Ein wenig ratlos sah Dawson mich an. Fuhr durch seine Haare. „Riley, du weißt doch..." Er brach ab. Seufzte. „Eigentlich sollte ich nicht..."
„Wir können die Tür offenlassen, dann sieht Miles, dass alles mit rechten Dingen zu geht?", schlug ich zaghaft vor. Dawson lachte unfroh.
„Ich halte ein sechzehnjähriges Mädchen im Arm. Wenn es nach dem Blick der Polizistin heute geht, dann müsste ich dafür bereits in der Hölle schmoren! Über Nacht hier zu bleiben, sprengt jeden, absolut jeden Rahmen!"
„Also nein?", fasste ich mutlos zusammen.
Er verzog einen Mundwinkel. „Dieses eine Mal, Riley. Danach nie wieder."
„Danke", wisperte ich leise und wand mich aus seinem Arm, um aus dem Bettkasten unter meinem Bett eine zweite Decke und ein Kissen zu holen, das normalerweise Stacey benutzte, wenn sie bei mir schlief.
„Und jetzt Licht aus, Augen zu!", befahl Dawson und zog die Decke über sich, obwohl er noch Jeans und Shirt trug. Das entlockte mir ein Lachen.
„Das ist jetzt aber kindisch von dir!", frotzelte ich und fing einen bösen Blick aus funkelnd grünen Augen auf.
„Nicht kindisch, nur vorsichtig!", korrigierte er. „Und jetzt gib Ruhe, du kleine Nervensäge!"
Lange lag ich wach, lauschte auf Dawsons ruhige Atemzüge. Wir waren nicht verliebt, nicht einmal Freunde. Er hielt beinahe übertrieben penibel seit zwei Jahren Abstand zu mir. Trotzdem war er auf das Bitten meines Bruders hierhergekommen. Was auch immer Miles angetrieben hatte, ausgerechnet Dawson anzurufen, seine Rechnung war aufgegangen.
So sehr ich mich gefürchtet hatte, allein zu sein, so sehr plagte mich nun mein Gewissen. Dawson schlief hier, obwohl er Distanz wahren wollte und Justin, den ich um Beistand hätte bitten sollen, lag alleine in seinem Bett. Oder auch nicht, was wusste ich schon, was er tat! Über den jüngsten Vorfall am See, war es zu keiner Aussprache gekommen. Woran ich bei ihm war, wusste ich nicht. Er hatte sich auch nicht bei mir gemeldet. Ich mich auch nicht bei ihm. Das verhieß nichts Gutes. Schweren Herzens musste ich mir eingestehen, dass es möglicherweise bei diesem einen, wenn auch schönen, Date bleiben würde.
„Riley, du sollst doch schlafen!", murmelte Dawson schlaftrunken und hob den Kopf. Süß sah er aus. Verstrubbelt und ein bisschen verträumt. Seine heisere Stimme kribbelte wie Ameisen in meinem Bauch.
„Wenn das so einfach wäre!", motzte ich.
„Es wäre ein Anfang, wenn du die Augen zumachen würdest und aufhörst, an die Decke zu starren!"
Ich verdrehte die Augen, gab ihm aber insgeheim Recht. Also legte ich mich auf die Seite und schloss meine Lider. So unglaublich es war, schlief ich danach ziemlich übergangslos ein.
Als ich im Morgengrauen wieder aufwachte, lag Dawson noch in tiefem Dornröschenschlaf. Er sah viel jünger aus, wenn er schlief. Ein leichter Bartschatten hatte sich auf seinen Wangen gebildet und seine Wimpern lagen lang und dunkel auf seinen markanten Wangenknochen. Leise schlüpfte ich aus dem Bett, schloss das Fenster und die Vorhänge gegen die Morgensonne, die spätestens in einer Stunde hereinscheinen würde und Sommerhitze mit sich bringen würde. Schon jetzt war die Luft feucht und stickig. Ich klemmte mir Kleidung unter den Arm und schlich aus der Tür, die ich leise hinter mir schloss.
Vor zwei Jahren hätte ich für die Gelegenheit in einem Bett mit Dawson zu schlafen, alles Erdenkliche getan. Jetzt fühlte es sich nicht wie ein Triumph an. Zweifel beschlichen mich. Sicher wäre es besser gewesen, ihn gehen zu lassen. Im Bad wusch ich mich, starrte auf mein verquollenes Gesicht, stellte fest, dass es nichts gab, was ich dagegen tun konnte und ging runter in die Küche. Das spärliche Abendessen war lange her und ich hatte ein verdammt großes Loch im Magen, dass laut nach Truthahnsandwich schrie. In der Küche fiel dann noch eine Schale Müsli in dieses Loch, gefolgt von einem Himbeerjoghurt.

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Finally - Falling for you
RomantikaBand 1 der "Finally"- Reihe. Die tiefsten Wunden bluten nicht. Schon seit frühester Jugend schwärmt die sechzehnjährige Riley für den attraktiven, aber launischen Dawson, der sie konsequent auf Abstand hält. Der Altersunterschied von sechs Jahren zw...