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• Taehyung PoV •
Es herrschte erstmal Stille, in der wir beide auf das Wasser unter uns starrten, nachdem ich die wichtigen Worte ausgesprochen hatte. Vorsichtig schlung ich meine Arme um dessen schlanke Taille, um ihn etwas an mich ziehen zu können, während ich ihm ruhig über die Schulter blickte.

„Was? W-Wer lebt? Was willst du mir sagen?",entkam es ihm etwas nervöser in der Tonlage, wobei er sich in meinen Armen umdrehte. Mit seinen voller Unsicherheit gefüllten Augen schaute er mir fragend auf das Gesicht und atmete tief durch. Sein zartbraunes Haar wehte ihm ungestört vor den Augen wie ein zartes Glockenspiel, und seine Haut hatte einen schönen, matten Ton gehabt, der ihn wie eine Puppe aussehen ließ.

„Deine Mutter. Sie lebt.",entkam es mir erneut behutsam, woraufhin er schlagartig seine Augen aufriss und mich empört anstarrte. Ohne etwas zu sagen, blickte er an seinem Hals runter, wo die Kette seiner Mutter hing, die ich ja in der Akte gefunden hatte und ihm vorhin um den Hals rumgemacht habe.

Ich habe die ganzen Wochen über diese Kette und dem Bild recherchiert, welches sich ebenso in den Dokumenten befand, nur um letztendlich herauszufinden, dass Frau Jeon gar nicht tot war, wie eigentlich bestätigt. Sie war damals mit ihren zwei Töchtern abgetaucht, um dem kriminellen Leben ihres Ex-Mannes aka Seungho zu umgehen. Das Einzige, was die arme Frau haben wollte, nachdem sie ihren geliebten Sohn verlor, war ein friedliches Leben.

„W-Woher hast du diese Kette? U-Und was redest du da?! Meine Mutter wurde umgebracht, sie lebt nicht mehr.",entwich es Jungkook kraftlos in einem leisen Ton, als er mir zerbrechlich vor Schmerz in die Augen blickte, während er den saphirfarbenden Diamanten der Kette mit seinen zarten Fingern umschloss.

„Ich habe eine sehr alte Akte von dir ins Büro eingereicht bekommen, in der sich diese Kette befand. Das ist doch deine Mutter, oder?",fragte ich ihn leise, sobald ich ihm das ältere Bild seiner Mutter hinhielt. Es waren die Augen, das Haar und das kleine Muttermal am Wangenknochen, was sie gleich aussehen ließ.

Mit zögernden Griffen nahm Jungkook mir das Bild aus der Hand, um es sich genauer mit seinen glasigen Augen anzusehen. Gott, ich wollte nicht wissen, wann er seine Mutter letztens zu sehen bekam, als ich sah, wie sehnsüchtig er auf dieses Bild starrte.

„Das Bild war auch in dieser Akte. Direkt machte ich mich auf die wochenlange Recherche, da ich wissen wollte, wer diese Frau ist. Was hatte diese Kette bloß damit zutun, fragte ich mich. Meine Ergebnisse zeigten mir, dass ihr Tod damals vorgetäuscht wurde, damit sie mit deinen zwei Schwestern unter einem anderen Namen abtauchen konnte.",erklärte ich ihm die zerreißende Wahrheit, während er seinen Kopf langsam anhob und mich weniger schockiert, sondern eher sprachlos und verletzt anschaute.

„A-Aber ich bin doch auch ihr Kind...",wisperte Jungkook kleinlaut, woraus ich den schwächsten Punkt in ihm heraushören konnte, den ich getroffen hatte. Er rieb seine Lippen vertieft aufeinander, nachdem er seinen Kopf wieder senkte und still blieb.

Seine Worte taten mir extrem weh. Was für eine Sehnsucht musste dieser Junge über die Jahre gehabt haben? Ich wusste, dass auch Jungkook einen Schwachpunkt hatte, womit ich ihn konfrontieren konnte. Umso erleichterter war ich, als ich diesen fand.

„Das bist du auch, Kooks. Es ist nur so, dass sie damals von dem kriminellen Leben deines Vaters flüchten wollte. Sie wollte wenigstens mit den Kindern, die ihr „übrig" geblieben sind, ein friedliches Leben führen, nachdem sie dich leider nicht mehr retten konnte."

Mit meinen Händen strich ich ihm langsam die aufkommenden Tränen von den Wangen, als ich ihn schluchzen hörte. Von selbst legte er seinen Kopf auf meiner Brust ab und ließ seinen Tränen freiem Lauf. Stumm schloss ich meine Arme um dessen zittrigen Körper, um ihn etwas an mich zu drücken und für ihn da zu sein.

„Woher weißt du das alles?",flüsterte er leise unter seinen Tränen, die er durchgehend versuchte verzweifelt wegzuwischen, weshalb ich meine Finger um sein Kinn schloss und seinen Kopf hochdrückte. Sanft schenkte ich ihm ein leichtes Lächeln, bevor ich ihm die Tränen mit einem Taschentuch wegwischte.

„Ich habe mit ihr telefoniert.",gestand ich ihm ruhig, weshalb er förmlich erstarrte und letztlich nichts mehr von sich gab. Komplett dissoziiert schaute er mich an, aber ließ mich somit auch wieder das Wort ergreifen.

„Ich habe sie kontaktiert und alles erklärt. Natürlich war sie erstmal panisch, als sie bemerkte, dass die Polizei sie anrief. Schließlich kontaktierte ich sie durch meine private Nummer und sie fing ein Gespräch mit mir an und erklärte mir eure Geschichte. Natürlich, nachdem ich ihr erstmal gesagt habe, wer ich bin und das alle Infos bei mir bleiben."

Um Jungkook nicht zu überfordern, machte ich eine kleine Pause, in der ich ihm mit den Fingern achtsam durch das ungekämmte Haar strich und bemerkte, wie er immer nachdenklicher wurde.

„Als ich ihr sagte, dass ich ihren verlorenen Sohn kenne und dass es dir gut geht, fing sie an zu weinen. Diese Frau liebt dich, Jungkook. Genauso, wie du sie liebst. Ich will dich nicht überfordern mit den ganzen Informationen, aber eine Frage brannte ihr auf den Lippen, die ich dir stellen sollte."

Er nickte nur etwas, als er seine Tränen hastig wegwischte und tief durchatmete. Seine geröteten Augen hatten einen erschöpften Schimmer, aber dennoch wirkte er nicht so, als hätte ich ihn gerade überfordert.

„Nein, alles gut. Ich bin nicht überfordert. Das kommt wahrscheinlich erst später, wenn ich wieder alleine bin. Mich würde jetzt einfach nur interessieren, was ihre Frage war.",bestätigte er mir meine Vermutung, während er das Foto für sich in die Tasche verstaute und mir immernoch aufmerksam zuhörte.

Er war verdammt stark, eine verdammt starke Person, die selbst sowas aushielt. Der Wahnsinn, wie er nicht komplett zusammenbrach bei diesen Informationen.

Fasziniert beobachtete ich ihn ruhig und fragte ihn leise:„Würdest du dich mit ihr mal treffen wollen? Dann, wann du willst oder wenn du willst."

„Ja.",antwortete er mir fast schon reflexartig und schaute mich dabei mit einem unsicheren Blick an. Denn er schüttelte anschließend eher verneinend den Kopf und sagte:„Ich kann nicht. Ich bin immernoch kriminell. Das kann ich ihr nicht antun. Ich würde damit nur die Vergangenheit in ihr wieder hochschaukeln."

„Dann hör auf kriminell zu sein und gebe dich dem vernünftigen Leben mit einer liebenden Mutter und zwei nach dir sehnenden Schwestern hin.",sprach ich hoffnungsvoll und leise, sodass allein er mich verstehen konnte. Unbewusst kam ich ihm mit dem Gesicht immer näher, weshalb ich nach einer Weile sein unregelmäßigen Atem an meinen Lippen spürte.

Ob ich es schaffen würde, ihn dazu zu überreden? Ihn auf den richtigen Weg zu bringen? Ein Weg, in dem er Frieden und Ruhe verspüre?

Forbidden Soulmates • TaeKookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt