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Neugierig sah ich Dawson zu, wie er nach der Picknickdecke, die ich bereits kannte, zwei Kissen aus der Aluminiumkiste beförderte und anschließend einen Picknickkorb. Dann folgten zwei Weingläser und eine Flasche Rotwein. Er klopfte auf die Decke. „Kannst ruhig schon herkommen. Hier ist Platz genug."

Nachdem ich saß, reichte er mir eine weitere karierte Wolldecke. „Falls dir später kalt wird."

Zu guter Letzt folgte ein kleiner Gasgrill mit einer Kartusche, den er in einiger Entfernung vom Auto platzierte. Nachdem dieser brannte, kam er zu mir zurück.

„Magst du lieber Rind oder Schwein?", erkundigte er sich, als er ein in Papier eingewickeltes Päckchen aus der Kiste zauberte.

„Ich esse ausnahmslos alles."

„Das war nicht die Frage. Ich möchte wissen, was dir lieber ist."

„Rind", antwortete ich.

„Na also. Geht doch!"

Er verschwand mit dem Fleisch in Richtung des Grills und bereits kurz darauf duftete es appetitlich.

Dawsons überraschte mich an diesem Abend wirklich. Das Fleisch war perfekt. Er hatte zwei unterschiedliche Salate gemacht und eine ausgezeichnete Barbecue-Soße. Für den Fall, dass mir die nicht schmeckte, hatte er mir noch Kräuterbutter mitgebracht, die seine Mum immer selbst machte.

Als Nachspeise gab es Brownies, allerdings waren die nicht selbstgebacken, nur selbst aufgetaut, wie Dawson mit einem Augenzwinkern betonte.

Völlig vollgefressen lehnte ich an der Ladeflächen-Umrandung und sah Dawson zu, wie er routiniert alles wieder in der Box verstaute. Nur den Wein und die Gläser platzierte er wieder auf der Alukiste, bevor er sich zu mir setzte.

Die Dämmerung brach herein und wurde von der Dunkelheit abgelöst, die hunderte von Sternen am Himmel über der Lichtung erstrahlen ließ, während wir unter die Decke gekuschelt unseren Wein tranken und den Geräuschen des Waldes lauschten.

Träge starrte ich in den Himmel, lehnte an Dawsons Schulter und war einfach glücklich. Die letzten vierundzwanzig Stunden hatten sich so vollkommen anders entwickelt, als ich es geplant hatte, jemals hätte planen können.

„Und du bist sicher, dass du morgen nicht mit den anderen fahren willst?", fragte ich in die Stille hinein.

„Ja, bin ich. Möchtest du mich lieber loswerden?" Seine Frage sollte scherzhaft klingen, doch ein besorgter Unterton schwang mit.

„Nein. Ich dachte nur, weil ihr das so lange geplant habt und ich bin doch extra zu dir gefahren, um dich zu überzeugen, dass du das nicht sausen lässt."

Nachdenklich rieb Dawson über sein Kinn zuckte dann zusammen, als er unbedacht über den Bluterguss strich. „Ich weiß nicht, Riley. Ich wäre fünf Tage weg. Fünf Tage, die wir gemeinsam verbringen könnten." Er zog mich näher an sich. „Ich hab schon so viel Zeit vergeudet, die ich besser mit dir verbracht hätte. Jetzt wo wir uns näherkommen, will ich nicht gleich wieder verschwinden."

„Wir hätten danach noch immer fünf Tage", merkte ich an. „Und Freunde sind doch sehr wichtig. Lio und Stacey waren schrecklich enttäuscht, weil du nicht aufgetaucht bist. Mike und Ronny auch. Das steht doch nicht im Verhältnis. Wie willst du ihnen das erklären?"

„Gar nicht?", brummte er. „Ich sag einfach, ich kann keinen Helm tragen und ohne fahr ich nicht. Das weiß jeder, der mich kennt."

„Aha. Sehr erwachsen, Dawson!" Er nahm mir das Weinglas aus der Hand.

„Dann hab ich ja Glück, dass meine Riley so unglaublich vernünftig ist." Er zog die beiden Kissen, an denen wir lehnten hinter unseren Rücken hervor, legte sie auf die Decke und legte sich hin. Der Arm um meine Taille zwang mich in eine ebenfalls waagerechte Position. Auf seine Brust gekuschelt lag ich in seinem Arm und er starrte nachdenklich in den Himmel.

„Ich würde lieber mit dir fünf Tage wegfahren. Ich hab sowieso kein Motorrad. Wir könnten einfach mit dem Pickup fahren und du könntest behaupten, Stacey Gesellschaft leisten zu wollen", schlug Dawson vor.

Ich schüttelte den Kopf. „Das würden meine Eltern mir im Leben nicht so spontan erlauben. Stacey darf auch nur, weil Lio dabei ist." Eine Weile schwiegen wir.

„So wie jetzt wäre es ja auch nicht", fügte ich dann an. „Wir müssten ständig auf der Hut sein."

„Ich weiß. Du hast recht", seufzte er und sah mich lange an.

„Fahr mit", wiederholte ich und versuchte dabei möglichst sanft zu klingen, um nicht auf Widerstand zu stoßen. „Eigentlich willst du doch gerne, oder? Steh dir nicht selbst im Weg. Ruf Lio einfach jetzt an, entschuldige dich und dann holt ihr morgen früh das Motorrad bei seinem Onkel und fahrt los."

Nachdenklich und etwas abwesend streichelte er über meinen Arm. „Meinst du wirklich, ich soll?"

„Aber natürlich meine ich."

„Und du wärst nicht enttäuscht?"

Ich drehte mich auf den Bauch, damit ich ihm in die Augen sehen konnte. „Ich wäre eher enttäuscht, wenn du darauf verzichten würdest."

Bedächtig nickte er. „Okay. Wenn es dir nichts ausmacht, dann..." Er lächelte leicht. „...dann fahre ich."

„Am besten rufst du Lionel gleich an, damit er planen kann."

Seufzend setzte sich Dawson auf und zog sein Handy aus der Hosentasche. Das Gespräch war ziemlich kurz. Stacey und ich hätten uns totdiskutiert, wer wann was falsch gemacht hatte. Dawson brachte lediglich eine kurze Entschuldigung hervor und dann war schon gut. Lio bot sogar von sich aus an, Dawson am Morgen abzuholen. Männer tickten echt einfach anders.

Nach dem Telefonat wirkte Dawson viel entspannter. Er zog mich wieder in seine Arme, küsste sanft meine Wange. „Danke", flüsterte er in mein Ohr, küsste dann ganz sacht mein Ohrläppchen. Die vertraute angenehme Gänsehaut bildete sich wieder auf meinen Armen und an meinem Hals. „Mehr? Oder aufhören?", fragte mich Dawson. Der Wein verlieh mir ungeahnten Mut.

„Mehr", hauchte ich und Dawsons Lippen wanderten meinen Hals hinunter. Langsam, gründlich und ohne Hast verwöhnte er jeden Millimeter Haut auf dem Weg zu meinem Schlüsselbein. Mein Atem wurde ein wenig zittrig dabei. Mein Herz klopfte wild. Vor Aufregung, aber auch, weil noch ein anderes Gefühl in mir wuchs. Eines, das eine unbekannte Dimension erreichte, als Dawson den gleichen Weg zurück bis zu meinem Ohr nahm, sich meinen Kiefer entlang küsste, bis er meinen Mundwinkel erreichte. Ich drehte meinen Kopf ein wenig, und küsste ihn. Ich spürte das Lächeln auf seinen Lippen, spürte wie diese seltsame Hitze in mir hochkochte, die ich nicht wirklich einordnen konnte und erwiderte seinen Kuss hitziger als zuvor. Etwas unbeholfen, wie ich fand, saugte ich an seiner Unterlippe, so wie er das bei mir gemacht hatte. Also, ich versuchte es zumindest auf dieselbe Art. Dass sein Griff in meinem Nacken fester wurde und er seinen Oberschenkel zwischen meine schob, fand ich als Reaktion eigentlich vielversprechend. Es war ein bisschen wie ein Spiel; ich wagte mich etwas aus der Deckung und bekam dafür eine aufregende neue Lektion. Diese hieß: lasse keinen Millimeter Luft zwischen uns. Dawsons Körper war aufregend anders als meiner. Härter. Muskulöser. Seine Haut war viel weicher als meine und auch wärmer.

Anhaltendes Vibrieren aus Dwsons hinterer Hosentasche unterbrach meine Forschungsarbeit. „Es ist halb zwölf", stellte Dawson fest. „Zeit, dich nach Hause zu bringen."

Enttäuscht sah ich ihn an. Hatte er sich etwa wirklich einen Wecker gestellt, um mich wieder daheim abzuliefern? Darüber mussten wir reden.

Dann machte ich mir klar, dass es in diesem speziellen Falle nicht ausschließlich um mich ging. Er wollte morgen Motorradfahren. Da sollte er ausgeruht sein. Schweren Herzens erhob ich mich und beschloss, kein Wort über den Riley-Alarm zu verlieren. Zumindest heute nicht.

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt