90

676 30 6
                                    

Angespannt kaute ich auf meinem Daumen, während ich wartete, dass sich am anderen Ende jemand meldete. Vielleicht war er schon schlafen gegangen. Mein Finger schwebte über dem roten Hörer, als er endlich ranging.

„Weißt du wie spät es ist?", grummelte Thomas in den Hörer.

„Elf Uhr fünf", antwortete ich und Thomas lachte leise.

„Was kann ich für dich tun?", brummte er dann. „Um elf Uhr fünf?"

Er klang amüsiert, während ich Mut aus allen Ecken zusammenkratzte. Besonders viel kam da nicht zusammen. Mit Dawson hatte ich bereits eine Menge Mut verbraten.

„Ich mach es", stieß ich hervor.

„So? Und was sagt Dawson dazu?"

„Er muss es nicht wissen", sagte ich beschwörend. Thomas Lachen am Ende der Leitung ließ mein Trommelfell beinahe platzen.

„Das ist sehr kurzsichtig gedacht. Der Plan ist doch, dass du die Fotos machst und er bekommt dafür Ratenzahlung. Wie willst du ihm das erklären?"

Einen Moment war es still. Ich räusperte mich. „Du hast gesagt, er bekommt es sofort, wenn ich unbekleidet..."

„Und du meinst, dass lässt sich besser erklären? Ich denke, du bringst dich da in gewaltige Schwierigkeiten." Diese Warnung verpuffte an meiner neu gewonnenen Einsicht, wie wichtig das Bike für Dawson war. Wie sehr er diese fragile Verbindung zu seinem Vater brauchte. Selbstbewusster als ich mich fühlte, machte ich Thomas einen gewagten Vorschlag.

„Du könntest behaupten, du willst die Maschine nicht, weil sie nicht mehr Original ist."

Wieder war es still in der Leitung und ich bangte. Mach keinen Rückzieher, betete ich still und wurde erhört.

„Komm am Freitagabend", wies er mich an.

„Das geht nicht" stotterte ich. Tränen schossen mir in die Augen, weil ich meine Felle davon schwimmen sah. Die ganze Anspannung war zu viel. „Dawson kommt nach der Uni und..."

„Dann mache ich den Donnerstagabend frei. Das sollte gehen. Komm ungeschminkt."

„Danke", murmelte ich.

„Wir sehen uns."

Dann war die Verbindung tot. Ich ließ das Telefon sinken. Glücklich aber auch bis zum Zerreißen angespannt starrte ich zum Fenster. Beobachtete die Wolken, die schnell über den Himmel zogen. Donnerstag. Noch vier Tage und Dawsons Welt wäre wiederein bisschen mehr in Ordnung.

Die Tage, bis ich zu Thomas fuhr, waren zäh wie Melasse. Als ich klingelte, konnte ich mich nur verschwommen an die verstrichene Zeit erinnern. Der Wettbewerb war gut gelaufen. Zwei erste Plätze. Ein Dritter. Und bei der Staffel war Justin mir nicht ins Kreuz gesprungen. Das Gespräch mit ihm war an mir vorbeigezogen wie Rauch im Wind. Eine Entschuldigung. Dann die Eröffnung, dass er nicht zur Rettungsstaffel zurückkehren würde. Auf die Schultage konnte ich mich überhaupt nicht mehr besinnen. Die meiste Zeit hatte ich vor mich hingestarrt und mir Gedanken über das Shooting gemacht. Es war mir schon schwergefallen, mich vor Dawson zu entblößen. Dabei war es dunkel gewesen und ich war nicht nackt gewesen. Heute würde auch die letzte Barriere, mein Höschen, fallen.

Das Tor schwang zur Seite und als ich auf die Haustür zuschritt, verengte sich meine Sicht, als würde ich durch einen Tunnel gehen.

Thomas erwartete mich an der Tür. „Hey", sagte er. Mit zitternden Knien folgte ich Thomas durch sein Foyer, dann in den ersten Stock.

„Hier kannst du dich umziehen", sagte er und hielt mit die Tür auf.

Ich trat in den Raum. Auf Kleiderständern hingen verschiedene Ensembles. „Wir fangen hiermit an." Er hielt mir ein Sommerkleid entgegen. „Daisy kommt gleich und schminkt dich."

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt