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Am nächsten Morgen nahm ich das Putzzeug wieder mit nach unten und räumte es auf. Dann fiel mir auf, dass Sam am Vorabend die Küche nicht gekehrt hatte. Dabei war ihr das immer sehr wichtig. Offenbar nicht wichtig genug, um sich zu mir nach oben zu wagen.

Ich stellte die Stühle hoch, fegte und wischte den Boden. Danach kochte ich Kaffee, füllte die Getränke auf, verräumte das Putzzeug zum zweiten Mal und gruppierte die Stühle ordentlich um den Tisch. Dann ging ich in die Werkstatt und schaltete das Licht an. Mit meinem Kaffeebecher ging ich die Arbeitsliste durch. Von der Hälfte hatte ich wenig bis keine Ahnung. Aber Ölwechsel konnte ich machen. Ich nahm mir den entsprechenden Schlüssel vom Brett und ging nach draußen, um das zugehörige Motorrad zu finden. Das war manchmal das Schwierigste, weil jeder kreuz und quer parkte, wie er lustig war.

„Morgen", ranzte mich Rooney an und stapfte an mir vorbei. Rourke folgte ihm grinsend.

„Guten Morgen." Kurz blieb er stehen. „Was planst du?", erkundigte er sich.

„Zwei Mal Ölwechsel und um halb neun übernehme ich den Radwechsel."

„Alles klar." Einen Moment blieb Rourke stehen. Er sah aus, als wolle er was sagen. Dann überlegte er es sich anders und folgte Rooney nach drinnen.

Bis Mittag war ich gut beschäftigt. Ich sah aus, als hätte ich gearbeitet und sicher roch ich auch so. Das hier war was anderes als am Schreibtisch sitzen und lernen. Mit meinem Sandwich saß ich in der Mittagspause in der Sonne. Jimmys übriggebliebener Hund lag träge neben mir. Schon komisch, wie warm es mittags in der Sonne war. Seltsam, wie struppig Hundefell sein konnte. Erstaunlich, dass der Zaun noch immer nicht fertig war. Und merkwürdig, wie bewusst ich mich auf alles mögliche konzentrierte, um nur ja nicht an Sam zu denken.

Half aber nix. Ich ging duschen, bewaffnete mich mit einer weiteren Tasse Kaffee und ging ins Büro.

„Hey", sagte ich kurz angebunden und vermied es Sam anzusehen. Ich tauchte unter den Tisch, schaltete den PC an und verschanzte mich hinter meinem Bildschirm.

„Dad hat für morgen eine Besprechung angesetzt. Um 14.00 Uhr. Du, Rourke und der Karosserietyp von Moretti."

Mit Genugtuung stellte ich fest, dass Rooney wohl zu dieser Party nicht eingeladen war.

„Okay", gab ich von mir und überflog noch einmal die Menge der Teile, die ich für den Prototypen bestellen wollte. Hoffentlich fehlte nichts, sonst konnte ich mir das bestimmt bis zu meinem letzten Atemzug anhören.

„Sam, hättest du kurz Zeit, mit mir die Bestellung beim Online-Handel zu machen?"

Auch wenn Abraham entspannt wirkte, er bestand auf einem strengen vier Augen-Prinzip in allen kritischen Bereichen. Den Einkauf zählte er dazu und Abraham verlangte, dass ich mich allmählich mit dem Bestellprogramm und der Lagerhaltung vertraut machte.

„Klar. Gib mir noch fünf Minuten. Ich such gerade bei eBay nach Unfallmaschinen zum Ausschlachten. Hab hier grad schon was Spannendes gefunden. Da kannst du dich dann nach Weihnachten dran erproben und das Ding zerlegen."

Irrational, aber darauf freute ich mich. Es war ehrliche Arbeit.

Als Sam signalisierte, dass sie fertig sei, schob ich meinen Stuhl zu ihr und setzte mich neben sie. Sofort wünschte ich mir, ich hätte ihr früher einen Blick gegönnt und sie irgendwie entlastet. Sie sah völlig fertig aus. Augenringe, die sie nur schlecht überschminkt hatte. Sie war bleich und fahrig und als sie nach ihrer Maus griff zitterte ihre Hand leicht.

„Geht es dir nicht gut?"

Ich war wirklich besorgt.

„Doch, doch. Alles okay. Ich... ich hab nur nicht gut geschlafen, weil..." Sie sah mich traurig an. „Was ich gestern gesagt habe... Grady, das tut mir furchtbar leid. Wirklich."

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt