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Der Karosseriebauer, den ich am nächsten Tag kennenlernte, war etwa so alt wie Abraham und hatte schon an der Serie I mitgearbeitet. Da ich dem Gespräch wenig beizusteuern hatte, hörte ich aufmerksam zu und versuchte, so viel wie möglich zu lernen. Danach machte ich mich in der Küche nützlich. Sam aß nach wie vor vegetarisch. Das hatte ich im Laufe des gestrigen Abends herausgefunden.

Um dem kleinen „Inside" genug Proteine zu bieten, hatte ich mich für Linsen-Bolognese entschieden und griff auf Chads Rezept zurück, der der absolute Hülsenfrüchte-Fanatiker war.

Die Resonanz war erst mal mäßig und mein Essen wurde äußerst kritisch beäugt. Doch am Ende wurde alles bis auf das letzte Fitzelchen verputzt.

An diesem Abend fuhr Sam mit Rooney nach Hause. Was hätte sie auch anderes tun sollen. Es war schließlich und endlich genau der Ort, an den sie Rooneys Ansicht nach gehörte.

Und der Ort, an den ich gehörte, war die Werkstatt. Dort richtete ich mich bis weit nach Mitternacht ein und lenkte mich von Sam und den Gedanken an ihre Unehrlichkeit ab. Ich verstand es einfach nicht. Was an mir war denn so schlimm, dass sie ein Zusammenleben mit Rooney eine Erziehungsgemeinschaft mit mir vorzog? Mit mir schlafen war okay. Mit mir ein Kind großzuziehen ging nicht. Das war geisteskrank auf eine für mich nicht nachzuvollziehende Weise. Dabei hatte ich in der Psychiatrie echt richtig krankes Zeug erlebt.

Nach dem Schema lief es bis zum zweiundzwanzigsten, denn Sam hatte offenbar beschlossen, mir aus dem Weg zu gehen. Wie sie es derartig präzise schaffte, mir und Situationen auszuweichen, in denen wir allein gewesen wären, blieb ein unlösbares Rätsel. Rooney war daran nicht unschuldig, denn er schwänzelte auf geradezu ekelerregende Art und Weise um Sam herum. Bei dem Gedanken, dass sie mit ihm ins Bett ging, drehte sich mir der Magen um. Nicht weil ich etwas wie Eifersucht verspürte, sondern eine tiefe Abneigung gegen Sams Falschheit.

Bevor Sam jedoch an diesem speziellen Abend wieder Fersengeld geben konnte und zu Rooney ging, der draußen rauchte, fing ich sie ab. Nach einem Kontrollblick in Richtung Hof, wo Rooney und Rourke in ein Gespräch vertieft waren, zog ich Sam in die Waschküche. Es lag nicht in meiner Absicht, sie in Schwierigkeiten zu bringen. Ich wollte lediglich ein Zeichen setzen.

„Ich nehme an, du hast noch nicht mit ihm geredet?", erkundigte ich mich unnötigerweise. Es war eine offensichtliche Tatsache.

Störrisch presste Sam die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.

„Wenn ich wiederkomme, hast du es ihm gesagt, Sam. Das ist mein Ernst. Falls nicht, dann erfährt er es von mir. Ist das klar?" Meine Stimme war hart wie Stahl und ich erkannte sie selber fast nicht mehr.

Aus großen Augen sah Sam mich an. Dann nickte sie. Den Ernst ihrer Lage schien sie endlich begriffen zu haben.

„Ich komme am dritten Januar zurück. Deine Entscheidung. Fröhliche Weihnachten!"

Damit ließ ich die Mutter meines Kindes einfach stehen. Jegliches Gefühl für sie hatte sich in den vergangenen Tagen in Luft aufgelöst. Ich wollte sie für ihre Sturheit einfach nur erwürgen.

Mit einem kurzen Gruß an Rooney und Rourke überquerte ich den Hof und stieg die Treppe hoch, um meine bereits gepackte Tasche zu holen. Auf die lange Fahrt nach einer für mich nervenaufreibenden Woche freute ich mich kein bisschen. Dafür bildete die Aussicht, Dawnie und meine Schwester zu sehen, einen Lichtblick. Ich musste wirklich dringend mit jemandem reden, bevor ich an der ganzen Situation verzweifelte.

Gegen zwei Uhr morgens erreichte ich das Haus meiner Schwester. Wie verabredet rief ich sie auf dem Handy an. Noch während ich sprach, ging das Licht im Flur an, dann in der Küche und sie öffnete die Tür zum Windfang.

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt