NEUNZEHN

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„Wow, ich nehme mal an, du machst heute Abend nicht Netflix and Chill.", verwundert ließ Symon seinen Blick über mich gleiten, als ich ihm am Samstag Nachmittag die Tür öffnete.

„Nein, wohl eher nicht", gab ich lächelnd zurück und strich mir eine gelockte Strähne hinters Ohr.

Als ich am Tag nach dem Telefonat ins Büro kam, war Elias noch nicht da. Als er dann schließlich auftauchte hatte er einen Karton auf meinem Schreibtisch abgelegt. „Das könntest du am Wochenende gebrauchen", war das Einzige was er sagte, bevor er sich wieder verzog und ich ihn den ganzen Tag nicht mehr gesehen hatte. In dem Karton befand sich ein wunderschönes Abendkleid, welches ich jetzt schon anhatte, während Symon mir staunend gegenüber stand.

„Ist das etwa schon Elias?", rief Becci aus dem Bad.

„Nein, ich bin es nur", entgegnete Symon und trat einfach in meine Wohnung.

„Klar, komm rein", meinte ich leicht ironisch und schloss hinter ihm wieder die Tür.

„Du bretzelst dich also für Elias so auf", stellt mein Bruder grinsend fest und war kurz davor meine Haare durch zu wuscheln, als Becci ihm grob die Hand weg schlug.

„Untersteh dich", funkelte sie ihn böse an. „Ich hab lang daran gearbeitet und bin auch noch nicht ganz fertig. Also Malin, hinsetzen und still halten."

„Was willst du eigentlich hier?", wollte ich von meinem Bruder wissen, nachdem ich der Anweisung meiner besten Freundin gefolgt war.

„Ach nichts Bestimmtes. Ich war gerade in der Gegend und dachte mir ich schnei einfach mal bei meiner kleinen Schwester rein. Aber jetzt zu den wichtigen Fragen. Du und Elias also?"

„Wir gehen nur zusammen zu einer Gala von einem unserer Sponsoren", erklärte ich ihm. „Alles rein geschäftlich."

„Natürlich", lachte Symon auf und warf mir einen vielsagenden Blick zu, während Becci in sein Lachen mit einstieg.

Eine halbe Stunde später saßen die beiden immer noch in meiner Wohnung und wollten einfach nicht gehen.

„Ich mach auf", übereifrig sprang Symon von seinem Platz auf, als es an der Tür klingelte. Kopfschüttelnd folgte ich meinem Bruder. „Du bist also dieser berühmt berüchtigte Elias. Schön dich endlich mal kennen zu lernen."

„Ja, der bin ich dann wohl", etwas verdattert ergriff Elias die Hand von Symon und schüttelte sie. Sein verwirrter Blick lag immer noch auf meinem Bruder, als ich hinter diesen an die Tür trat.

„Symon, das reicht jetzt", ich knuffte meinen Bruder leicht in die Seite, damit er aufhörte Elias kritisch zu beäugen.

„Malin, du ... wow", brachte Elias stockend hervor und richtete sich leicht verlegen seine Brille. „Du siehst echt hübsch aus."

„Danke", gab ich leise zurück und versuchte zu verhindern, dass ich rot anlief.

„Ich weiß, ich hab Ganze Arbeit geleistet", hörte ich nun Beccis stolze Stimme hinter mir, bevor sie Elias ebenfalls die Hand reichte. „Hi, ich bin übrigens Rebecca Syfreid, aber Becci reicht auch. Und diese unhöflicher Person neben mir ist Symon, Malins Bruder."

„Freut mich", lächelte Elias, während von Symion empörter Protest zu hören war. „Du bist also Malins beste Freundin. Die mit der Band, oder?"

„Genau", gab Becci freudig zurück.

„Ähm, müssen wir nicht los?", versuchte ich dieser merkwürdigen Situation zu entkommen.

„Oh ja, stimmt", fiel es Elias wieder ein und er bot mir seinen Arm an. Symon neben mir nickte anerkennend.

„Wir sollten dann wohl auch gehen", beschloss Becci und gemeinsam verließen wir das Haus.

„Meinst du, ich hab ihn überzeugt?", fragte Elias, während er mir die Tür seines Autos aufhielt.

„Wen?", fragte ich nach, musste aber warten bis Elias neben mir am Steuer saß, bevor ich eine Antwort bekam.

„Na deinen Bruder. Meinst du ich hab ihn überzeugt?"

„Vermutlich. Aber eigentlich musst du dich nur mit seiner Tochter gut stellen. Wer von ihr akzeptiert wird, wird von der gesamten Familie akzeptiert."

„Gut zu wissen", lachte Elias leicht auf. „Das werde ich mir auf jeden fall merken."

„Aber so schlecht stehen deine Karten nicht. Becci scheint dich immerhin schon mal zu mögen."

„Sie scheint mir auch sehr nett. Zu ihrem nächsten Gig würde ich gern mit."

„Ich geb dir Bescheid, wenn wieder einer ansteht. Dann kannst du auch die restliche Band kennen lernen, die sind echt cool drauf."

„Ich freu mich schon", meinte Elias ehrlich und lenkte den Wagen souverän durch den Spätnachmittagsverkehr. „Fährst du eigentlich immer noch so ungern Auto?"

„Naja, ich mache es, wenn es sein muss. Aber wirklich gern tu ich es immer noch nicht. Ist ja auch selten nötig, immerhin hab ich kein eigenes Auto."

„Wie kommt das? Also, dass du deine Angst verloren hast?"

„Ich hatte ja nie wirklich Angst, ich hatte eben nur sehr großen Respekt davor. Das hat sich etwas gelegt, da ich für meine Ausbildung immer mit dem Auto meiner Eltern zur Schule fahren musste. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte der Weg einfach die dreifache Zeit beansprucht."

„Heißt also, wenn ich mich heute Abend betrinke würdest du mich dann mit meinem Auto heim fahren?"

„Ungern, aber wenn es unbedingt sein muss würde ich es tun. Natürlich nur dir zu liebe", fügte ich am Ende lachend hinzu.

„Natürlich", lachte Elias mit und lenkte den Wagen dann in die Tiefgarage.

„Danke nochmal für das Kleid", bedankte ich mich zum wiederholten Mal, als Elias mir aus den Wagen half.

„Ich glaube wir sollten die Nicht-Bedanken-Regel von damals wieder einführen", lächelte Elias, als ich mich bei ihm unterhackte. „Du musst mir echt nicht nochmal dafür danken. Immerhin hab ich dich hier her eingeladen, weil ich nicht alleine hier sein wollte. Dass du kein Kleid für dieses Anlass hattest ist schließlich nicht deine Schuld. Deshalb war es doch irgendwie selbstverständlich, dass ich dieses Problem behoben habe."

„Dan...", setzte ich an, doch als Elias mich gespielt streng anschaute schloss ich den Mund wieder und lächelte ihn einfach an.

„Ist das eigentlich der berühmte Sportwagen mit dem wir damals schneller in Norwegen gewesen wären?", fragte ich als Elias das Auto abschloss.

„Ich muss zu meiner Schande zugeben, dass er das nicht ist. Der Sportwagen den ich damals meinte, habe ich kurz nach unserer Reise gegen einen Baum gefahren. Zum Glück kein Personenschaden, aber der Wagen war danach Schrottware", beichtete Elias mir, während wir uns auf den Weg machten.

Kurzes Treffen am TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt