59

207 15 9
                                    

Den ganzen Samstag kann Jaemin sein Glück nicht fassen. Dementsprechend unruhig ist er im Buchladen – aber auf eine positive Art.

"Na, Jaeminnie, was ist passiert?", lächelt Yerim, als er mit einem Strahlen in den Augen Bücher vor ihr ablegt.

"Jeno und ich gehen essen."

"Wie schön", quietscht die Ältere, "wohin geht ihr?"

Jaemin explodiert beinahe vor Glücksgefühlen, während er ihre Fragen beantwortet – zum einen, da er den Abend kaum erwarten kann, zum anderen, da er es jemandem erzählt, der sich dafür interessiert und sich für ihn freut.

Dafür bekommt er fast einen Herzinfarkt, als sich plötzlich zwei Arme um ihn schlingen, auch wenn klar ist, dass es sein Freund sein muss.

"Du riechst gut", nuschelt der auch prompt in seine Halsbeuge, bevor er ihn wieder loslässt und die beiden richtig begrüßt.

Da Jeno hergekommen ist, um Jaemin abzuholen, setzt er sich noch für die restlichen Minuten an seinen Stammplatz, bevor Jaemin mit Jacke und Tasche aus dem Mitarbeiterraum kommt. Gleich darauf ist Jeno an seiner Seite, nimmt ihm letztere ab, damit Jaemin seine Jacke anziehen kann, da es kalt geworden ist.

"Hast du einen Wunsch?", fragt Jeno, als sie auf der Straße stehen, schließlich müssen sie sich die drei Stunden, die noch bleiben, irgendwie vertreiben.

Jaemin zuckt mit den Schultern. "Brauchst du irgendetwas?"

Jeno schüttelt den Kopf. "Aber du, und zwar etwas zu trinken. Also komm." Er legt seine Finger zwischen Jaemins und zieht ihn mit sich, sodass er keine andere Wahl hat, als nachzugeben, auch wenn er eigentlich nicht will. Aber Jeno hat ja Recht, schließlich hat er schon wieder den ganzen Tag nichts getrunken.

Mit einer Flasche Eistee verlassen sie das Einkaufszentrum wieder, und bevor Jaemin nicht getrunken hat, weigert Jeno sich, weiterzugehen.

"Du Idiot", murmelt der Jüngere, nimmt ihm die Flasche ab und setzt sie an seine Lippen. Kurz sieht Jeno ihm dabei zu, gefesselt von seinen hübschen Lippen und der Bewegung seines Adamsapfels, bevor er ihm einen Kuss auf die Schläfe drückt.

"Du bist so wunderschön", murmelt er, und Jaemin verschluckt sich fast. Hustend schraubt er die Flasche zu und schlägt sie gegen Jenos Arm, mehrmals, bis dieser sie ihm aus der Hand nimmt.

"Was denn?", grinst er. "Das ist nur die Wahrheit."

"Hättest du nicht wenigstens warten können, bis ich aufgehört habe zu trinken?"

"Nö." Schmunzelnd packt Jeno die Flasche weg und nimmt wieder Jaemins Hand, diesmal aber, um sich von ihm mitziehen zu lassen.

"Hat da jemand ein Ziel?", lächelt er und Jaemin nickt, beschleunigt seinen Schritt. Gleich darauf stehen sie vor einem Schaufenster und Jaemin starrt wie gebannt auf das Shirt einer der Puppen.

Schon hat Jeno ihn in Richtung Ladentür gezogen, Jaemin stolpert gerade so hinter ihm her.

"Was hast du vor?", fragt der Jüngere verwirrt, aber im nächsten Moment verschlägt es ihm die Sprache.

So viele schöne Kleidung.

"Na komm, bunny. Wir haben ausreichend Zeit. Tob dich aus."

"Ich soll mir...?" Jeno nickt, und Jaemin schüttelt sofort vehement den Kopf.

"Nein."

"Warum nicht?"

"Weil, weil, nein! Ich brauche doch überhaupt nichts, ich..."

"Das ist egal, Engel." Jeno lächelt sanft, als er Jaemins Verunsicherung sieht. "Wenn du etwas haben möchtest, kannst du das auch, ohne es zu brauchen."

"Du bezahlst mir jetzt nicht auch noch was zum Anziehen, dass das klar ist."

Jeno hebt grinsend die Hände. "Ich bin nur dein Kleiderständer. Außer, dein Geld reicht nicht", fügt er leise hinzu. Jaemin wirft ihm einen wütenden Blick zu, Jeno streckt ihm die Zunge heraus.

Eine Weile durchforsten sie den Laden, bis Jenos Arme von dem ganzen Stoff schwer werden. Da es ziemlich leer ist, finden sie schnell eine Umkleidekabine und Jeno hängt alles auf, will gerade wieder hinausgehen, als Jaemin ihn am Ärmel festhält.

"Du bleibst gleich hier vorne, oder...?"

"Na klar."

Also lässt Jaemin ihn los, zieht den Vorhang zu, und Jeno lehnt sich gegen die Wand davor.

Eine Weile hört er nur der Musik zu, ein Reißverschluss erklingt, und etwas später steckt Jaemin zögerlich seinen Kopf aus der Umkleide.

"Zeigst du's mir?", fragt Jeno, Jaemin sieht an sich herunter und folgt seiner Bitte unsicher, und Jeno bleibt die Spucke weg.

"Oh Himmel", murmelt er leise. Jaemin trägt noch immer sein schwarzes Shirt, hat seine Jacke aber gegen eine gleichfarbige Lederjacke ausgetauscht, auf dessen linker Brustseite eine weiße Rose gedruckt ist, und dazu passt die Cargohose an seinen Beinen perfekt.

"Bleib genau da stehen." Jeno dreht sich um und verschwindet um die Ecke, Jaemin wird unruhig, aber er ist gleich darauf wieder zurück und setzt ihm einen Fischerhut auf. Er dreht den Jüngeren zum Spiegel um und er starrt sich eine Weile einfach nur selbst an, vollkommen überrumpelt, bis er Jenos Stimme hört.

"Wenn du dir das nicht selbst kaufst, mach ich das, keine Widerrede."

"Jeno..."

"Sieh es als Weihnachtsgeschenk."

Jaemin dreht sich entgeistert zu ihm um. "Es ist Herbst!"

Jeno lacht leise. "Und? Baby, das sieht so unfassbar gut an dir aus."

"Das sagst du sogar, wenn ich die Schuluniform anhab, und die ist nun wirklich nicht schön."

"Nein, ich sage, dass du gut aussiehst. Das da steht dir einfach ausgezeichnet und du siehst gut aus."

Jaemin läuft rot an. "Hör auf", murmelt er, den Blick auf Jenos Hände gesenkt.

"Niemals. Und jetzt zieh dir das nächste an, sonst müssen wir uns noch hetzen."

"Ich hasse dich", murmelt Jaemin, als sie den Laden verlassen. "Nein, tu ich nicht, und das weißt du, aber, Mann, warum machst du das immer?"

"Weil du dann glücklich bist."

"Das sieht aus, als wäre ich nur mit dir zusammen, damit du mir alles kaufst, was ich will!"

"Vielleicht, ja. Ist mir aber egal. Jaemin, du strahlst förmlich, wenn du etwas von mir bekommst, das du sonst nicht kriegen dürftest oder könntest. Natürlich wiederhol ich das dann."

"Du gehst daran doch selbst noch pleite!"

"Muss ich dir meinen Kontostand zeigen, damit du damit aufhörst? Wir könnten in den Urlaub fliegen und ich könnte dir immer noch ein ganzes Regal mit Büchern kaufen."

Die Tasche in Jenos Hand raschelt, als Jaemin ihm umarmt.

"Danke", flüstert er, "von Herzen."

Jeno legt die Arme um seine Taille, drückt ihn vorsichtig an sich. "Es ist mir eine Freude."

"Tut mir leid, dass ich immer so gemein bin", fährt Jaemin fort, "ich bin es einfach nicht gewohnt. Und ich fühle mich schlecht, weil ich dir überhaupt nichts zurückgeben kann."

"Dein Lächeln reicht mir schon, um das zu machen."

"Du Idiot", murmelt Jaemin. "Ich liebe dich so sehr."

Jeno schließt seine Augen, lächelt. "Ich dich auch, mein bunny."

13.09.2020
m

can't you see me? ❈ nomin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt