SIEBENUNDVIERZIG

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Als ich wieder aufwachte hatte ich erstmal keinen Plan von allem. Wer war ich? Wo war ich? Und warum so früh? Erst als ich mich umdrehte und direkt in Elias schlafende Gesicht blickte fing mein Gehirn langsam wieder an zu arbeiten.

Wir beide waren doch tatsächlich wieder zusammen in Norwegen gelandet und diese Mal sogar mit einer etwas bequemeren Schlafunterlage. Ich sollte ihn dringen fragen wie viel Geld er für diesen Urlaub ausgegeben hatte. Dieses Hotel war zwar nicht der komplette Nobelschuppen, aber günstig war es wahrscheinlich nicht gerade. Doch so wie ich Elias kannte würde er sich weigern mir das zu sagen und erst recht auch nicht mein Geld annehmen wollen.

Seufzend kuschelte ich mich weiter in die Decke und betrachtete den schlafenden Mann neben mir. Mittlerweile war ich es schon gar nicht mehr gewohnt ihn ohne Brille zu sehen. Seine Haare waren ihm beim schlafen in die Stirn gefallen und ich konnte nicht wiederstehen, ich musste sie einfach zurück streichen.

Tatsächlich fühlten sie sich weich an. Zwar nicht so weich wie Percys Fell, aber trotzdem war es ein tolles Gefühl. Erst als Elias leise vor sich hin brummte fiel mir auf, dass ich immer noch meine Hand in seinen Haaren hatte. Hastig zog ich diese zurück und stand schnell auf.

Hoffentlich wachte Elias jetzt nicht auf, denn irgendwie wäre mir das peinlich. Damit ich nicht sinnlos im Zimmer herum stand, falls Elias doch noch aufwachen sollte, suchte ich mir aus meiner Tasche alles nötige zusammen und verzog mich ins Bad.

Nach dem Duschen sollte ich dringend meine Tasche ausräumen, dazu hatte ich mich gestern, oder war es schon heute gewesen, vor dem Schlafen einfach nicht mehr aufraffen können. Ein Wunder, dass ich es überhaupt noch geschafft hatte mich um zu ziehen, bevor ich ins Bett gefallen war.

Die Dusche erweckte tatsächlich meine Lebensgeister wieder, auch wenn ich immer noch gar keine Ahnung hatte wie viel Uhr es eigentlich war. Elias bevorzugte Fahrzeit war ja fast so schlimm wie ein Flug. Nach einer Reise mit ihm brauchte man immer ein bisschen Zeit, um wieder einen halbwegs normalen Tagesrhythmus zu bekommen.

Zurück immer Zimmer stellte ich nach einem Blick auf die Uhr fest, dass es erst früher Nachmittag war. Gerade als ich mir überlegte was man mit einem halben Tag in Norwegen denn noch anstellen konnte grummelte es im Bett neben mir.

„Morgen", erklang kurz darauf auch schon Elias raue Stimme aus dem Daunenberg.

„Naja mehr oder weniger", lachte ich ihm entgegen, „Na, gut geschlafen?"

„Ja, auch wenn ich schon fast die Weck-Aktionen von Percy vermisse."

„Ich dachte er darf nicht ins Schlafzimmer."

„Denkst du das juckt diesen sturen Kater. Das ist das negative an unserer Männer-WG. Manchmal sind wir beide einfach zu eigensinnig", gab Elias leise lachend zurück, während er sich auf richtete und sich mit den Fingern durch die Haare fuhr. Dann setzte er seine Brille wieder auf, was ihn direkt etwas wacher aussehen ließ. „Oh, du scheinst ja schon etwas länger wach zu sein."

„Hab vielleicht eine halbe Stunde Vorsprung", gab ich zurück und war irgendwie erleichtert, dass Elias von meinen morgendlichen Streicheleinheiten wohl wirklich nichts mitbekommen hatte.

„Ich geh auch eben duschen und dann können wir uns ja überlegen, was wir heute noch machen können", meinte Elias bevor es sich aus dem Bett schwang und ebenfalls in seiner Reisetasche wühlte.

Da hatten wir wohl beide keine Lust mehr zum einräumen gehabt. Und wenn ich mit meinen Gedanken schon beim Einräumen war konnte ich das doch auch gleich machen. Immerhin musste ich mir ja irgendwie die Zeit vertreiben, die Elias im Bad benötigte. Ich schob gerade die leere Tasche in das unterste Schrankfach, als Elias aus dem Bad zurück kam.

„Mein erster Vorschlag wäre Essen und dann vielleicht eine kleine Wanderung", schlug er vor.

„Jop, der Plan gefällt mir", stimmte ich zu. Also machen wir uns auf die Suche nach einen Café, um uns mit einer Kleinigkeit zu stärken. Elias hatte diesen Urlaub wohl doch zumindest ein bisschen durchdacht, denn er hatte immerhin einen kleinen Wanderrucksack dabei. Diesen füllten wir noch schnell mit ein paar Snacks und Getränken, bevor wir ein kleines Stück aus der Stadt raus fuhren.

Es war zwar etwas frisch, aber was anderes konnte man Anfang November ja auch nicht erwarten. Trotzdem war die Wanderung wunderschön. Norwegen hatte einfach eine fantastische Landschaft. Egal wo man hinlief, fast überall fand man einen Ort, der aussah als wäre er gerade einer Postkarte entsprungen. Irgendwann legten wir einen Zwischenstopp auf ein paar Felsen ein. Die Sonne war schon fast komplett untergegangen.

„Ich wusste ja, dass es in den Wintermonaten hier nicht allzu lang hell ist, aber ich glaube wir sollten uns auf den Rückweg machen, wenn wir uns nicht im Dunkeln verlaufen wollen", stellte Elias mit einem Blick auf den blass grauen Himmel fest.

„Du hast recht, auch wenn es hier echt schön ist", leise seufzend erhob ich mich von dem Felsen, auf dem wir gesessen hatten.

„Wir haben ja die nächsten Tag noch massig Zeit die Gegend hier zu erkunden", meinte Elias beschwichtigen und gemeinsam traten wir den Rückweg an.

„Und wenn man nicht den halben Tag verschläft, kann man die hellen Stunden bestimmt auch viel besser nutzen", warf ich ein.

„Wenn wir heute Abend nicht allzu spät ins Bett gehen dürfte sich unser Rhythmus auch wieder halbwegs ein bekommen und wir können morgen etwas Zeitaufwendigeres unternehmen", schlug Elias vor.

„Schwebt dir da schon etwas vor?", fragte ich neugierig nach.

„Nö, nicht wirklich. Aber im Hotelzimmer haben wir doch Internet, da lässt sich bestimmt eine gewisse Inspiration finden."

Zurück im Hotel fanden wir dann erstmal das Hoteleigene Restaurant und da wir pünktlich zur Abendessens Zeit zurück gekommen waren wurde das unsere erste Anlaufstelle. Als wir dann schließlich in unserem Zimmer ankamen war es draußen schon stock dunkel. Mein Körper hatte schon wieder fast auf Schlafmodus gestellt, ob wohl es gerade mal früher Abend war.

„Was hältst du von einem Filmabend", schlug ich deshalb vor. Für eine Internet Recherche war ich jetzt doch schon fast zu müde. Das könnten wir ja auch noch morgen machen. Wir hatten ja immerhin genug Zeit.

„Ich höre mich nicht nein sagen", stimmte Elias zu und auch seine Stimme klang etwas müde. So ließen wir unseren ersten 'richtigen' Urlaubstag mit einem gemütlichen Abend ausklingen. Das Ende vom Film bekam ich schon gar nicht mehr mit, zu dem Zeitpunkt war ich wohl schon eingeschlafen.

Kurzes Treffen am TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt