zeit. Du musst es mir nicht erklären."

Regungslos verharren sie in Stille.

Dann schiebt Jaemin seinen Hoodie höher, entblößt seinen Bauch. "Sie sind... hässlich."

Jeno legt vorsichtig eine Hand an seine Seite, streicht über seine Haut. "Sie sind schmerzhaft. Mehr nicht. Nicht hässlich und nicht schön. Sie sind ein Teil von dir. Nichts an dir ist hässlich. Und ich liebe dich mit hundert Schnitten so sehr wie mit zehn. Ich finde dich mit hundert Schnitten so hübsch wie mit zehn. Egal, wo sie sind. Egal, warum. Sie verändern nichts."

Jaemin malt mit seinen Fingern auf Jenos Brust herum. "Bist du dir sicher?"

"Hundertprozentig. Tausendprozentig. Millionenprozentig."

Ein kleines Lächeln erscheint auf Jaemins Lippen. Aber er antwortet nicht.

"Brauchst du einen Beweis, mein Engel?", fragt Jeno sanft, Jaemin fühlt sich schon jetzt in seine Liebe gehüllt.

"Berührst du mich?", fragt Jaemin zurück, leise, den Blick auf Jenos Finger auf seiner Haut gerichtet.

"Möchtest du das?"

"Ja."

Also gleiten sie höher, ziehen Jaemin seinen Hoodie aus, und ihm ist doch weiterhin warm, so nah ist Jeno ihm. Er findet Halt in den roten Haaren, so weich, sie riechen anders, und trotzdem ist Jenos Geruch wie immer.

Bald trägt Jaemin auch seine Hose nicht mehr, spürt nur noch Jenos Lippen auf seiner Haut. Seine Küsse sind überall, er fühlt sich so geborgen, so geliebt. Auf einer Wolke, in einer Welt, wo nur sie existieren. Nur Jeno und Jaemin und Sorglosigkeit. Alles ist gut, so wie Jeno es immer sagt. Jaemin driftet ab in die Welt, lässt sich von ihm führen, sich einfach mitziehen, denn er weiß, dass sein Freund auf jedes Signal achtet, das sein Körper aussendet, jedes Zucken wahrnimmt, seine Grenzen nicht überschreitet. Auch nicht, als kein Platz mehr für Worte ist, nicht, als ihre Gedanken nur noch einander gelten. Alles ist gut, es gibt nichts Negatives mehr, nur noch Jeno. Überall. Und auch als sie einander umarmt halten, noch nicht gänzlich beruhigt, sind seine Gedanken still. Eine leichte Brise, schwaches Wellenrauschen. Es schläfert ihn ein. Und Jeno folgt ihm, folgt ihm sogar in seinen Traum.

13.11.2020
ich will schlafen

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