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Jaemin kann lange Zeit nicht mehr sagen als nötig, schließlich ist alles hier so neu und unbekannt und er ist müde und irgendwie auch gestresst, und angestrengt sowieso.

So ist er froh, als sie endlich im Hotel sind, und er sich einfach hinsetzen und zur Ruhe kommen kann, während Jieun und Jeno, mit denen er sich das Zimmer teilt, sich mit ihren Sachen beschäftigen. Nach einer Weile kündigt Jieun an, rauszugehen und sich umzusehen, und als sie weg ist, setzt ihr Bruder sich zu seinem Freund und nimmt ihn in die Arme.

"Müde", murmelt Jaemin in seine Schulter.

"Kein Wunder", lächelt Jeno, über seinen Rücken streichend. "Möchtest du etwas machen oder hierbleiben?"

"Was ist denn 'etwas machen'?"

"Weiß ich noch nicht. Wir könnten uns auch einfach ein bisschen umsehen, und dann finden wir vielleicht was."

"Ja", sagt Jaemin nach einer Weile Nachdenken.

Also gehen sie raus, und als Erstes ans Wasser.

Jaemin war noch nie am Meer, selbst Seen oder Flüsse hat er kaum gesehen. Kein Wunder, dass er erst einmal minutenlang fasziniert auf die niemals stoppenden Wellen starrt. Jeno sieht ihm dabei nur zu, in sich hineinlächelnd. Das ist etwas, was er von Anfang an an Jaemin geliebt hat – sein neugieriger Blick, wenn er etwas Neues entdeckt, die Vorsicht, mit der er vorgeht. Und auch jetzt zieht Jaemin ihn etwas unsicher mit sich ans Wasser, schrickt zusammen, als es direkt vor seinen Schuhspitzen auf den Strand trifft.

"Sollen wir ein Stück reingehen?", fragt Jeno.

"Wie weit?"

"Das kannst du entscheiden."

Also streifen sie ihre Schuhe etwas weiter oben ab und kehren Hand in Hand zurück. Schon der nasse Sand ist kühl unter Jaemins Füßen, und er zuckt zusammen, als das Wasser auf seine Zehen trifft.

"Kalt", sagt er leise.

"Es wird die nächsten Tage wärmer. Und wenn du etwas länger drin bist, gewöhnst du dich daran."

Zögerlich geht Jaemin weiter, bis seine hochgekrempelte Hose von den Wellen erwischt wird, Jeno immer auf der gleichen Höhe mit ihm. Dann bleiben sie stehen, lauschen dem Meeresrauschen und dem Wind, der über das Wasser pfeift.

"Da hinten regnet's", sagt Jaemin, deutet in die Ferne auf einen Wolkenbruch.

"Wir sind rechtzeitig wieder zurück."

Also richtet Jaemin seinen Blick wieder auf das Wasser, das seine Knöchel umspült.

Ein Kreischen lässt ihn zusammenfahren, sein Griff um Jenos Hand wird fester, und er sieht zu seinem Freund auf. "Was...?"

"Möwen." Jeno deutet Richtung Himmel, und Jaemin findet die weißen Vögel sofort. Erneut erklingt das Geräusch, und diesmal kann er es auch zuordnen. Für eine Weile sieht er noch in den Himmel, wird allerdings unterbrochen, als Jeno ihn mit sich den Strand hoch zieht.

"Jeno–" Jaemin stolpert beinahe, aber Jeno fängt ihn auf.

"Wir sollten weiter, bunny. Ich will nicht im Regen noch draußen sein müssen."

"Aber das ist schön."

Jeno schmunzelt. "Es ist nicht mehr so schön, wenn wir den Urlaub erkältet im Hotelzimmer verbringen."

Darauf weiß Jaemin nichts mehr zu sagen, weil er ja Recht hat.

Viel kann Jeno ihm nicht mehr zeigen, bis sie sich endgültig auf den Rückweg machen müssen, gerade rechtzeitig, um dem Regenschauer zu entwischen.

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