SECHSUNDFÜNFZIG

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„Du siehst müde aus", bemerkte Symon als wir zusammen vor der Haustür unserer Eltern standen. „Hast du etwa nicht gut geschlafen heute Nacht?"

„Gut geschlafen schon, nur leider etwas zu kurz", gab ich gähnend zu.

Naja, ich war ja auch selbst Schuld. Hätte ich diese Nacht bei mir zu Hause und nicht in Elias Wohnung verbracht, hätte ich bestimmt mehr Schlaf abbekommen. Aber die Verlockung war einfach zu groß gewesen.

Mittlerweile verbracht ich eigentlich jeden Wochenende mehr in seiner Wohnung als in meiner Eigenen. Und da wir jetzt danke der Feiertage wieder Urlaub hatten, hatte ich auch nicht wirklich das Bedürfnis in meinem eigenen Bett zu schlafen.

Mein halber Kleiderschrank befand sich sicher eh schon bei Elias. Für die knapp zwei Monate ging das vielleicht etwas schnell, aber das war mir sowas von egal.

„Schlaf nicht im stehen ein", neckte Alice mich.

„Sehe ich wirklich so verschlafen aus?", fragte ich etwas verunsichert zurück. Klar, ich war etwas müde, aber so müde dann doch auch wieder nicht, oder etwa doch?

„Du hast gerade so aus gesehen, als hättest du mit offenen Augen geschlafen", meinte Alice grinsend. „Oder du hast vor dich hingeträumt, und ich könnte zu fast 100 prozentuierter Sicherheit sagen von wem." Zum Glück öffnete meine Mutter, die Tür bevor ich darauf antworten musste.

„Oma", freudig sprang Mia ihr in die Arme.

„Du ist aber groß geworden", lachte meine Mutter.

„Oma, das sagst du jedes Mal wenn wir dich besuchen kommen", meinte Mia und lief dann schnell ins Haus, um auch meinen Vater zu umarmen.

Nach dem allgemeinen Begrüßungsgeplänkel fand wir uns alle recht schnell im Esszimmer ein.

„Mama, du hast ja mal wieder für eine halbe Armee gekocht", stellte ich fest, als die ganzen Schüsseln und Töpfe auf dem Tisch entdeckte.

„Ach was", wank meine Mutter ab. „Wenn wir alle gegessen haben und ihr euch was für morgen eingepackt habt ist da doch nichts mehr von übrig."

„Ich hab ihr auch gesagt, dass es viel zu viel ist. Aber auf mich wollte sie mal wieder nicht hören", flüsterte mein Vater mir grinsend zu, bevor wir uns an den Tisch setzten.

„Das schmeckt mal wieder wunderbar", lobte Alice meine Mutter nach den ersten paar Bissen, von uns anderen kam nur zustimmendes Brummen, da jeder gerade den Mund voll hatte.

„Malin, warum ist Elias eigentlich heute nicht dabei?", wollte Mia irgendwann wissen, welche ihren Teller schon fast leer hatte.

„Er ist heute bei seinen Eltern zum Essen", erklärte ich ihr.

„Das hätte er doch auch morgen machen können", beschwerte Mia sich. „Immerhin gehen wir auch erst morgen zur anderen Oma."

„Vielleicht kommt er ja nächstes Jahr mit", versuchte ich die Wogen zu glätten, als ich die verwirrten Blicke meiner Eltern bemerkte.

„Von welchem Elias redet ihr?", stellte meine Mutter dann schließlich die Frage die ihr wohl förmlich unter den Nägeln brannte. „Doch nicht etwa von dem Elias, mit dem du damals in Norwegen warst und der jetzt dein Chef ist, oder?"

„Doch genau über den reden wir", meinte Symon und schaute mich dann kurz verwirrt an. „Hat Malin euch etwa noch nichts über ihren neusten Norwegenurlaub erzählt."

„Offensichtlich nicht", bemerkte mein Vater. „Malin, hast du uns etwas Wichtiges zu erzählen?"

„Scheint so", lachte ich leicht nervös auf, bevor ich zögerlich weiter sprach. „Also Elias und ich sind jetzt mehr oder weniger zusammen."

„Na das wurde aber auch mal Zeit bei euch zwei", meinte meine Mutter nur dazu. „Wann lernen wir ihn denn endlich mal kennen?"

„Ähm bestimmt bald", gab ich etwas verdattert zurück und legte dabei meinen Kopf leicht schief. „Ihr seid von der Sache gar nicht überrascht?"

„Malin, es war doch nur eine Frage der Zeit bis ihr zwei euch endlich mal zusammen rafft", erklärte mein Vater und lächelte mich dabei sanft an.

„Warum sagt eigentlich immer jeder, dass es auch endlich mal Zeit dafür wurde."

„Weil es so ist", meinte Alice lachend. „Irgendwie hat jeder es vor dir und Elias geschnallt, dass ihr beiden zusammen gehört."

„Ist ja schön, dass ihr euch da alle so einig seid."

„Ja, schön alle sind sich einig. Aber wann darf ich denn jetzt endlich Geschenke auspacken", quengelte Mia, welche unsere Unterhaltung wohl nicht so spannend fand.

„Nach dem Nachtisch, so wie jedes Jahr", antwortete Symon seiner Tochter.

„Aber das dauert noch so lange Papa", beschwerte Mia sich und zog die Silben extra in die Länge.

„Du könntest mir helfen den Nachtisch fertig zu machen", schlug meine Mutter vor. „Dann können wir ihn früher essen." Sofort war Mia aufgesprungen und in die Küche gerannt.

„Dann räumen wir doch so lang schon mal den Tisch ab", schlug mein Vater vor. „Nicht das meine einzige Enkelin noch länger auf ihre Geschenke warten muss."

„Nicht schon wieder diese Thema", seufzte Alice leise auf und begann die Teller zusammen zu stellen.

„Immer hin kann er bald auch Malin damit nerven, dass er gern noch mehr Enkel hätte", murmelte Symon zurück.

„Bitte was? So weit sind wir noch lange nicht", gab ich in der selber gedrückten Lautstärke zurück."

„Mich hat er auch schon bei meinem ersten offiziellen Besuch hier darauf angesprochen, wie viele Kinder ich mal haben möchte", erinnerte Alice mich. „Auf dieses Thema solltest du Elias auf jeden Fall schon mal vorbereiten."

„Ist notiert", sagte ich wieder in normaler Lautstärke und trug die erste Ladung schmutziges Geschirr in die Küche.

„So schön wurde das Eis noch nie auf die Teller gelegt", versicherte meine Mutter Mia, welche gerade die erste Portion sehr vorsichtig zu uns ins Esszimmer trug.

„Mia, meinst du ich darf einen von den Sternen haben?", fragte ich lieb nach.

„Aber nur wenn du mich bald mal wieder mit zu Elias nimmst, damit ich Percy streicheln kann", stellte Mia ihre Forderungen.

„Ich glaube das bekommen wir hin."

„Gut, dann bekommst du das Stern-Eis."

„Mia ist ja jetzt schon gut im Diskutieren", wandte ich mich an Alice. „Viel Spaß mit ihr in der Pubertät."

„Daran will ich noch gar nicht denken", seufzte Symon theatralisch auf. „Für mich wird Mia immer mein kleines Mädchen bleiben."

Kurzes Treffen am TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt