SIEBEN

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„…Musik, findest du nicht auch?“

„Sorry Rebecca, ich hab dir gerade ehrlich gesagt nicht wirklich zu gehört.“

„Ja, das merk ich“, bemerkte meine beste Freundin seufzend. „Was ist los? Du bist doch sonst nicht so unkonzentriert.“

„Ich treffe mich heute mit Elias“, gab ich zu und versuchte mir mein Handy zwischen Wange und Schulter zu klemmen um mir mein Oberteil an zu ziehen.

„Und das sagst du erst jetzt?!“, deutliche Empörung war in ihrer Stimme zu hören. „Das erklärt natürlich Einiges. Soll ich vorbei kommen und dir helfen dich fertig zu machen?“

„Nein, danke“, lehnte ich ab und schaltete den Lautsprecher ein. Manchmal war ich aber auch selten dämlich. „Ich bin eh fast fertig und muss auch gleich los. Nicht, dass ich noch zu spät komme.“

„Ach du musst doch keinen guten ersten Eindruck hinterlassen“, scherzte Becci. „Immerhin habt ihr euch schon im Schlaf aneinander gekuschelt.“

„Wir haben nicht gekuschelt“, kam prompt meine Antwort. „Wir haben uns nur ein Bett geteilt, mehr nicht. Außerdem ist das mittlerweile schon drei Jahre her. Vielleicht hat er sich ja verändert. Oder er hat schon eine Familie gegründet.“

„Wolltest du nicht los?“, unterbrach Becci mich, zum Glück, in meinem Redeschwall.

„Oh ja, du hast Recht. Danke du bist die Beste.“

„Weiß ich doch und jetzt los.“

„Ich ruf dich nachher nochmal an.“

„Na das hoffe ich doch und jetzt verschwinde endlich.“

Also legte ich auf und schmiss mein Handy, zu den anderen nötigen Sachen die eine Frau eben so braucht, in meine Handtasche. Ein letztes Mal betrachtete ich mich noch im Spiegel und verließ dann endgültig meine Wohnung.

Bis zum Oxford war es mit der S-Bahn zum Glück nicht weit. So dass ich nach ein paar Minuten schon das gemütliche Cafe betrat. Von Elias war noch nichts zu sehen, also setzte ich mich an einen freien Tisch und bestellte mir erst mal ein Wasser.

Die Minuten vergingen, mein Glas wurde immer leerer, aber von Elias war immer noch nichts zu sehen. Hatte ich mich etwa im Tag, oder der Uhrzeit geirrt? War Elias etwas passiert, auf dem Weg hier her? Oder hatte er mich einfach vergessen?

Gerade als ich den letzten Schluck aus meinem Glas trank und kurz davor war wieder zu gehen wurde die Tür des Cafés mit Schwung geöffnet. Der Eintretende ließ seinen Blick hecktisch durch den Raum wandern. Dann löste sich seine Anspannung merklich und er tat zu mir an den Tisch.

„Tut mir wirklich leid“, ein leicht abgehetzter Elias stand vor mir und deute auf den Stuhl gegenüber. Ich gab ihm mit einem Nicken die stumme Erlaubnis und er setzte sich. „Ich war mir nicht mehr sicher, wo wir uns treffen wollten.“

„Du hattest doch das Oxford vorgeschlagen.“

„Ja schon, aber es gibt drei.“

„Wie drei?“, langsam war ich echt verwirrt. Warum gab er nicht einfach zu, dass er sich einfach verspätet hatte. Während ich noch darüber nachdachte hatte Elias dem Kellner ein Zeichen gegeben.

„Es gibt das Oxford Café, das Pub und die Bar.“

„Echt jetzt?“

„Jup“, bestätigte Elias.

„Oh“, irgendwie war das jetzt peinlich. Hatte ich Elias wirklich gerade eine Lüge andichten wollen? Der Kellner unterbrach zum Glück meine Gedanken und kurz darauf hatten wir auch schon beide eine Tasse Kaffee vor uns stehen.

„Jetzt erzähl doch mal. Was hast du die letzten drei Jahre so gemacht?“, versuchte ich die langsam drückende Stille zu brechen.

„Puh, wo fang ich bloß an?“, grübelnd legte Elias eine Hand ans Kinn und seine Augen blitzten kurz auf. „Nach der Norwegenreise habe ich die Firma meines Vaters übernommen. Ein halbes Jahr später hab ich meine Frau kennen gelernt. Die Scheidung läuft gerade, aber im nächsten Monat erwarten wir unser zweites Kind.“

Ich verschluckte mich an meinem Kaffee und musste stark husten. Vieles hätte ich erwartet, aber das jetzt wirklich nicht.

„Okay, ich kann das nicht“, prustete Elias los. „Das war nur ein Scherz. In Wirklichkeit bin ich nur bei meinem Vater eingestiegen und leite jetzt den neusten Firmenzweig.“

„Fast hätte ich dir das geglaubt, aber deine Augen haben dich verraten.“

„Verdammt, immer diese Augen. Jedes Mal machen sie mir einen Strich durch die Rechnung.“

Lächelnd trank ich den nächsten Schluck Kaffee. Da war also Elias wieder. Der Elias mit dem ich mir für einige Zeit eine Matratze in einem alten VW-Bus geteilt hatte.

„Jetzt aber mal genug von mir. Was ging bei dir so in den letzten drei Jahren? Bestimmt mehr als bei mir, oder?“

„Eine Ausbildung würde ich jetzt nicht unbedingt als mega interessant beschrieben. Das aufregendste war tatsächlich mein Umzug hier in die Stadt.“

„Das Schicksal wollte wohl, dass wir uns wieder treffen. So lang wohn ich nämlich auch noch nicht hier.“

„Das Schicksal … viele Jobangebote … günstige Wohnungen, man kann es nennen wie man will“, meinte ich schulterzuckend, lächelte aber dabei.

„Und ähm …“, begann Elias nun etwas zu stottern. „Wie ähm geht es deinem … hm … Freund?“

Kurzes Treffen am TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt