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„Vielleicht solltest du kein Eis essen? Dir war doch gestern schlecht, oder?", erkundigte sich Stacey besorgt, als ich verkündete, ich würde einen Mango-Maracuja-Becher mit Vanilleeis nehmen. Grüne Augen sahen von der Karte auf und musterten mich interessiert, aber auch ein klein wenig besorgt. Zumindest bildete ich mir das ein.

Das hatte ich von der Schwindelei. Eisdiele ohne Eis. Ganz großartig! Auffliegen wollte ich vor Dawson auch nicht. „Vermutlich hast du recht", stimmte ich entsprechend grimmig zu. Ich blätterte frustriert durch die Karte. Als ich sie ergebnislos zuschlug, fing ich erneut Dawsons Blick auf.

„Du könntest den geeisten Pfefferminztee nehmen. Der ist erfrischend und magenfreundlich", schlug er mir vor. Sein höflicher Ton verunsicherte mich etwas, sein freundlicher Blick noch mehr.

„Redest du etwa mit mir?" Eine Sekunde später bereute ich die blöde Frage bereits. Stacey trat mir ohne Gnade gegen das Schienbein und warf mir einen giftigen Blick zu. Tränen schossen mir in die Augen, aber ich verzog keine Miene.

„Ja? Oder hat hier sonst noch jemand Magenprobleme?", spottete Dawson.

Die Art, wie er es sagte, wie er mich dabei ansah. Kurzum, ich fühlte mich ertappt und wendete meine Augen ab. Lieber beobachtete ich den netten alten Mann, der mit seinem Hund spazieren ging. Immer wieder warf der Herr einen Ball auf die kleine Grünfläche gegenüber der Eisdiele und der agile Vierbeiner sprang mit wehenden Ohren hinter dem Gummigeschoss her. Mit einem Ohr bekam ich mit, dass die anderen meinen Pfefferminztee bestellten.

Der alte Mann blieb nicht ewig und sonst gab es nichts zu beobachten, außer ein paar Vögeln, die von dem lästigen Hund und dessen Gebell erlöst, über die Wiese hopsten. Wohl oder übel musste ich zu den Gesprächen am Tisch zurückkehren. Nur leider hatte ich von Motorradtouren, und um die ging es, keine Ahnung.

„Wenn du willst, hör ich mich mal um", bot Lionel gerade an. Dawson zuckte mit den Achseln. Offenbar ging es gerade um das verkaufte Motorrad. „Mein Onkel leiht dir bestimmt seine Maschine, wenn ich ihn frage."

„Ist ja doch nicht das gleiche. Ich fahr einfach nicht mit", meinte er dann. Frustriert löffelte er sein Eis. Lionel und Stacey wechselten einen betroffenen Blick. Ich schlürfte meinen Tee. Schon war die Stimmung im Arsch. Faszinierend, wie Dawson das immer hinbekam.

„Hör mal, wir planen das jetzt so lange! Du kannst doch nicht einfach hierbleiben!", protestierte Lio.

„Ich will kein anderes Bike, okay?", schnauzte Dawson Lionel an. Bei dem Klang von Dawsons Stimme entstand das Bild eines kleinen Jungen in meinem Kopf, der vor den Süßigkeiten stand und bockig Schokolade forderte.

„Kannst du es nicht irgendwie zurückkaufen?", schlug ich zaghaft vor.

„Und wie soll das gehen? Das Geld hat Mum eingesackt für die Hypothek. Wovon soll ich es also bezahlen? Geh mir einfach nicht mit deinem Kinderkram auf die Nerven, Riley!" Godzilla war zurück und er hatte meinen Kopf bereits zwischen seinen Pranken.

Kinderkram. Tss! Arsch!

„Ich find die Idee nicht so schlecht", verteidigte Stacey mich und mit lautem Scheppern warf Dawson seinen Löffel auf den Tisch. Mein Kopf war vorerst sicher. Aber Staceys würde dafür rollen, das lag auf der Hand.

„Das liegt dann wohl am Alter. Ihr reitet beide noch durchs selbe Ponyland! Im echten Leben kostet das Motorrad ein Vermögen und der Typ wird es nicht wieder hergeben. Der sammelt Motorräder. Merkst was, Stacey?"

„Und wenn du ihm erklärst, warum...", weiter kam ich nicht.

„Riley, lass einfach gut sein. Das Bike ist weg. Ich lass die Tour sausen. Und jetzt Schluss mit dem Scheiß. Bitte. Trink einfach deinen Tee und mach dir keine Gedanken, über Dinge, von denen du keine Ahnung hast", fuhr Dawson mich an.

Ich warf Stacey meinen „Ich hab es gleich gesagt!"-Blick zu und sie verzog das Gesicht.

Danach zerfiel unsere Gruppe. Ich unterhielt mich leise mit Stacey über unseren Kinderkram. Dawson und Lionel sprachen nicht gerade über Weltpolitik, gaben sich aber einen sehr weltmännischen Anstrich. Gelegentlich blickte ich zu Dawson, aber er hatte beschlossen mich völlig zu ignorieren. Sollte mir nur recht sein. Dann musste ich mich nicht weiter über seine überhebliche Art ärgern.

Gegen sieben mahnte Lionel langsam zum Aufbruch, damit es nicht zu spät zum Abendessen wurde. Dieses sollte aus Pizza und Salat bestehen und er machte sich Sorgen, er würde verhungern, bis der Lieferant käme.

„Pizza ist heute wohl nicht das Richtige für dich." Bedauernd sah Stacey mich an und innerlich fluchte ich. Dieses Magending war ein echter Bumerang geworden und fiel mir jetzt bereits zum zweiten Mal auf die Füße. Dabei war ich am Verhungern. Wie eigentlich immer. Mum meinte, das läge am Sport und daran, dass ich im Wachstum war. Nur leider wuchsen die falschen Stellen. Jedenfalls nicht meine Brüste.

„Kein Problem. Ich esse einfach später mit Miles", beruhigte ich Stacey, als wir vor ihrem Haus standen. „Oder ich falle unterwegs einen Hund oder eine Babykatze an."

„Ich begleite dich noch nach Hause", bot Lionel an. „Bis die Pizza da ist, bin ich ja locker wieder hier." Bevor ich dankend ablehnen konnte, schaltete sich Dawson bereits ein.

„Nee, lass mal, ich geh schon mit ihr. Muss langsam sowieso nach Hause. Mum ist sonst sauer", gab Dawson bekannt. „Außerdem hab ich fast den gleichen Weg. Da musst du ja nicht extra."

What? Nicht sein Scheiß-Ernst? Neben ihm nach Hause zu laufen war das Letzte, was ich jetzt wollte. Ich war hungrig und gereizt. Das war ohne Dawson schon eine schwierige Situation.

„Du bleibst nicht zum Essen?" Lionel sah seinen Kumpel verwirrt an, doch Dawson blieb dabei: Er musste nach Hause.

„Okay, man sieht sich", verabschiedeten sich die beiden voneinander.

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt