Später schlenderten wir über den Festplatz und fuhren Autoscooter, probierten die Schiffschaukel aus und schafften zwei Mal einen Überschlag. Dann kauften wir uns Weintrauben mit Schokoüberzug und etwas später Zuckerwatte. Immer mal wieder trafen wir auf Leute, die wir beide oder einer von uns näher kannte und bei denen wir stehen blieben, um uns zu unterhalten. Die ganze Zeit hielt Justin dabei meine Hand.
An einem der Schießstände blieb er schließlich stehen. „Ich hoffe, du bist keine Pazifistin?" Er wirkte verunsichert und am liebsten hätte ich ihn dafür geknuddelt. Aber hey, das hier war Amerika! Waffen für alle!
„Nein, gar nicht", beruhigte ich ihn. „Mein Bruder und ich haben selbst Luftpistolen zu Hause. Mein Dad geht auch regelmäßig schießen."
„Na, dann..." Jetzt erhellte ein Lächeln Justins Züge und er zog mich näher an den Stand, wo er ein paar Schuss kaufte. Zu meiner Überraschung saß jeder einzelne und selbstbewusst überreichte er mir eine rote Seidenrose.
„Für dich, meine Schöne!" Zwei Grübchen deuteten sich auf Justins Wangen an, als er sich vor mir verneigte.
Geschmeichelt nahm ich die Blume entgegen und verschenkte ein Riley-Spezial-Lächeln. Erwartungsvoll sah Justin mich mit seinen blauen Augen an. Ich ertrank in seinem Blick, der sich langsam zu meinem Mund senkte.
„Danke", sagte ich und starrte nervös zu ihm hoch. Sein Mund näherte sich meinem. Sacht berührte er meine Lippen. Nur für Millisekunden, dennoch löste es in mir ein eigenartiges Gefühl aus. Eigenartig gut. Herzklopfen. Kribbeln im Bauch und pure Freude.
„Gern geschehen", flüsterte er. Sein ganzes Gesicht strahlte, seine blauen Augen leuchteten. Am liebsten hätte ich ihn gleich noch einmal geküsst, traute mich aber nicht.
Wie am Vortag legte er einen Arm um meine Schulter, ich meinen um seine Taille und so gingen wir Arm in Arm zu dem großen Platz, wo in weniger als einer halben Stunde das Feuerwerk stattfinden sollte. Ab und zu sah er zu mir runter, lächelte sichtlich zufrieden, bevor er wieder geradeaus blickte.
Auf einem der Heuballen, die im Halbkreis als Sitzplätze ausgelegt waren, breitete er seine Jacke aus und ich setzte mich neben ihn. Wieder lag sein Arm um meine Schulter. Doch mit Einbrechen der Dunkelheit rutschte dieser tiefer und seine Hand lag schließlich auf meiner Hüfte.
Als ich zu ihm aufsah, nahm er seine Rechte, legte sie unter mein Kinn. Lange sah er mich an, dann seufzte er. „Du hast wunderschöne Augen, Riley. Ich könnte dich die ganze Zeit anstarren!"
Dann küsste er mich noch einmal vorsichtig, aber deutlich länger. Meine Lippen kribbelten danach angenehm. Seifenblasen schwebten durch meinen Bauch und mein Kopf war selbst leicht wie eine schillernde Seifenblase. An dieses Gefühl konnte ich mich durchaus gewöhnen.
Langsam füllte sich der Platz und um uns herum wurde das Gedränge immer größer. Als die ersten Raketen in den Himmel flogen und in einem leuchtenden und glitzernden Farbenmeer explodierten, jubelten die Zuschauer. Fasziniert starrte ich in den Himmel, als ich zu Justin blickte, bemerkte ich, dass er mich anstarrte.
„Was ist? Warum schaust du dir nicht das Feuerwerk an?", fragte ich leise.
„Weil du so viel schöner bist, Riley."
Der Kuss, der dem Satz folgte, war extra-lang und extra-aufregend, weil Justin sanft an meiner Unterlippe zupfte und mich ganz eng an sich zog.
Ich mochte das Gefühl seiner Arme um meine Taille, seiner Lippen auf meinen und wie er mich ansah.
„Ein paar Leute machen bei den Hendersons auf der Wiese noch ein Feuer und der alte Jim hat ein Fass Bier in Aussicht gestellt", sagte Justin, als wir nach dem Feuerwerk das Gelände verließen. Der „alte Jim" war der Bauer, dem die Weide gehörte. Der „junge Jim", sein Enkel, der Jim, der mit uns auf die Schule ging. Dazwischen lag Jordan. Der beinahe Vierzigjährige war momentan in einer Entzugsklinik, weil er ein Alkoholproblem hatte. Dass der „Alte" nun die Jugend und seinen Enkel mit einem Fass Bier anfixte, war schon etwas bedenklich.
„Also, wenn du Lust hast, könnten wir noch für eine halbe Stunde dort vorbeischauen. Wenn du lieber nach Hause willst, begleite ich dich aber auch gerne."
„Freibier klingt doch super. Ich sag nur meinem Bruder schnell Bescheid, damit er sich keine Sorgen macht."
Die Wiese der Hendersons war wie ein Bienenstock. Ganze Schwärme von Jugendlichen hatten sich dort eingefunden und kein Schwein interessierte sich dafür, wer hier schon einundzwanzig war. Lachen und laute Stimmen schwebten in der Luft. Ein hohes Feuer loderte in den Himmel und strahlte seine Hitze in die Nacht. Knackend stoben immer wieder Funken in die Luft und als ich den riesigen Holzstapel sah, der entzündet wurde, war mir gleich klar, dass es dem „alten Jim" nicht darum gegangen war, uns mit Bier zu beglücken, sondern einen Stapel Paletten und anderes Holz loszuwerden. Zufrieden mit der Welt saß ich neben Justin. Wir teilten uns einen Becher mit Bier, tranken abwechselnd, redeten über alles mögliche. Und zwischendurch küssten wir uns immer wieder. Das Feuer brannte langsam runter, bis es sich von einem Inferno in ein Lagerfeuer verwandelte. Ein paar Leute schleppten immer wieder Holz zum Nachlegen an. Doch kurz nach Mitternacht verebbten die Bemühungen.
„Ist dir kalt?", erkundigte sich Justin besorgt, als das Feuer beinahe ganz heruntergebrannt war.
„Ein bisschen", gestand ich und er küsste mich sanft auf die Stirn. „Ich verschwinde nochmal kurz, dann können wir gehen", flüsterte er mir ins Ohr und drückte einen Kuss in meinen Kieferwinkel. Sein Atem kitzelte auf meiner Haut und die Härchen in meinem Nacken stellten sich auf.
Alleine am Lagerfeuer begann ich mich schnell zu langweilen und ließ meinen Blick schweifen auf der Suche nach einem bekannten Gesicht. Als meine Augen über das Feuer hinweg auf Moosgrüne trafen, lächelte ich zaghaft. Doch Dawson erwiderte es nicht. Er sah weg, hob seinen Becher an die Lippen und trank ihn in einem Zug leer. Dann stand er auf und ging, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Freilich ein etwas seltsames Betragen, aber seine Stimmungsschwankungen waren geradezu legendär. Sie zu hinterfragen machte ich mir nicht die Mühe, sondern stand ebenfalls auf und wartete auf Justin, während ich von einem Bein auf das andere trat, um die Kälte zu vertreiben, die unangenehm unter meinen Rock kroch.
Justin begleitete mich bis vor die Haustür. Verlegen stand ich da, unschlüssig, was ich tun sollte. Justin stand eine Treppenstufe unter mir, sodass wir uns beinahe direkt in die Augen sahen. Meine Hand hielt er in seiner.
„Ich danke dir für den schönen Abend, Riley. Ich hoffe wir wiederholen das mal."
„Gerne. Mir hat es auch gefallen." Innerlich schlug ich mir gegen die Stirn. Was ich da von mir gab, klang selten dämlich.
„Gute Nacht, Riley" Er drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. „Ich ruf dich an, ja?"
„Ja, mach das" Ich konnte mein dämliches Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen. „Und schlaf gut."
Justin zwinkertemir kurz zu, dann drehte er sich um und ging. Auf Höhe des Gartenzauns drehteer sich noch einmal um, hob eine Hand zum Gruß und ich betrat das Haus.
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Finally - Falling for you
RomanceBand 1 der "Finally"- Reihe. Die tiefsten Wunden bluten nicht. Schon seit frühester Jugend schwärmt die sechzehnjährige Riley für den attraktiven, aber launischen Dawson, der sie konsequent auf Abstand hält. Der Altersunterschied von sechs Jahren zw...