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SCHMELLE
,,Hast du irgendwelche dunklen Gedanken, dir eventuell das Leben zu nehmen oder so etwas in die Richtung?" fragte Roman vorsichtig und lehnte sich etwas nach vorne. ,,Nein, keine Sorge ich habe keine Gedanken in die Richtung, wirklich nicht. Ich denke nicht an soetwas".  Lüge...,,okay, ich will nur, dass du weißt, dass falls du darüber nachdenkst, soetwas keine Lösung ist. Es gibt immer etwas wofür es sich zu leben lohnt und wenn es nur Kleinigkeiten sind". Klar....und wenn ich gerade keinen Sinn mehr in meinem Leben sah? Wenn einfach alles sinnlos war? Lukasz war weg, er liebte mich nicht, Mats ignorierte mich und Fussball spielen durfte ich ja sowieso nicht, wenn ich spielen durfte, dann versaute ich es nur. Ich hörte, wie die Menschen mor diese Sätze, diese Floskeln sagten, dass alles einen Sinn hatte, oder das es immer einen Grund gab um weiterzuleben, aber ich wusste einfach nicht mehr, was sie bedeuten sollten, ob diese Sätze für mich überhaupt noch eine Bedeutung hatte. ,,Deine Familie zum Beispiel oder dein Traum eine eigene Fussballschule zu haben irgendwann um junge Talente zu fördern", meinte Roman, er musste wohl meine Gedanken gelesen haben, oder er wusste einfach genau, was in mir vorging.  ,,Wie wäre es, wenn ich Stephan mal frage, ob du zu ihm kommen kannst? Ganz unverbindlich.  Einfach nur damit du jemanden zum Reden hast, also das du  mit jemanden reden kannst,  der eine neutrale Sicht einnehmen kann? Oftmals können diese Menschen dann am besten helfen, eben weil sie nicht mitten im Geschehen sind. Er hat mir sehr geholfen damals und er hilft mir immer noch mit allem zurechtzukonmen, es ist einfach schön, ich meine ich kann mit Marwin über wirklich alles reden, aber Stephan gibt einfach unglaublich gute Ratschläge", Stephan war unser Psychologe.  Der BVB hatte ihn und  seine Praxis vor ein paar Jahren
beauftragt, direkt nach der Attacke auf unseren Bus. Wir vertrauten ihm, er nahm uns ernst und suchte nach Lösungen, ohne uns zu kritisieren oder uns irgendwie zu verurteilen...  also hatten sie ihn
weiterbeschäftigt, schließlich gab es bei uns auch viel zu tun, so wie bei den anderen Bundesligavereinen. Der Druck der Öffentlichkeit, Stress, Verletzungen, jeder brauchte irgendwann einmal professionelle Hilfe. ,,Vielleicht", murmelte ich. ,,Gut, mach ich. Willst du  noch irgendwas besprechen? Du kannst mit mir über alles sprechen, ich kann dir helfen".  Ich schüttelte den Kopf ,,nein, aber danke Roman...aber...kannst du noch ein wenig bei mir bleiben? Ich will nicht alleine sein". ,,Natürlich, ich kann nicht über Nacht bleiben, da spielt Marwin nicht mit, aber ein paar Stunden kann ich bei dir
bleiben". ,,Okay danke. Ich vermisse Lukasz nur...du musst dir keine Sorgen machen", murmelte ich. ,,Ich weis wie du dich fühlst, es ist scheiße, aber das geht vorbei versprochen", ,,Du hast Marwin ja auch wieder zurückbekomnen", flüsterte ich  ,,bei mir wird es kein Happy end geben, weil Lukasz mich einfach nicht liebt". ,,Du wirst wieder jemanden finden, egal ob Mann oder Frau, und mit dieser Person wirst du sehr glücklich werden". ,,Und wenn ich das nur mit Lukasz sein kann?" er seufzte ,,du liebst ihn wirklich sehr oder?" ich nickte leicht, zu mehr war ich nicht mehr in der Lage bei dieser Frage. ,,er ist...naja du weißt schon". Roman nickte ,,ich weiß, aber Gefühle kann man nicht erzwingen, es tut unglaublich weh, ich weiß, aber du wirst auch wieder glücklich", ,,ja vielleicht", sagte ich ,,Nein wohl kaum", dachte ich. Ich konnte nicht ohne Lukasz glücklich sein. Das was wir hatten war so magisch und unbegreiflich für mich, es war so wunderschön. Ich war glücklich...so unfassbar  glücklich
wie wie noch nie zuvor in meinen Leben und ich hatte es verloren, wie immer. Hatte ich ihm nicht genug Liebe gegeben? Was war falsch mit mir, dass er mich nicht lieben wollte oder konnte? ,,Film?" fragte ich leise, ,,gerne", murmelte er, während er auf sein Handy sah. Ein breites Grinsen stand ihm im Gesicht. ,,Marwin?" fragte ich belustigt  ,,ja, er will nur wissen, ob er mich abholen soll später, morgen ist unser schon Fünfter
Jahrestag, er hat für Mitternacht irgendwas geplant. Das ist einfach so...so unglaublich, ich dachte, wir hätten eigentlich keine Chance zusammen, egal", winkte er ab, strahlte aber immer noch.  ,,Freut mich für euch", lächelte ich. Ich gönnte Roman sein Glück von Herzen, er hatte es verdient. ,,Du wirst mein Trauzeuge...also wenn
du willst natürlich", verlegen sah er zu Boden ,,sehr gerne Roman, es ist mir eine Ehre!" Bei mir und Lukasz würde es nie zu einer Hochzeit kommen. Ich hätte ihn gefragt....ich hätte ihn gefragt, so wie er es sich gewünscht hätte...ganz romantisch, unaufgeregt und nur wir zwei. Vielleicht an einem Strand oder in den Bergen oder vielleicht hier in unserem Haus, alles schön dekoriert, ein tolles Essen, eine Rede aus dem tiefsten meines Herzens, dann der Antrag, vielleicht hätte ich ein Feuerwerk zünden lassen dann Sex und kuscheln die ganze Nacht. Ich konnte nicht aufhören, mir das vorzustellen. Es war wie ein Traum.  Ein Traum, der mit nur einem einzigen Satz geplatzt war, so wie eine Seifenblase.

Piszczek und Schmelle HindernislaufWo Geschichten leben. Entdecke jetzt