SIEBZEHEN

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„Dein Chef steht ganz klar auf dich", stellte Becci fest. „Diese ganzen kleinen Zeichen und dann auch noch diese Bemerkung letzten Montag. Ganz klare Sache. Er ist eindeutig in dich verknallt."

„Sag doch bitte endlich Elias zu ihm", wisperte ich in mein Handy. „Das werde ich erst tun, wenn ich ihn mal persönlich getroffen habe", entgegnete Becci frech. „Und ... ja Kev, ich komm ja gleich. Sorry Malin, eigentlich sind wir gerade am Proben."

„Und ich bin noch im Büro und sollte eigentlich gar nicht mit dir telefonieren."

„Ist das Malin?", hörte ich es von Beccis Seite. „Gib mal her. Hy hier is Kev. Na alles fit du kleine Schnapsdrossel?"

„Hi Kevin", grüßte ich grinsend zurück. „Und so betrunken war ich gar nicht."

„Ansichtssache. Immerhin hast du dich quasi an mich rangeschmissen", lachte Kev.

„Was?", hörte ich es aus dem Hintergrund rufen.

„Erklär ich dir später Bec", Kevs Stimme klang leicht gedämpft, bevor ich sie wieder klar hören konnte. „Hat die Aktion eigentlich was gebracht?"

„Mein Vizechef hat mich zumindest nicht darauf angesprochen, wenn du das meinst."

„Na immerhin etwas", meinte Kevin zufrieden. „Ich muss Schluss machen, deine beste Freundin starrt mich gerade ziemlich böse an. Ich geb dir mal Dave."

„Na, was geht?", hörte ich jetzt eine andere Stimme, die dann wohl zu Dave gehörte. „Dein Chef und Kev also. Respekt."

„Alles nur Gerüchte", fühlte ich mich verpflichtet zu sagen.

„Weiß ich doch", meinte Dave am anderen Ende. „Kevin erklärt es gerade."

„Und das mit Elias hat Becci euch als auch erzählt?"

„Bec erzählt viel wenn der Tag lang ist", rief eine weitere Stimme, das war dann wohl Felix. „Bin ich bei euch auf laut, oder was?"

„Vielleicht", antwortete Dave. „Fox gib mir meine Sticks zurück."

„Ich glaube ich muss Schluss machen, das Meeting scheint vorbei zu sein. Bey."

„Ciao Malin", kam es vierstimmig aus dem Hörer, bevor ich den roten Knopf drückte. Beccis Band war schon eine Nummer für sich.

Die Tür des Konferenzraumes wurde geöffnet und kurz darauf erschien ein Kopf in meiner Tür. „Hallo."

„Oh hi Noel", grüßte ich zurück und bedeutete ihm herein zu kommen.

„Ganz schön frostige Stimmung da drin", meinte Noel und deutete mit dem Daumen Richtung Konferenzraum. „Irgendwas liegt zwischen Herr Thalbach und Herr Walter, das spürt man regelrecht."

„Ja, es gibt da so gewisse Gerüchte und Herr Walter hat vielleicht etwas damit zu tun", gab ich wage von mir.

„Sowas hab ich mir schon fast gedacht. Zumindest sowas in der Art. Ich geh dann mal, bevor die Situation eskaliert", meinte Noel mit einem Zwinkern. „War schön dich mal wieder zu sehen. Schönen Feierabend dir, wenn es so weit ist."

„Danke, und fand ich auch."

Kaum war die schwere Tür zum Treppenhaus zugefallen, hörte ich auch schon Elias aufgebrachte Stimme.

„Sie geben es als zu?"

Na das klang doch mal interessant. Vorsichtig schlich ich mich zu der angelehnten Tür des Konferenzraums.

„Kommen sie ruhig herein Frau Böttcher", Herr Walter spuckt meinen Namen regelrecht aus. „Das hier geht Sie schließlich auch etwas an."

Zögerlich betrat ich den Raum und setzte mich auf den Stuhl neben Elias. Dieser warf mir einen angespannten Blick zu und wandte sich dann wieder an seinen Vizechef.

„Das ist Rufschädigung! Sie können doch nicht einfach herum erzählen ich hätte etwas mit M ... Frau Böttcher."

„Ach kann ich nicht", trotzig verschränkte Herr Walter die Arme vor der Brust. Was bei diesem älteren Herren einfach nur peinlich aussah und nicht niedlich, so wie bei meiner Nichte Mia. „Aber Sie darf mit Ihnen im Büro anbandeln?"

„Ich habe nicht mit E ... Herr Thalbach angebandelt", entgegnete ich prompt. Und überhaupt, wer benutzte noch dieses Wort? Anbandeln, wie das schon klang.

„Ach wirklich. Mir können Sie nichts vormachen. Sie hätten sich gerade beide fast mit ihren Vornamen angesprochen. Und dann auch noch diese Sache in die ich damals hinein geplatzt bin. Sie trugen danach sogar eine Hose von ihm."

Herr Walter klang nun auch etwas aufgebracht. Elias seufzte einmal schwer und räusperte sich dann.

„Malin und ich kennen uns schon seit drei Jahren. Die Sache damals war ein Unfall. Ich hatte ihren Kaffee umgestoßen und ihre Hose war daraufhin durchnässt. Nur deswegen trug sie meine Hose. Und wenn Sie Malin auch nur noch einmal vorwerfen sich diesen Job erschlafen zu haben. Dann muss ich Sie daran erinnern, dass Sie die Bewerbung damals ganz allein bearbeitet haben."

Nach dieser kleinen Rede lehnte Elias sich leicht nach vorne und schaute Herr Walter eindringlich an.

„Aber Sie wird von Ihnen bevorzugt", gab Herr Walter immer noch nicht nach. „Sie geben ihr Aufträge, die in meinen Aufgabenbereich fallen."

Fassungslos schaute ich den Mann vor mir an. Wie konnte sich ein Erwachsener nur so kindisch verhalten? So wie ich das beurteile, hatte er diese Gerüchte aus reinem Neid in die Welt gesetzt.

„Ja, das stimmt", gab Elias zu und lehnte sich wieder zurück. „Aber wissen Sie auch warum?"

Erschlagen von seiner Ehrlichkeit öffnete Herr Walter den Mund, schloss ihn aber wieder ohne etwas zu sagen.

„Sie hat Ihre Aufträge bekommen, da Malin sie besser bearbeitet als Sie es je getan haben. Das ist Fakt."

Überrascht schaute ich zu Elias. Mir war bewusst, dass meine Aufgaben sich nicht nur auf meinen Buchhalterjob beschränken. Aber dass meine zusätzlichen Aufgaben eigentlich Herr Walters Fachbereich betrafen, war mir neu. Herr Walter stand auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.

„Sie arbeitet nicht besser als ich. Es liegt doch nur daran, dass Sie Brüste hat und jung ist."

Wie konnte man njr so stur und oberflächlich sein?

„Wenn Sie wirklich so von mir denken sehe ich keinen Grund mehr mit Ihnen weiterhin zusammen zu arbeiten", Elias stand auf und schaute Herr Walter ruhig entgegen. „Hiermit sind Sie mit sofortiger Wirkung entlassen. Die Papiere werden so bald wie möglich bei Ihnen sein. Ich möchte Sie hier nicht mehr sehen. Bis die Entlassung durch ist sind Sie beurlaubt."

Herr Walter warf uns noch einen letzten wütenden Blick zu, bevor er davon stürmte und man kurz darauf den Aufzug hörte.

„Ich hätte es wissen müssen. Immerhin hat er früher eng mit meinem Vater zusammen gearbeitet. Da war so etwas ja quasi vorprogrammiert. Tut mir leid, dass du da mit reingezogen wurdest."

„Schon okay, du konntest ja nichts dafür", versuchte ich ihn zu beschwichtigen. „Lass uns gehen. Ich möchte nicht unbedingt hier übernachten."

Also verließen wir beide das fast komplett stille Gebäude. Kopfschüttelnd öffnete ich die Eingangstür.

„Was ist?", fragte Elias interessiert nach.

„Ich kann es immer noch nicht ganz fassen, dass jetzt ein paar Leute denken wir hätten mit einander geschlafen."

„Haben wir doch auch schon."

„Zwischen mit einander schlafen und im selben Bett schlafen ist ja wohl ein gewaltiger Unterschied."

„Ansichtssache", lachte Elias auf.

„Gute Nacht", lachte ich ebenfalls. „Du Flasche."

Kurzes Treffen am TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt