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Jaemin besucht seine Mutter regelmäßig im Krankenhaus, meistens an seine Arbeitszeiten angebunden. Ihr geht es besser als er dachte, aber sie bleibt trotzdem lange in stationärer Behandlung. Währenddessen bleibt Jaemin die ganze Zeit bei Jeno, und somit müssen sie sich alles teilen. Seine Mutter nimmt sich, als sie davon erfährt, einen Tag frei, um mit ihnen die wichtigsten Dinge zu besorgen. Und so hat Jaemin eine eigene Zahnbürste im Haus der Lees.

Nicht ein einziges Mal erwägt er auch nur, eigene Dinge von zu Hause zu holen – Bücher hat die Familie genug, und egal wie sehr er seine eigenen lesen will, eine Begegnung mit seinem Vater sind sie nicht wert. Also leiht Jeno ihm alles, von den Kopfhörern bis zur Schuluniform.

Und natürlich auch andere Kleidung.

Anfangs verbringt Jaemin den ganzen Tag noch in Schuluniform, da er sie nicht direkt mit Jeno im Verbindung bringt, aber nach einer Weile traut er sich doch an die anderen Fächer in Jenos Kleiderschrank. Und jedes Mal überhäuft Jeno ihn mit Komplimenten, bis er sich im Badezimmer verschanzt. Doch es führt dazu, dass er sich wohler fühlt und nicht jedes Mal nachfragt, bevor er sich umzieht.

Nach einer Weile, in der sie es irgendwie geschafft haben, dass es keiner wahrnimmt, treffen sie sich aber am Wochenende mit Jenos Freundeskreis und somit kreuzt Jaemin in Jenos Klamotten auf.

Sie haben sich auf das Café über dem Buchladen, in dem Jaemin arbeitet, geeinigt, ungeachtet dessen, allerdings hat Jeno es aus dem Grund vorgeschlagen, dass er sich da wohler fühlt als er es bei jemand anderem zu Hause oder in einem anderen Café täte. Und als sie etwas verspätet auftauchen, da Jaemin auf halbem Weg eine Angstattacke hatte, sitzen die anderen fünf bereits an einem Tisch – und vier von ihnen mit einem Buch in der Hand.

Als Jaemin es sieht, hält er Jeno am Ärmel fest und sieht ihn fragend an.

"Die Bücher? Ich habe wohl einen Leseratten-Magneten." Er lächelt aufmunternd, und Jaemin muss seine Hand nehmen, bevor sie zum Tisch gehen.

Donghyuck, als Einziger nicht in einem Buch versunken, sieht sie bereits kommen und rammt Renjun neben sich seinen Ellbogen in die Seite, sodass dieser ihn unter dem Tisch tritt. Aber er sieht auf, und die anderen also auch, und sie alle lächeln den beiden Spätkommern zu, begrüßen sie. Jisung und Chenle rutschen auf der Bank weiter nach hinten, um Platz für sie zu machen, und Jeno schiebt den Jüngeren zuerst auf das Polster. Als sie sitzen, entledigen sie sich ihrer Jacken, während Mark und Chenle sich wieder in ihren Büchern vergraben, Donghyuck und Renjun sich weiter gegenseitig piesacken und Jisung Jaemin verstohlen von der Seite mustert.

"Jeno-hyung, hast du den nicht auch?", fragt er leise, deutet auf Jaemins Hoodie. Dessen Kopf sinkt auf die Tischplatte. War ja klar, dass es einem von ihnen auffällt.

"Das ist meiner. Er trägt jetzt nicht erst seit gestern meine Klamotten. Sonderlich früh merkst du das nicht."

"Ich hab das schon bemerkt!", verteidigt Jisung sich, "ich hab nur nichts gesagt!"

"Na klar", grinst Jeno. Aber es schert ihn auch gar nicht mehr, er hat seinen Blick wieder auf Jaemin gerichtet und betrachtet ihn mit einem verträumten Lächeln.

"Oh mein Gott, bist du eklig", murmelt Renjun, bevor er sich wieder hinter seinem Buch versteckt. Jenos Finger streicht über Jaemins Schläfe, er lugt über seine Arme zu ihm hoch.

Jeno schenkt ihm ein Lächeln. "Er steht dir."

Renjun knallt das Buch auf den Tisch und steht auf, während Jaemin sich wieder versteckt. "Noch jemand 'nen Kaffee? Nein? Gut, ich trag nämlich nicht für zwei." Er stampft schon fast zur Theke, und für einen Moment ist der Rest still, bevor Donghyuck leise auflacht.

"Wollt ihr nicht auch was?", fragt er das Pärchen, Jaemin sieht kurz zu ihm auf, bevor er zu Jeno sieht.

"Ja?" Jaemin nickt. "Dann gehen wir gucken." Jeno steht auf und zieht ihn mit sich zu Renjun, der ihm einen genervten Seitenblick zuwirft.

"Schnulz woanders rum."

"Keine Sorge, du Muffel, ich kann mir das auch mal kurz verkneifen."

"Das will ich auch hoffen", schnaubt er. Jaemin klammert sich fester an Jenos Hand. Daraufhin stupst dieser ihn leicht an und deutet auf die Tafel mit den Heiß- und Kaltgetränken.

"Freie Auswahl." Aber Jaemin wird abgelenkt von einem Winken, Yerim steht im Türrahmen zum Mitarbeiterraum, bindet sich gerade eine Schürze um und kommt gleich darauf zu ihnen gehuscht.

"Jaemin-ssi~! Hi, und hallo Jeno, und hallo, Freund von Jaemin! Was kann ich euch bringen?"

"Kaffee", sagt Renjun nur.

"Ich hätte gerne Pfefferminztee", sagt Jeno.

"Grüner Kaffee, nein, warte... Kaffee oder grüner Tee?"

"Wenn ich dir was sagen soll, was der Chef nicht hören darf: Der grüne Tee hier ist echt schlecht ausgesucht."

"Dann Kaffee."

"Mit Milch?" Jaemin schüttelt den Kopf, Renjun ebenfalls, als sie ihn ansieht. "Gut, dann könnt ihr das gleich holen. Der Rest von euch will nichts?"

"Sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt", schmunzelt Jeno, mit einem Blick zum diskutierenden Quartett in ihrer Ecke.

"Na gut. Wer bezahlt für wen?"

"Jeder für sich selbst", fährt Jaemin dazwischen, bevor Jeno etwas sagen kann. Aber er ist trotzdem schneller, legt schon Geld vor ihnen auf den Tresen.

"Nichts da."

Yerim sieht zwischen den beiden hin und her, schmunzelt über Jaemins beleidigten Blick Richtung Jeno, bevor sie das Geld nimmt und gegen Wechselgeld austauscht. Das Gleiche tut sie auch mit Renjuns Geld, bevor sie sich dem Kaffeeautomaten zuwendet.

"Könnt... ihr meins mitnehmen?", fragt Renjun, den Blick auf Yerims Haare gerichtet.

"Wie war das noch mit dem nicht für zwei tragen wollen?", grinst Jeno.

"Bitte?" Der Ältere dreht sich ihm zu, Jeno seufzt und nickt, und Renjun kehrt an ihren Tisch zurück.

"Bunny, wenn er was Gemeines zu dir sagt, meint er das nie ernst, okay? Bei dir macht er es noch nicht, aber falls du doch was abkriegst oder so, mach dir darum keinen Kopf. Und wenn er was zu uns sagt, er übertreibt einfach gerne. Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Schaffst du das?"

"Ich kann's versuchen."

"Das reicht schon."

"Wen habt ihr dabei?", fragt Yerim, als sie wieder vor den beiden steht, ihnen mit unverhohlener Neugier entgegenblickend.

"Jisung und Chenle siehst du nicht, Renjun war der, der eben hier stand, Mark ist der mit der Brille und Donghyuck der daneben."

"Hm, okay. Ihr könnt ruhig mal öfter vorbeikommen", grinst sie. "Dann lern ich mal deine Freunde kennen~!"

Und auch wenn Jaemin nicht weiß, ob das stimmt, ist es doch schön, jemanden die fünf als seine Freunde bezeichnen zu hören.

17.10.2020
I'm a misfit~

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