50 | WIE EINE DROGE
» Im Rausch vergaß sie all den Kummer und den Schmerz. «
[ 4 Y E A R S A G O ]
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Nova warf einen unsicheren Blick durch das Fenster. Sie wusste nicht, wie sie sich fühlte. Schon gar nicht, wie sie sich fühlen sollte.
Es war gut so. Es lenkte sie von ihren Sorgen und Problemen ab. Es machte sie temporär glücklich. Es musste gut sein.
Andererseits. Diese Gewissensbisse.
Am liebsten hätte sie sich selbst eine reingehauen. Es gab keinen Grund, aus dem sie sich schlecht fühlen sollte. Sie war niemandem etwas schuldig. Niemandem etwas verpflichtet. Nur sich selbst. Und solange es ihr mit der Sache gut ging, war das alles was zählte.
Sie zog die Decke enger an ihren Körper heran. Obwohl sie spürte, dass die Heizung eingeschaltet war, fror sie.
"Ich muss jetzt los",ertönte die Stimme des Mannes hinter ihr. Nash zog sich seine Jacke über und musterte sie mit einem Lächeln. Er war schon ein wenig stolz darauf, die Tochter des Generals verführt zu haben. Normalerweise war er nicht wirklich an so jungen Mädchen interessiert, die meisten reichten für eine Nacht, höchstens zwei, aber Nova war anders. Er konnte nicht genau sagen, was es war, aber er hatte gefallen an ihr gefunden. Die 24 Jahre, die die beiden voneinander trennten, beachtete er dabei nicht.
"Gut",antwortete Nova und blickte raus, während sie plante, wie sie möglichst unbemerkt aus Captain Nashs Zimmer kam. Sie hatte herzlich wenig Interesse daran, ihr Verhältnis zu ihm öffentlich zu machen. Auch Nash selber hielt nicht viel davon. Das lag in seinem Falle nicht primär daran, dass Nova so jung war, sondern an dem, was sie Leute von ihm erwarten würden. Sie würden wollen, dass er ihr einen Antrag machte, sie heiratete und sich so schnell wie möglich einen Stammhalter von ihr gebären ließ. Nash mochte Nova zwar, aber die Rolle eine unterwürfigen Ehefrau traute er ihr nicht zu.
"Was?",fragte er lachend und blickte das junge Mädchen mit einen enttäuschten Blick an.
"Willst du mir keinen Abschiedskuss geben?""Ich fühle mich nicht gut",erwiderte sie und sah jetzt aus dem Fenster.
"Ich habe Angst, dass ich mich erkälte. Ich will dich nicht anstecken.""Oh Kind, nach dieser Nacht wird ein Kuss das letzte sein, bei dem ich mich anstecke",er lachte erneut auf und kam auf sie zu. Nova saß auf einem Stuhl am Fenster, eine Wolldecke fest um ihren Körper geschlungen und beobachtete den Sonnenaufgang. Nash machte vor ihr Halt und beugte sich, um sie zu küssen. Nova erwiderte den Kuss nur lieblos, sie war zu sehr in ihren Gedanken verloren, um ihm wirklich Aufmerksamkeit zu schenken. Nash bemerkte das und zwickte sie in den Arm.
"Du küsst wie eine Großmutter.""Ich möchte nicht wissen, woher du das weißt",Nova verzog angewidert das Gesicht, musste dann trotzdem schmunzeln. Nash zwinkerte ihr zu, dann eilte er zur Tür.
"Bis später, Nova",rief er, dann war er weg.
Sollte das ihr zukünftiges Leben sein? Eine gute Ehefrau sein, tagsüber zuhause sitzen, sich um den Haushalt kümmern und Kinder großziehen?
Das konnte sie sich, wollte sie sich, nicht vorstellen. Allein der Gedanke daran sorgte dafür, dass ihr noch unwohler wurde.
Sie mochte Nash wirklich. Liebte sie ihn? Vermutlich nicht. Noch nicht, redete sie sich ein. Sowas braucht Zeit, dass kann man nicht sofort wissen. Das kommt noch. Es muss kommen.
Denn Nash ist ein guter Mann. Er ist nett und sanft. Er ist ganz lustig. Mit einem guten Beruf und viel Erfolg. Mit einer Zukunft.
Es könnte so perfekt sein.
Und es machte sie glücklich. Zwar nur teilweise, für kurze Momente, aber in denen war sie froh.Wenn da nicht dieses kleine Gefühl von Schuld wäre, auch wenn Nova wusste, dass es dafür keinen Grund gab. Sie konnte tun und lassen was sie wollte. Dennoch kam dieses Gefühl immer wieder hoch. Jede Sekunde, in der sie von Nash getrennt war, fühlte sie sich schlecht. Und das lag nicht daran, dass sie ihn vermisste. Es lag daran, dass sie bereute, überhaupt so weit gegangen zu sein.
Aber was hatte sie dagegen tun sollen? Die temporären Glücksgefühle betäubten sie wie eine Droge. Im Rausch vergaß sie all den Kummer und den Schmerz.
Nova ordnete das Zimmer kurz, dann schlüpfte sie unbemerkt durch die Tür hinaus. Sie lief über den großen Platz der Basis und hoffte, Amaraa beim Frühstück zu treffen.
Kaum betrat sie die Cafeteria, fiel ihr Dameron in die Augen. Das war immer so, sie war zu gewohnt zu ihm zu sehen und sich zu ihm zu setzten. Diesmal warf sie ihm, wie sie es seit ihrem Streit immer tat, nur einen kurzen aber bitterbösen Blick zu, dann sah sie sich nach Amaraa um.
Zu ihrer Verwunderung erwiderte Poe ihren Blick diesmal nicht, weshalb sie ihn nochmal misstrauisch ansah. Normalerweise klebten sein nerviges Hundeblickgesicht an ihr, bis sie sich setze, doch diesmal schenkte er ihr keine Aufmerksamkeit. Er saß zusammen mit anderen Pilot am Tisch und lachte, etwas, dass Nova bei ihm seit Wochen nicht mehr gesehen hatte. Seinen Arm hatte er um eine braunhaarigen Pilotin gelegt, deren Namen Nova nicht kannte und auch nicht lernen wollte.Okay. Dann machte er also auch weiter mit seinem Leben. Schön für ihm, dachte sie sich, aber war dabei so wütend auf ihn und eifersüchtig zur selben Zeit, dass sie sich zwingen musste, ihn mit ihren Blicken nicht umzubringen. Sie sah sich wieder in der Cafeteria um und entdeckte diesmal Amaraa, die etwas weiter hinten saß und müde einen Kaffee trank.
"Wer ist das bei Dameron?",fragte sie misstrauisch als sie sich setzte. Am liebsten hätte sie sich selbst dafür geohrfeigt. Es sollte ihr egal sein. Dameron war ihr egal. Wen interessierte, was er tat?
"Guten Morgen, Nova! Ich freu mich auch dich zu sehen",erwiderte Amaraa mit feurigem Unterton.
"Ich hab gut geschlafen, danke der Nachfrage, und du?""Guten Morgen",antwortete Nova seufzend.
"Obwohl nichts an diesem Morgen gut ist.""Das ist Damerons neue Freundin",erklärte Amaraa und beäugte ihre Freundin misstrauisch.
"Was dir egal sein sollte, weil du ja inzwischen auch ein neues Verhältnis eingegangen bist.""Ein neues Verhältnis? Pah, es gab nie ein altes",Nova drehte sich erneut mit bitterbösen Blick zu Dameron.
"Den würde ich nicht einmal anfassen, wenn mein Leben davon abhängen würde.""Sicherlich",antwortete Amaraa und nickte, auch wenn sie ihrer Freundin kein Wort glaubte.
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NOVA
FanfictionIm Laufe der Zeit verändern sich Menschen. Aufgrund der Dinge die geschehen, der Menschen, auf die sie treffen und der Erfahrungen, die sie machen. So muss auch Nova Organa lernen, dass die Galaxie, in der sie lebt, nicht mehr diesselbe ist, wie si...