Ich sprang auf mein Fahrrad und jagte die Straße runter, fegte um die Kurve und außer Sichtweite. Dann fuhr ich gemütlich weiter und legte mir die passenden Worte zurecht. Ein etwas mulmiges Gefühl hatte ich allerdings schon, als ich auf die Klingel drückte. Das Tor glitt zur Seite und befangen ging ich die gekieste Einfahrt hinunter.
„Riiiley!", quietschte Melissa, als sie die Stufen runterrannte. Sie umschlang mich und begann zu schluchzen.
„Schsch, was ist den los, kleine Maus?" Ich ging vor ihr in die Hocke und sie hängte ihre mageren Arme um meinen Hals.
„Ich dachte, du kommst nicht mehr wieder", erklärte sie mir kläglich. „Und ich wollte doch so gut schwimmen lernen wie du, damit ich auch Leute retten kann." Ihre Tränen durchweichten den Stoff meines Shirts und ihr Schniefen und Schluchzen schüttelte ihren ganzen Körper. Hilfesuchend blickte ich über ihre Schulter zu Thomas. Der stand abwartend da, die Hände in den Taschen und beobachtete uns. „Du hast dich nicht mal verabschiedet!", jammerte Melissa weiter.
„Das alles tut mir sehr leid, meine Kleine. Aber es gab ein Missverständnis zwischen deinem Dad und Dawson. Da wurde er schrecklich wütend und wollte lieber gehen. Dass ich dich damit traurig gemacht habe, das tut mir leid." Tröstend streichelte ich über ihren Rücken und ihre Haare.
„So, so. Missverständnis?", brummte Thomas und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an.
„Dad, Riley ist doch wieder gekommen. Du hast gelogen!" Anklagend sah die Kleine zu ihrem Vater hinauf. Dann ließ sie mich los und wischte mit den Handballen ihre Tränen weg. „Er hat gesagt, du würdest nie wieder hierherkommen, weil Dawson das nicht will." Sie sah mich aus ihren dunklen Augen strahlend an. „Gibst du mir heute Unterricht?"
„Heute nicht, Melissa. Ich muss erst etwas mit deinem Dad besprechen", vertröstete ich das Mädchen und sprach dann Thomas direkt an. „Hättest du ein paar Minuten für mich?"
„Denk schon, ja. Lass uns im Atelier sprechen. Melissa, lauf bitte rein zu Inny und sag ihr sie soll Getränke und einen kleinen Imbiss raufbringen und dann beschäftige dich ein wenig in deinem Zimmer, ja?"
„Und du gehst auch nicht einfach wieder?" Unsicher sah ich zu Thomas, der ein wenig verkniffen aussah. Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Nein, Melissa. Ich verabschiede mich auf alle Fälle von dir und ich gebe dir weiter Unterricht." Einer Eingebung folgend schlug ich dann vor: „Vielleicht nur nicht mehr hier. Du könntest nach dem Training ins Schwimmbad kommen und dort mit mir üben und vielleicht kann John dich auch bei den Mädchen aus der Rettungsstaffel unterbringen. Er gibt regelmäßig Kurse und er weiß viel mehr als ich. Vieles, was ich kann, habe ich von ihm gelernt. Er ist wirklich toll. Du kannst das ja mal mit deinem Dad zusammen überlegen."
Melissa legte den Kopf schief. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie über etwas nachdachte, das ihr sehr wichtig war. Schließlich nickte sie. „Ich war noch nie in einem richtigen Schwimmbad. Mit dir würde ich mich vielleicht sogar trauen."
„Wir reden später darüber, Spätzchen", stimmte Thomas seine Tochter versöhnlich. „Jetzt lauf und richte Inny aus, was ich gesagt habe."
Mir bedeutete er, die Stufen ins Haus zu nehmen. Staunend sah ich mich um. Ich hatte noch nie ein Privatgebäude betreten, das eine Foyer hatte, ganz zu schweigen von einer Freitreppe oder einem Kronleuchter. Ohne von meinem Staunen Notiz zu nehmen, steuerte Thomas die Treppe an und ich folgte ihm in stiller Ehrfurcht über die Stufen und den blankpolierten Boden. Marmor? Wahrscheinlich.
Am Ende eines Ganges, der in etwa so lang wie die Titanic breit war, stoppte Thomas und öffnete eine der Türen aus dunklem Holz. Er ließ mir den Vortritt und mit einer Mischung aus Neugier und Angst betrat ich den riesigen, hellen Raum.

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Finally - Falling for you
RomanceBand 1 der "Finally"- Reihe. Die tiefsten Wunden bluten nicht. Schon seit frühester Jugend schwärmt die sechzehnjährige Riley für den attraktiven, aber launischen Dawson, der sie konsequent auf Abstand hält. Der Altersunterschied von sechs Jahren zw...