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„Riley... ich kann doch Mum und Dad nicht anlügen, wenn sie fragen!"

„Ich wüsste nicht, warum sich diese Frage für sie überhaupt stellen sollte. Aber okay. Sollten sie sich jemals erkundigen, ob Dawson über Nacht hier war, dann erzähl es von mir aus. Aber von dir aus sag bitte nichts. Ihm wäre das nicht recht und ich will ihn nicht in Verlegenheit bringen."

Miles überlegt und ich wippte von einem Fuß auf den anderen, während er mir eine Antwort schuldig blieb. Ich kannte niemanden außer meinem Bruder, der über eine einzelne Entscheidung unendlich lange nachdenken konnte.

In der Zeit, die Dad und er benötigten, einen Schachzug zu planen, konnten ganze Kriege gewonnen werden. Für mich nicht nachvollziehbar. Ich schaute auf das Brett, sah meine Möglichkeiten, entschied aus dem Bauch heraus, ohne die nächsten Züge meines Gegners zu überdenken. Blöd nur, dass mein Bauch ziemlich oft daneben lag und die Spiel- und Fehleranalyse meiner männlichen Verwandten oft länger dauerte als die Partie selber. Warum sie sich an jeden Zug erinnerten und ich nur maximal die letzten vier benennen konnte, gehörte zu den Rätseln des Universums. Ebenso wie die Tatsache, dass ich zumindest gelegentlich gewann, indem ich maximale Verwirrung mit meinen unorthodoxen Zügen stiftete.

„Na gut. Mit dieser Regelung kann ich leben", gestand Miles mir nach einigem Grübeln zu. Er hielt seinen Teller unter kaltes Wasser, bevor er ihn in die Spülmaschine stellte.

„Sag mal, Miles, was hast du heute vor?", erkundigte ich mich verhalten.

„Mich von dem Schock erholen, dass meine Schwester sich wie eine Furie verhalten hat." Oh Mist. Sein Ego hatte doch einen Knacks bekommen. Dabei hatte er in meinen Augen aufgeräumt gewirkt. Bessere Strategen, die ins Einkaufszentrum gefahren werden wollten, wären geschickter vorgegangen.

„Das tut mir leid, Miles. Wirklich", entschuldigte ich mich kleinlaut. „Mir war gestern alles zu viel. Ich brauchte Abstand", versuchte ich zu erklären. Besser machte ich es damit aber nicht. Ich hätte bei „wirklich" aufhören sollen. Jetzt hatte ich total verkackt. Das hörte ich schon daran, wie tief er Luft holte, bevor er zu einer Antwort ansetzte.

„Ganz offensichtlich nur von mir? Von Dawson hast du dich in den Arm nehmen lassen. Ich durfte aber nicht mal in deine Nähe." Er klang verletzt und ihm wehzutun war das letzte, was in meiner Absicht gestanden hatte. Ich wollte eine Linie ziehen, mich schützen.

„Du hast meinen Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, nicht respektiert. Wärst du mir nicht auf die Pelle gerückt, dann wäre die Situation vielleicht nicht so eskaliert."

„Dann ist das meine Schuld? Super, Riley. Ich wollte dir helfen! Für dich da sein. Was ist dein Scheißproblem?"

„Mein Scheißproblem ist, dass ich dich gebeten habe, mich in Frieden zu lassen! Meine Bedürfnisse zu respektieren, liegt meiner Familie aber offenbar nicht!", wetterte ich, regte mich schon wieder maßlos auf, dass ich das überhaupt vertiefen und erklären musste.

„Nicht nur du hast Bedürfnisse", seufzte Miles grabestief. „Ich auch. Und heute brauche ich Abstand!" Er schlurfte aus der Küche.

Ich schnaufte unfroh. Ich würde wohl mit dem Bus fahren müssen. Oder dem Fahrrad. Wobei letzteres ausschied, wenn ich mehr als nur ein Spitzenhöschen kaufen wollte. Mein Mountainbike war auf Sport ausgelegt, nicht auf Transport.

Grübelnd lief ich die Treppe hoch. Ob ich Justin fragen sollte, ob er Lust auf Shopping hatte? Mal völlig unabhängig von der Frage, wie ich dorthin kommen sollte. Jungs mochten das im Allgemeinen ja nicht, solange es nicht speziell um Dessous ging, hatte ich mir sagen lassen.

Aber es wäre auf jeden Fall ein guter Aufhänger, um ihn anzuschreiben, das war selbst einem Beziehungsfrischling wie mir sonnenklar. Die Nachricht an Justin war schnell verfasst, dann schrieb ich an Dawson, dass ich Miles auf Stillschweigen eingeschworen hatte. Die Fußnote, dass er nicht aktiv lügen würde, unterschlug ich und betete, dass das kein strategischer Fehler war.

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt