Kapitel 57

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Lange Zeit hockten die beiden jungen Menschen im Badezimmer auf dem Boden. "Honey? Mir wird langsam kalt. Ich zieh mir eben was an. Beruhig dich bitte. Es wird alles gut." sagte er leise und verließ das Badezimmer um sich was bequemes anzuziehen. Tia hatte sich langsam wieder berappelt und stand nun in der Tür und beobachtete ihn. Sie hatte den Drang ihn zu berühren aber sie wusste, dass er es nicht wollte. Das war ihr klar, nachdem was ihm Widerfahren war. Leise ging sie hinunter zu ihrer Tochter und beobachtete sie beim spielen. Es hatte mittlerweile zu schneien begonnen und Anouks Blick ging immer wieder nach draussen und beobachtete die tanzenden Schneeflocken. 

Die letzten Monate hatten ihre Tochter geprägt, sie war zwar immer noch das liebe Kind aber man sah ihr in manchen Momenten die Traurigkeit an.  Paddy kam hinunter ins Wohnzimmer und wollte seine Tochter umarmen, doch sie zuckte zusammen und machte sich ganz steif. Innerlich schrie sie ihren Vater an, weil er sie alleine gelassen hatte, aber sie schaffte es nicht es nach aussen zu bringen. Der junge Mann bemerkte den inneren Kampf der Kleinen, ließ sie los und strich ihr über den Kopf.  "Ich habs echt verbockt, oder?" fragte er Tia leise. Sie schaute erst auf ihn und dann auf ihre Tochter. "Gib ihr Zeit. Sie fühlte sich von dir zurück gestoßen und nicht gewollt. Anouk meint ihre Reaktion nicht böse." Das schlechte Gewissen nagte an dem jungen Mann und er ließ die Schultern hängen. Etwas später nahm er sein Handy raus und telefonierte erst mit Pino und dann mit Andy. Tia hatte währenddessen eine Telefonnummer eines Therapeuten raus gesucht und ihm hingehalten. Stirnrunzelnd schaute er auf das Stück Papier. Paddy beendete das Telefonat und sah die junge Frau an. Er wusste das sie es nur gut meinte, aber er überlegte wieder in die Klinik zu gehen, doch dann fiel ihm ein, dass ja dort die Katastrophe angefangen hatte. 

"Ok ich ruf da an. Aber es ist doch ein Feiertag." murmelte er. "Michael Patrick Kelly, du rufst da jetzt an, egal ob Feiertag oder nicht. Es gibt Notfall Sprechstunden." etwas widerwillig wählte er die Nummer und tatsächlich ging jemand ans Telefon. Der junge Mann konnte sogar heute noch kommen, doch er zögerte. Aber bei dem Blick von Tia wusste er das er nicht  mit ihr Diskutieren sollte.

Der junge Mann klingelte und der Summer ertönte. Unsicher betrat er die Psychologische Praxis.  "Herr Kelly, schön das sie da sind. Kommen Sie doch durch." sagte die Psychologin. Paddy ging ihr hinterher in das Sprechzimmer. Das Zimmer war farbenfroh ausgestattet und versprühte einen doch sehr entspannten Charme eines Wohnzimmers. Der junge Mann setzte sich auf einen der Sessel der Therapeutin gegenüber. Schnell wurde der Anamnese Bogen ausgefüllt und ein lockeres Gespräch entstand. Die junge Frau strahlte Ruhe aus und durch einfache Fragen konnte sie schon leicht in sein Seelenleben schauen. Irgendwann stoppte Paddy, denn er wollte nicht über die Tortur sprechen, jedenfalls noch nicht. Die Psychologin machte sich immer wieder Notizen und beschloss noch am selben Tag in der Klinik anzurufen wo er länger stationär war, damit sie seine Unterlagen bekam um besser mit ihm arbeiten zu können. "Ok Herr Kelly, die Zeit ist leider schon um. Sie haben mir ja schon recht viel erzählt, aber der eigentliche Kern, den verstecken Sie noch. Hören Sie, Sie bekommen alle Zeit die Sie benötigen um  das aktuelle Problem zu verarbeiten. Ich weiß das Sie eine tolle Frau an ihrer Seite haben und sie alles für Sie tun würde. Soll ich Ihnen ein Medikament verschreiben, damit Sie ruhiger werden oder meinen Sie, dass es auch so geht.?" Paddy überlegte kurz, aber er wollte keine Tabletten mehr nehmen. Nachdem ein neuer Termin ausgemacht worden war, verabschiedeten sie sich und der junge Mann bedankte sich bei der Ärztin für die Zeit. Lächeln gab sie ihm die Hand und schob ihn dann Richtung Tür. Das brachte Paddy zum lachen. Die Sitzung war zwar anstrengend gewesen, aber in ihm machte sich Erleichterung breit. 

Während Paddy bei der Therapeutin war, entschloss sich Tia mit ihrer Tochter zu reden. "Schatz, wir müssen uns unterhalten." sagte sie und setzte sich zu Anouk und zog sie auf den Schoß. "Ich weiß das du noch sauer, wütend und enttäuscht von deinem Papa bist, aber gib ihm eine Chance. Ja es ist die zweite Chance, aber manchmal passieren Dinge, die nicht geplant waren. Er liebt dich abgöttisch und würde alles für dich tun, auch wenn es nicht den Anschein hatte. Es war nicht Papa, der den Kontakt nicht wollte, ok erst schon aber dann nicht mehr. Er ist in eine Situation geraten, in die niemand hinein möchte. Man hatte ihn sehr verletzt, psychisch und körperlich. Und bevor du mir die Schuld gibst, mal wieder, muss ich sagen das ich es diesmal nicht war. Erinnerst du dich an die aggressive Frau? Genau die, die hat ihm weh getan über einen langen Zeitraum. Schatz, bitte nicht weinen. Es wird alles gut. Wir brauchen alle Zeit um mit dem ganzen klar zu kommen." Anouk fing währenddessen an zu weinen und konnte nicht anders als sich in Tias Armen zu verstecken. "Es tut mir leid." schluchzte sie. Tia hielt sie fest im Arm und atmete erleichtert aus. 

Paddy kam zurück und seine kleine Tochter stand plötzlich vor ihm. "Daddy, es tut mir leid. Ich hab dich doch lieb." und mit dem Satz warf sie sich in seine Arme. Der junge Mann war leicht überfordert aber er nahm sie in den Arm. Manchmal hatte er das Gefühl, dass seine Tochter möglicherweise eine etwas gestörte Persönlichkeit hatte. Erst so und dann wieder so, konnte aber auch einfach sein, dass sie sich mehr Gedanken über alles machte als die Erwachsenen. Paddy wiegte sie in seinen Armen und küsste sie auf die Stirn. Das Kriegsbeil schien vorerst vergraben worden zu sein. 

Es war bereits Mittag und Tia bereitete ein Blech Pizza vor. Den Teig machte sie selber und fragte dann die beiden was sie als Belag haben wollten. Zum Glück war alles noch im Kühlschrank. DIe Pizza wurde mit Salami, Thunfisch mit Zwiebeln und Spinat mit Feta Käse und etwas Knoblauch. Nach ca 20 Minuten war das Blech fertig und Paddy hatte schon den Tisch gedeckt. Währenddessen schneite es immer noch. Die Pizza war richtig lecker geworden und sie genossen Stück für Stück. Paddy beschäftigte sich ein bisschen mit Anouk und er bemerkte immer wieder den Blick nach draussen. Auf einmal fiel ihm der Song aus der Eiskönigin ein, den Film kannte seine Tochter natürlich und so wie es aussah war sogar schon genug Schnee vorhanden um einen kleinen Schneemann bauen zu können. "Willst du einen Schneemann bauen?" stimmte er an. Anouk riss die Augen und Mund auf und brüllte "Jaaaaaa los komm und spiel mit mir." Die Euphorie war riesig aber Tia musste die beiden kurz stoppen. "Stopp!! Anouk du musst was warmes anziehen und du Paddy auch, ansonsten lasse ich euch nicht nach draußen." Ein Spitzbübisches grinsen zuckte über das Gesicht des jungen Mannes. Anouk sprang auf und rannte in ihr Zimmer um den Schneeanzug anzuziehen. Tia musste ihr aber helfen. Der junge Mann war schon fertig, er trug einen dicken Pullover, Schal, Mütze und Handschuhe. Hand in Hand gingen Papa und Tochter nach draussen. Die junge Frau hielt sich im Hintergrund und machte lieber ein paar Fotos. 

Nach über einer Stunde kamen beide leicht durchgefroren wieder rein. Der Schneemann stand und wie sollte es anders sein, hatten die beiden eine kleine Schneeballschlacht gemacht. Grinsend zog sie ihre Tochter im Wintergarten aus, hatte auch schon  Handtücher parat und der Kakao war auch schon warm. Der Tag verlief zum Glück sehr harmonisch nach dem kleinen Desaster vom morgen. Friedlich schlummerte Anouk nachdem Paddy ihr eine Geschichte vorgelesen  und ihr ein Schlaflied gesungen hatte. Zufrieden kam er zurück ins Wohnzimmer, wo auf einmal viele Kerzen brannten und eine nervöse Tia auf ihn wartete.

"Michael Patrick Kelly, wir sind durch Höhen und Tiefen gegangen. Aber meine Liebe zu dir war immer da. Ich werde dich immer unterstützen und immer lieben und immer für dich da sein wenn du mich brauchst. Deswegen frage ich dich: Möchtest du mich heiraten?" Verdutzt schaute der junge Mann in ihre Augen und sah auch eine Unsicherheit darin. Er liebte sie und wusste das sie es ehrlich meinte, aber konnte er jetzt Ja sagen oder doch Nein, so wie sie bei ihm vor zig Monaten. 

________________________________________________________________________________ Ich hoffe euch gefällt dieses Kapitel. Auf jedenfall bedanke ich mich bei euch für die Likes und natürlich für die Kommentare und danke schön, dass ihr so geduldig wart.

LG eure Mary 


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